Perry Rhodan - Die Chronik. Alexander Huiskes
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PERRY RHODAN für »Erwachsene« also? Durchaus.
Und so kamen im selben Monat die beiden erwähnten Romane auf den Markt: zweihundertfünfzig Seiten starke Hardcover in einem schwarzen Umschlag mit düsteren Computergrafiken als Titelbildern. Diese wurden von Alexander Vlcek, dem Sohn des Teamautors Ernst Vlcek, erstellt.
Robert Feldhoffs Auftaktroman trug den Titel »Grüße vom Sternenbiest«. Und es war schon schwerer Tobak, was der Autor da präsentierte: eine düstere Welt, zwielichtige Charakter ohne durchgängige positive Identifikationsmerkmale – da schlug der »Thriller«-Aspekt voll durch. Wohl gerade, weil die Atmosphäre des Romans dem PERRY RODAN-Leser so fremd und gewöhnungsbedürftig vorkam, wurde »Grüße vom Sternenbiest« im Folgejahr mit dem Literaturpreis des Science Fiction Clubs Deutschland (SFCD) ausgezeichnet.
Essay
LAUDATIO anlässlich der Vergabe des SFCD-Literaturpreises 1998
an Robert Feldhoff für den Roman »Grüße vom Sternenbiest«
Als an einem sonnigen Tag im 49. Jahrhundert ein vierjähriges Kind aus einem Fenster im zehnten Stock eines Wohnhauses stürzt, ist der Agent Sholter Roog18 des Terranischen Ligadienstes sicher, dass es sich um keinen gewöhnlichen Unfall handelt. Denn in der modernen Metropole dürfte so etwas nicht mehr möglich sein. Der technische Fortschritt hat längst auch in die einfachsten Wohnungen Einzug gehalten, und natürlich sind alle Fenster elektronisch gegen solche Abstürze abgesichert. Wie also konnte mitten in Terrania, der Hauptstadt eines gigantischen Sternenreiches, ein solches Unglück passieren?
Sholter Roog will diese Frage klären, selbst wenn ihm eine unerfahrene Kollegin an die Seite gestellt wird, denn er vermutet mehr hinter diesem vermeintlichen Unfall. Und im Laufe der Ermittlungen zeigt sich, dass sein Gespür richtig war …
Robert Feldhoff führt den Leser in eine scheinbar perfekt organisierte Zukunft, in der infolge des unglaublichen Fortschritts beinahe alles technisch machbar ist. Der Mensch hat den Weltraum erobert, das Energieproblem gelöst und die Arbeitslosigkeit besiegt. Und doch ist es kein Paradies, denn die Lebewesen, die Menschen und Extraterrestrier, konnten mit dieser Entwicklung nicht Schritt halten. Eine lebenswerte Zukunft ist nicht allein von der Technik abhängig. Der Mensch (oder der Außerirdische) selbst müsste sich ändern. Und der Autor zeigt auf, wie seine Protagonisten daran scheitern. Der Bösewicht im Hintergrund ist letztlich selbst nur ein Opfer der menschlichen Gesellschaft.
Unser Held Sholter Roog ist ein Zyniker, menschlich gesehen ein Schwein, und zudem zeigt er eine »überdurchschnittliche Gewaltbereitschaft«:
»Die Zahl seiner Opfer (…) wuchs auf 13 Personen. In der Personalakte machte sich so etwas schlecht. Wenn er es irgendwie schaffte, heil aus der Sache herauszukommen, hatte er die Kritik schon im Ohr: Kein ›Hände hoch, ich schieße!‹, kein ›Ihr seid alle festgenommen!‹« (S. 212)
Robert Feldhoff wagt das Experiment und schildert uns keinen strahlenden, aalglatten Sympathieträger, der sich als einziger Gerechter gegen das Böse behauptet; kein hartes, aber herzliches Raubein, das zum Ende hin doch noch sein weiches Herz offenbart. Sholter erkennt zwar letztendlich seine Situation und seine emotionalen Defizite, doch er ist unfähig, etwas daran oder an sich zu ändern, und Hilfe erhält er keine. Und ausgerechnet dieser Agent wird zusammen mit seiner ehrgeizigen, aber unerfahrenen Kollegin in diesem spannenden Thriller von Robert Feldhoff zum Helden, der die Welt vor der Vernichtung rettet.
»Grüße vom Sternenbiest« ist ein gekonnt erzählter und geschickt konstruierter Krimi. Angesiedelt im 49. Jahrhundert des PERRY RHODAN-Universums lebt dieser Roman von seinen interessanten und ausgiebig charakterisierten Figuren, aber auch von der schnellen und actionbetonten Erzählweise. Hier agieren Menschen und keine eindimensionalen Klischees.
Der Sprachstil des Autoren hebt sich in diesem Buch von dem der PERRY RHODAN-Heftserie ab. Hier finden wir keine glattgebügelten und um jeden Preis ausgewogenen Satzgebilde. Hier werden auch Sex und Gewalt nicht ausgeklammert. Robert Feldhoff vermeidet jedoch, sie sinnentleert zum Mittelpunkt der Geschichte zu machen. Sie sind Teil einer raffinierten Konstruktion, die den Leser vor allem auch durch ihre pfiffigen Wendungen bei Laune hält.
Als »Bonbon« für RHODAN-Stammleser hält der Autor zudem einige gelungene Verweise bereit. So bezieht sich die Identität des »Sternenbiestes« auf einen seiner bizarrsten Charaktere innerhalb der Serie.
Man kann Robert Feldhoffs »Grüße vom Sternenbiest« lieben oder hassen – gleichgültig lässt es einen auf keinen Fall. Für diese Leistung gebührt Robert Feldhoff nach Meinung des Literaturpreiskomitees der SFCD-Literaturpreis 1998 in der Sparte Roman.
Florian Breitsameter und Ulrich Bettermann
Während der Anspruch der Redaktion, der Serie neue Leserschichten zu erschließen (wofür auch der Verzicht auf die bekannten Hauptpersonen sprach), insbesondere durch die Würdigung des ansonsten sehr PR-kritischen SFCD erreicht wurde, traf der Roman in der Fangemeine auf ein eher gespaltenes Echo. Insbesondere gestandene »Voltzianer«19 waren entsetzt über die Abkehr vom idyllischen Terra, auf dem Voltz ja in PR 1000 das Verbrechen vollkommen abgeschafft hatte. Manchen war auch einfach der Kontrast zu den »gefälliger« und »positiver« geschriebenen Heftromanen (die Serie präsentiert sich ja in der Regel als eine Art positiver Utopie) zu harsch. Der reinen literarischen Qualität von »Grüße vom Sternenbiest« tut dies indes keinen Abbruch – aber für viele Stammleser war das schon schwere Kost.
Gleichzeitig mit Feldhoffs Roman wurde Peter Terrids »Eine Welt für Mörder« ausgeliefert. Terrid griff das Thema der dezentralen Wohnung auf, also eines Wohnsitzes, dessen durch Transmitter verbundene Zimmer in verschiedenen Gegenden oder sogar auf anderen Planeten liegen konnten. In der SF-Literatur ist das durchaus nichts Neues (z. B. bei Larry Niven oder Dan Simmons), aber für PERRY RHODAN war dies ein durchaus neuer und konsequenter Umgang mit der verfügbaren Technik. Die titelgebende »Welt der Mörder« war der Planetoid Folsom, der das Thema des Strafplaneten oder -mondes, ebenfalls ein in der SF-Literatur beliebtes Motiv, aufnahm. Dorthin führte die Ermittlerin Shona Mentzow eine Reihe brutaler Morde auf der Erde, wozu sie nicht zuletzt in eine virtuelle Welt eindringen musste. Dies ist ein immer wieder aufgegriffenes Thema bei Terrid, der ja auch gerne mit weiblichen Hauptfiguren arbeitete.
Im Oktober erschienen die anderen beiden Bände: »Geheimprojekt Biothek« von H.G. Francis und »Mauern der Macht« von Konrad Schaef.
Francis befasste sich mit Biochips und Machtintrigen innerhalb eines privaten Konzerns, handelte also die weiter oben von Klaus N. Frick angekündigte Wirtschaftskriminalität ab. Konrad Schaef setzte seinen bereits aus den PLANETENROMANEN bekannten Agenten Petjar Yulal ein. Die Hauptperson war allerdings der an sich als dienstunfähig geltende TLD-Agent Bron Keijze, den der Autor in einem Spionagefall ermitteln ließ. Ganz klassisch konnte sich Keijze am Ende gegen einen früheren Kollegen durchsetzen, der auf die »andere Seite« gewechselt war.
Nach diesen vier Romanen war dann aber schon Schluss mit der Reihe. Ein Grund dafür war, dass es nur wenige Autoren gab, die in der Lage waren, einen Spannungsbogen (nach eigenem Exposé) über einen Roman aufrechtzuerhalten, der deutlich länger als ein PLANETENROMAN war.20 Und zudem wollte sich bei den in der Produktion eher teuren Büchern nicht der erwartete finanzielle Erfolg einstellen. Ein interessantes Experiment waren die SPACE THRILLER allemal.
Seit 2016 sind die SPACE THRILLER in elektronischer Form (die neuen Titelbilder erstellte Lothar Bauer) und seit 2018 auch als Book-on-Demand erhältlich.
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