Berauschende Bienen. Fabian Kalis
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Ohne Honig kein Honig
Bei den Baka, einem Pygmäenvolk, das im Kongo, in Kamerun, Gabun und der Zentralafrikanischen Republik lebt, gibt es ein Sprichwort, das übersetzt »Ohne Honig kein Honig« lautet. Die Baka betreiben eine traditionelle Honigjagd, das heißt, sie sammeln den Honig von wild lebenden Bienenvölkern. Diese leben hoch oben in den Kronen der Baumgiganten. Die Honigjagd ist bei den Baka traditionell Männerarbeit. Die Männer ziehen in kleinen Gruppen los und machen einen Baum mit einem Bienenvolk ausfindig. Sobald sie eines entdeckt haben, beginnen sie mit den Vorbereitungen für die Honigernte hoch oben in den Bäumen. Es werden Körbe geflochten und lange Lianen daran gebunden. Die Männer machen ein Feuer unter dem Baum, auf das sie viele frische Blätter legen, so dass es ordentlich zu rauchen beginnt.
Einer der Männer klettert nun den bis zu 50 Meter hohen Baum hinauf. Oben angekommen, beginnt er den kostbaren Honig zu ernten, während er von Tausenden stechbereiter Bienen umschwirrt wird. Die Männer am Boden sorgen derweil dafür, dass genügend Rauchmaterial auf dem Feuer liegt. Auch sie bekommen die Wut der Bienen zu spüren. Der geerntete Honig wird nun in den vorbereiteten Korb gelegt und an einer langen Liane hinuntergelassen. Unten wird der Korb von den Männern entgegengenommen und der kostbare Honig wird entnommen. Der leere Korb wird wieder in die Höhe gezogen, und weiterer Honig wird geerntet.
Sobald er genügend Honig gesammelt hat, macht sich auch der tapfere Kletterer wieder auf den Weg nach unten. Er ist mittlerweile mit unzähligen Bienenstichen übersät. Unten angekommen, verzehren die Männer gemeinsam einen kleinen Teil des Honigs als Belohnung für ihre gefährliche Arbeit. Der größte Teil der Ausbeute wird jedoch gleichermaßen unter den Männern aufgeteilt. Keineswegs erhält bei den Baka der Kletterer mehr Anerkennung als die Helfer am Boden. Die Honigjagd ist eine gemeinschaftliche Errungenschaft, bei der jeder Einzelne einen gleichwertigen Teil zum Ganzen beiträgt.
Der so geerntete Honig wird von den zerstochenen Honigjägern zurück ins Dorf gebracht. Dort überreichen sie den Honig ihren Frauen. Ein guter Mann bringt seiner Frau mindestens einmal pro Woche etwas Honig, heißt es. Es gehört zu den wichtigsten Tugenden eines Mannes, diesen Honigdienst zu erbringen. Nur wer seiner Frau regelmäßig den süßen Honig bringt, der hat auch eine glückliche Frau und somit auch eine glückliche Partnerschaft. Nur wer genügend Honig erntet, bekommt auch die süße S. seiner Partnerin zu spüren. Wer es jedoch nicht vollbringt, das kostbare Gold heranzuschaffen, der spürt den Stachel seiner zornigen Ehefrau: ohne Honig kein Honig.
Die Bienen im Baltikum und in Osteuropa
In den baltischen Ländern existiert die Vorstellung, dass die Seele der Menschen im Schlaf den Körper verlässt und in Form einer Biene umherschwirrt. In Rumänien sind die Bienen mit dem Totenreich und den Seelen der Verstorbenen assoziiert. Sie gelten dabei als ein Zugang zu den Ahnen und der Welt der Geister und Dämonen. Diese Vorstellung findet sich vereinzelt auch in weiteren osteuropäischen Ländern.
Äthiopien — das Land der Imker
Das Land Äthiopien in Afrika gilt nicht nur als die Wiege der Menschheit, sondern auch als das Land der Imker. Bienenhaltung hat hier eine jahrtausendelange Tradition. Weit verbreitet ist die Bienenhaltung in langen, horizontal liegenden Tonröhren. Meist werden diese Bienenröhren dann ins Geäst von Bäumen gehängt und nur zur Ernte heruntergenommen. Diese tiefe Verbindung der Äthiopier zu den Bienen hat ihre Kultur geprägt. So finden sich zahlreiche Geschichten, die von der hohen Stellung der Bienen und ihrem Einfluss auf die äthiopische Kultur zeugen. Einige davon möchte ich in diesem Buch weitergeben.
Lalibela, der von Bienen umschwärmte König
Aus Äthiopien stammt die Geschichte von Lalibela, dem Kaiser, dessen Herrschaft durch einen Schwarm Bienen auserkoren wurde. Gebra Maskal Lalibela regierte von 1189 bis 1229 das Kaiserreich Äthiopien. Die Legende erzählt, dass er, als er noch ein Baby war, von einem Schwarm Bienen umschwirrt wurde. Dies galt als Zeichen seiner späteren Herrschaft. Lalibela bedeutet »der von Bienen Erkorene«. Vermutlich geht die mit den Bienen verbundene Ernennung von Herrschern auf uralte Rituale zurück, die bereits lange vor der Zeit des Kaiserreiches vollzogen wurden. Möglicherweise ist auch die Geschichte von Lalibela so entstanden, dass dem Kaiser in späteren Zeiten Attribute aus Legenden vergangener Zeiten angedichtet wurden.
Die Königin von Saba im Honig-Liebesrausch
Der Legende nach entstammt das Land Äthiopien der berauschenden Wirkung eines süßen Honigweins. Die Königin von Saba war zu Besuch im Reich des Königs Salomo. Als Geschenk brachte sie kostbaren Tedj (einen traditionellen Honigwein aus Ostafrika). Gemeinsam tranken die beiden den magischen Göttertrunk und verbrachten eine rauschende Liebesnacht. Am nächsten Morgen konnte sich König Salomo an nichts mehr erinnern. Die Königin von Saba reiste zurück in ihre Heimat und gebar neun Monate später einen Sohn; dieser sollte später das Kaiserreich Abessinien gründen und dort als Menelik I. regieren.
Seinen Namen erhielt er, als er seinen Vater zum ersten Mal besuchte. Dieser war so überrascht von dem unbekannten jungen Mann, der sich ihm als sein Sohn vorstellte (an die Liebesnacht mit der Königin konnte er sich ja nicht mehr erinnern), dass ihm der Ausruf »Wie kommst du denn hierher?« entfuhr. Auf Amharisch (Sprache in Äthiopien) heißt dies »Menelik«.
Bienen als Drogendetektoren
Auch in unserer modernen Welt haben die Bienen einen Platz in der Welt der Drogen – wenn auch einen etwas sonderbaren. Bienen verfügen über einen überaus feinen Geruchssinn. Diesen brauchen sie, um über die Blütendüfte ihre Nahrung ausfindig zu machen. Ihre Fühler sind dabei wie nach außen gestülpte Riechorgane, die jedes noch so kleine Duftmolekül wahrnehmen können. Diese Fähigkeit haben sich Wissenschaftler bei einer neuen Methode zum Aufspüren von illegalen Drogen zunutze gemacht. Ähnlich wie Drogenspürhunde können nun auch Bienen gezielt genutzt werden, um illegalisierte Substanzen anzuzeigen.
Doch wie funktioniert dies in der Praxis? Stellt man Bienenstöcke in den Hallen der Flughäfen auf und wartet, bis vermeintliche Drogenschmuggler von einem Schwarm Bienen attackiert werden? Das wäre eine spektakuläre Vorstellung. So funktioniert es aber dann doch nicht. In der Realität ist die ganze Sache eine sehr groteske Angelegenheit. Einzelne Bienen werden wie ein elektronisches Bauteil in eine Apparatur eingesetzt, mit der die zu untersuchenden Güter inspiziert werden. Die Biene sitzt dabei bewegungsunfähig im Inneren des Gerätes und bekommt lediglich die duftende Luft zugeführt. Sobald sie einen der antrainierten Stoffe riecht, fährt die Biene ihren Stachel aus, und das Gerät schlägt Alarm. Es ist nachvollziehbar, dass die Lebenszeit des «Bauteils» Biene unter diesen Voraussetzungen sehr begrenzt ist. Die Forscher sind dennoch von den Vorteilen begeistert. Ein Drogenspürhund kann nur eine halbe Stunde arbeiten, bis er eine Pause braucht. Das