Was ihr wollt. William Shakespeare
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SCHIFFSHAUPTMANN.
Ja, Fräulein; und Euch mit »vielleicht« zu trösten.
Versichr' ich Euch: als unser Schiff gescheitert,
Indessen Ihr und dieser arme Haufen,
Mit Euch gerettet, auf dem Boote trieb,
Sah ich, daß Euer Bruder, wohl bedacht
In der Gefahr, an einen starken Mast,
Der auf den Fluten lebte, fest sich band:
Ihm lehrte Mut und Hoffnung dieses Mittel;
Dann, wie Arion auf des Delphins Rücken,
Sah ich ihn Freundschaft mit den Wellen halten,
Solang' ich sehen konnte.
VIOLA.
Hier ist Gold
Für diese Nachricht. Meine eigne Rettung
Zeigt meiner Hoffnung auch für ihn das Gleiche,
Und Eure Red' ist des Bestätigung.
Kennst du dies Land?
SCHIFFSHAUPTMANN.
Ja, Fräulein, sehr genau.
Drei Stunden ist es kaum von diesem Ort,
Wo ich geboren und erzogen bin.
VIOLA.
Und wer regiert hier?
SCHIFFSHAUPTMANN.
Ein edler Herzog von Gemüt und Namen.
VIOLA.
Was ist sein Name?
SCHIFFSHAUPTMANN.
Orsino.
VIOLA.
Orsino! den hört' ich meinen Vater
Wohl nennen; damals war er unvermählt.
SCHIFFSHAUPTMANN.
Das ist er, oder war's vor kurzem noch.
Denn nur vor einem Monat reist' ich ab,
Als eben ein Gerücht lief (wie Ihr wißt,
Was Große tun, beschwatzen gern die Kleinen),
Er werbe um die reizende Olivia.
VIOLA.
Wer ist sie?
SCHIFFSHAUPTMANN.
Ein sittsam Mädchen, eines Grafen Tochter;
Der starb vor einem Jahr, und ließ sie damals
In seines Sohnes, ihres Bruders, Schutz.
Der starb vor kurzem auch; ihn zärtlich liebend
Schwor sie, so sagt man, Anblick und Gesellschaft
Der Männer ab.
VIOLA.
O dient' ich doch dem Fräulein,
Und würde nicht nach meinem Stand der Welt
Verraten, bis ich die Gelegenheit
Selbst hätte reifen lassen!
SCHIFFSHAUPTMANN.
Das wird schwer
Zu machen sein: sie will von keiner Art
Gesuche hören, selbst des Herzogs nicht.
VIOLA.
Du hast ein fein Betragen an dir, Hauptmann,
Und wenn gleich die Natur mit schöner Decke
Oft Gräber übertüncht, bin ich dir doch
Zutraun geneigt, du habest ein Gemüt,
Das wohl zu diesem feinen Anschein paßt.
Ich bitte dich, und will dir's reichlich lohnen,
Verhehle, wer ich bin, und steh mir bei,
Mich zu verkleiden, wie es etwa taugt
Zu meinem Plan. Ich will dem Herzog dienen:
Du sollst als einen Hämling mich empfehlen.
Es lohnt dir wohl die Müh', denn ich kann singen
Und ihn mit allerlei Musik ergötzen,
Bin also sehr geschickt zu seinem Dienst.
Was sonst geschehn mag, wird die Zeit schon zeigen:
Nur richte sich nach meinem Witz dein Schweigen.
SCHIFFSHAUPTMANN.
Seid Ihr sein Hämling, Euer Stummer ich,
Und plaudr' ich aus, so schlage Blindheit mich!
VIOLA.
Nun gut, so führ' mich weiter!
Ab.
Dritte Szene
Ein Zimmer in Olivias Hause.
Junker Tobias und Maria.
JUNKER TOBIAS. Was zum Henker fällt meiner Nichte ein, daß sie sich den Tod ihres Bruders so anzieht? Es ist ausgemacht, der Gram zehrt am Leben.
MARIA. Auf mein Wort, Junker Tobias, Ihr müßt abends früher zu Hause kommen. Eure Nichte, das gnädige Fräulein, hat viel Einrede gegen Eure unschicklichen Zeiten.
JUNKER TOBIAS. So mag sie beizeiten Einrede tun, hernachmals aber schweigen.
MARIA. Ja, es würde Euch aber besser kleiden, einen ordentlichen Lebenswandel zu führen.
JUNKER TOBIAS. Besser kleiden? Ich brauche mich nicht besser zu kleiden, als ich hier bin. Dieser Rock ist gut genug, um darin zu trinken, diese Stiefeln auch, sonst können sie sich in ihren eignen Riemen aufhängen lassen.
MARIA. Das Bechern und Trinken wird Euch zu Grunde richten. Mein Fräulein sprach noch gestern davon, auch von einem albernen Junker,