Salzburgsünde. Manfred Baumann

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Salzburgsünde - Manfred Baumann

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      Manfred Baumann

      Salzburgsünde

      Meranas neunter Fall

      Impressum

      Personen und Handlung sind frei erfunden.

      Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen

      sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

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      Alle Rechte vorbehalten

      Lektorat: Claudia Senghaas, Kirchardt

      Herstellung: Julia Franze

      E-Book: Mirjam Hecht

      Umschlaggestaltung: U.O.R.G. Lutz Eberle, Stuttgart

      unter Verwendung eines Fotos von: © Rafinade / stock.adobe.com

      ISBN 978-3-8392-6982-4

Erster Teil

      I’ll be so lonely I could die

      Scheibenhonig! Er braucht einen Bass. Unbedingt. Er steckt die Hände in die Taschen der Jacke. Ihm ist nicht kalt. Aber er will nicht, dass jemand sieht, wie er mit grimmig geballten Fäusten durch die Gegend tobt. Es sind nicht viele Leute an der Salzachpromenade unterwegs. Aber die wenigen reichen ihm schon. Alles Primitivlinge. Gucken alle wie nasse Ratten aus dem Ausguss. Er senkt den Kopf, hastet weiter. Er braucht einen Bass. Unbedingt. Keinen Kontrabass. Den würde ihm der Alte schon kaufen. Aber da müsste er seinem Erzeuger vorduseln, dass er endlich seinem Wunsch nachkäme und ab sofort gewillt sei, ein Streichinstrument zu lernen. Stunden zu nehmen. So, wie der Alte es wollte. Wenn er schon nicht zur Geige griff wie Mama und sein Erzeuger, nicht einmal zur Bratsche wie seine Schwester, dann wenigstens zum Kontrabass. Damit wäre der Alte einverstanden.

      Aber er hat keinen Tick unterm Pony. Er nicht! Es reicht! Er will nichts mehr vorheucheln. Er will nicht geschissene Zeit vergeuden, sich mit irgendeinem volldoofen Lehrer abquälen, um einem geschissenen Instrument irgendwelche geschissenen Töne zu entlocken. Das ist nicht assig! Er reißt die linke Hand aus der Tasche, hebt die Faust. Eine ältere Frau blickt ihn verwundert an. Er wendet den Kopf ab, verbirgt schnell die Faust in der Jackentasche. Weiter. Ein geschissener Kontrabass würde ohnehin wenig nützen. Er braucht einen E-Bass. Nur das bringt’s. Es muss nicht unbedingt ein Precision sein. Den kann er sich sowieso nicht leisten. Obwohl er erst eine Taschengelderhöhung bekommen hat. Von Mama. Ohne dass der Alte das mitbekam. Gelegentlich bedient er sich in der Schreibtischschublade im Arbeitszimmer. Der Alte ist so dämlich, dass er meistens vergisst abzuschließen. Also, er hätte schon etwas Lakritze übrig. Aber das reicht nicht für einen Fender Bass. Niemals. Nicht einmal für einen gebrauchten. Aber er braucht einen Bass. Es muss kein Fender sein. Vielleicht treibt er irgendwo einen anderen auf. Gebraucht. Krummgut reicht auch. Und billig! Aber würde er in Salzburg einen E-Bass bekommen? In dieser verzopften Stadt? Er bleibt stehen, lugt über die Salzach. Sein Blick fällt auf die Festung, auf die Domkuppel, auf die Fassaden der Bürgerhäuser. Totale Verhaue. Aber er braucht einen. Dann würde er den Basslauf üben. Der gefällt ihm besonders auf der neuen heißen Scheibe. Von seinem Idol. Da ist Saft dahinter! Und eine E-Gitarre braucht er auch. Dann würden sie ihn auch nicht mehr auslachen, diese Blindgänger. So wie gestern.

      Well, since my baby left me

      Well, I found a new place to dwell

      Well, it’s down at the end of Lonely Street

      at Heartbreak Hotel

      Er hat es riesig hinbekommen, echt fetzig. Das weiß er. Auch das kreisende Schwingen. Mit der Hüfte. Er bleibt stehen, schaut sich um. Niemand in seiner Nähe. Schnell kreist er einmal das Becken, lässt die Knie mitschwingen. Das hat er sich am vergangenen Sonntag im Kino abgeschaut. Der Alte hat die gesamte Familie mitgeschleppt. Die Zehn Gebote. Mit Charlton Heston. Was für ein Trollo! Fast vier Stunden saßen sie im riesigen Elmo-Kino! Keine Wucht in Tüten! Über 300 Leute! Aber für ihn hat es sich dennoch ausgezahlt. Wegen der Wochenschau vor dem Hauptfilm. Da sah er ihn. Elvis Presley. Bei einem Live-Auftritt. Er sang Heartbreak Hotel. Total lässig! Diese Stimme. Diese sautolle Art zu singen. Und dann das Hüftkreisen. Steile Sache. Er probiert es erneut. Ihm wird warm zwischen den Beinen. Er spürt, wie sein Glied in der Hose anschwillt. Gleichzeitig vernimmt er ein Kichern. Schnell dreht er sich um. Zwei Mädchen. Total grüne Erbsen. Sie halten kichernd die Hand an den Mund. Dieses Mal fährt er mit beiden Fäusten aus der Jackentasche. Die Schnören erschrecken. Dann wenden sie sich um, eilen davon. Er blickt ihnen nach. Er kann sich nicht erinnern, die beiden auf diesem Weg je gesehen zu haben. Die sind auch nicht in seiner Schule. Da ist er sich sicher. Aber wenn sie dort wären, hätten sie gewiss auch gekichert und gespottet. So wie alle anderen. Bei dieser blöden Fete in seinem Gymnasium. Es hat ja geheißen: Wer möchte, solle etwas zur Unterhaltung beitragen. Für alle. Der Mädchen- und der Knabenzweig würden dieses Mal miteinander feiern. Etwas Musikalisches. Es musste nichts mit Mozart direkt zu tun haben. Etwas, das einem selbst gut gefällt. Also hat er die Hüften geschwungen und getan, als schrubbe er auf seiner alten Kindergitarre. Was anderes hatte er ja nicht zur Hand. Und es gelang ihm magniperb, seiner Stimme ein besonderes Timbre zu verleihen. Genauso wie Elvis.

      I’ll be getting so lonely, baby

      Well, I’m so lonely

      I’ll be so lonely I could die

      Schon da haben die Ersten angefangen zu kichern. Aber er hat fetzig weitergemacht. Allzu weit kam er allerdings nicht. Nur bis …

      Well, if your baby leaves you

      You got a tale to tell

      Dann hat fast die Hälfte in der dämlich geschmückten Turnhalle gelacht und gehöhnt. Darauf hat er seine alte Kindergitarre auf den Boden gedonnert und ist davongestürmt. Sie hat nicht gelacht. Nein, sie nicht. Sie ist ihm sogar nachgeeilt, hat ihm gratuliert. Was für ein origineller Beitrag, hat sie gesagt, und sehr gut aufgeführt. Ich bin sicher, das hätte auch dem

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