Klimawandel - Klimakrise - Klimakollaps. Группа авторов

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Klimawandel - Klimakrise - Klimakollaps - Группа авторов

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2018 warnt in diesem Zusammenhang vor irreversiblen Folgen, namentlich vor der weiteren Zunahme von Hitzeextremen, Starkniederschlägen und Dürren sowie einer zusätzlichen Erhöhung des Meeresspiegels. Zugleich wurde durch menschliche Aktivitäten schon jetzt eine Erwärmung von 1,0 °C gegenüber dem vorindustriellen Niveau verursacht. Bereits 2030 kann bei derzeitiger Entwicklung eine globale Erwärmung von 1,5 °C erreicht werden. Die Einhaltung des (möglicherweise ohnehin unzureichenden) 1,5 °C-Ziels ist daher bereits heute mehr als fraglich.

      Dass der menschliche Raubbau an der Natur nicht unendlich fortzuführen ist, zeichnet sich schon seit Jahrzehnten ab. Bereits 1972 erklärte der Club of Rome (ein 1968 gegründetes interdisziplinäres Expertengremium), dass eine weiter fortschreitende Ausbeutung der Natur diese im Laufe der kommenden hundert Jahre an die Grenze ihrer Belastbarkeit bringen würde. Welche Folgen der übermäßige CO2-Ausstoß für Klima und Temperaturen haben wird, haben große Energiekonzerne schon in den 80er-Jahren weitgehend richtig vorhergesagt. So gesehen stellt sich die Frage, warum der nahenden Katastrophe in weiten Teilen von Politik und Gesellschaft ungerührt ins Auge geblickt wird. Warum ist bis heute nichts Entscheidendes geschehen? Warum basiert unser Wirtschafts- und Lebenssystem immer noch weitgehend auf Erdöl und Erdgas? Warum üben sich Politiker eher im Nichtstun, in der Hoffnung auf »technische Innovationen«, als nachhaltig auf die anstehenden Herausforderungen zu reagieren? Warum lassen sich die Menschen mit vielfältigen Versprechen und Ausflüchten abspeisen?

      Angesichts der potenziell existenzbedrohenden Auswirkungen mag diese Beobachtung überraschen. Im Folgenden wird daher der Versuch unternommen, mögliche Gründe hierfür zu identifizieren:

      Die konkreten Auswirkungen der Klimakrise werden von Politik und Gesellschaft weitgehend verdrängt: »Es wird künftig ein bisschen wärmer. Na und? Ich mag laue Sommernächte.« Was aber mit der globalen Erwärmung an konkreten Auswirkungen – und zwar nicht nur meteorologisch und ökologisch, sondern auch ökonomisch oder sozial (zum Thema »Klimaflüchtlinge« noch der Beitrag von Joachim Oltmer in diesem Band) – verbunden ist, wissen die wenigsten. Klimaschutz wird immer noch als »Nischenthema« verstanden. Die Forderung, im öffentlich-rechtlichen Rundfunk im Rahmen einer Sendung »Klima vor acht« verstärkt Hintergründe und Folgen der Klimakrise zu thematisieren, wird u. a. von Christoph Schmidt, Geschäftsführer Vorabend bei @ARD_Presse, mit dem Hinweis abgelehnt, dass Klimaschutz zwar »ein hehres und richtiges Ziel« sei, aber ein solches Programm dennoch »erstmal eine parteiische Interessengruppe« bediene.

      Diese Verdrängung der Thematik an die Randbereiche des öffentlichen Diskurses begründet sich nicht nur mit fehlendem Interesse, sondern auch mit der Komplexität der Materie. Wie Ortwin Renn in seinem Beitrag belegen wird, handelt es sich bei der Klimakrise um eine systemische Krise, die sich schleichend entwickelt und dennoch fundamental in unsere Lebenswirklichkeit eingreift. Gerade der Umstand, dass sich die Wissenschaft aufgrund der komplexen Wechselwirkungen hinsichtlich einzelner konkreter Auswirkungen im Unklaren ist oder bisher gefundene Ergebnisse aufgrund neuerer Erkenntnisse revidiert, wird von den Zweiflern zur Untermauerung der eigenen Position herangezogen. Mögliche Auswirkungen lassen sich leicht verdrängen, da diese vermeintlich weit weg oder erst in vielen Jahrzehnten spürbar auftreten werden, sodass es an der eigenen Betroffenheit zu fehlen scheint.

      Mehr und mehr muss sich die Erkenntnis durchsetzen, dass die notwendige Reduktion der Emission schädlicher Treibhausgase nur durch eine radikale Veränderung unserer Lebensgewohnheiten möglich ist. Ob man dabei so weit gehen muss wie die Fridays for Future-Bewegung, die »System Change, not Climate Change« fordert, mag an dieser Stelle dahinstehen; sicher ist jedoch, dass eine unreflektierte weitere Ausbeutung der natürlichen Lebensgrundlagen schnellstmöglich beendet werden muss. Damit stellen sich – auf politischer wie gesellschaftlicher Ebene – eine Vielzahl von Fragen, für die bisher noch keine Antworten bereitstehen: Wie kann ökonomisches Wirtschaften in Zukunft aussehen? Wie können die Auswirkungen ökologischer Umwälzungen gerecht gehandhabt werden? Wie sind (grundrechtliche) Freiheiten künftig auszugestalten? Wie sind Verteilungskonflikte (hinsichtlich der dann verknappten Ressourcen) zu lösen? Es zeigt sich bereits jetzt, dass jene Menschen, die am wenigsten zum globalen Treibhausgasanstieg beitragen, am stärksten von diesem betroffen sein werden. Vor diesem Hintergrund erscheint verständlich, dass Politiker vor einer offenen Debatte dieser ganz grundsätzlichen Fragen zurückschrecken, zumal die auf periodische Wiederwahl ausgerichteten Politiker aus der Thematisierung solcher langfristigen Fragen und der Umsetzung unpopulärer Maßnahmen nichts gewinnen können (hierzu der Beitrag von Maximilian Schiffers).

      Zugleich wird die Klimadebatte zum Schauplatz systemischer Konflikte und politischer Grabenkämpfe. So wird der Umgang mit der Klimakrise in den USA – neben der Regulierung des Waffenbesitzes und der Gewährung von Krankenversicherungsschutz – zu einem weiteren fundamentalen Unterscheidungsmerkmal zwischen Demokraten und Republikanern. Hierzulande leugnen insbesondere (rechts-)populistische Parteien einen menschengemachten Klimawandel. Eine solche »Politik der einfachen Lösungen« ist der Komplexität einer systemischen Krise jedoch nicht gewachsen. Als (vermeintlich) volksnahe Bewegung bemüht sich der Populismus zudem, Klimaschutz als ein »Elitenprojekt« zu brandmarken, dass auf dem Rücken der »kleinen Leute« umgesetzt wird.

      Aus verschiedenen politischen Richtungen wird daher »Sturm« auf grundlegende klimapolitische Änderungen »geblasen«. Aus liberaler Perspektive wird eine Beschränkung der persönlichen und wirtschaftlichen Freiheiten als »Ökodiktatur« gegeißelt. Aus ökonomischer Sicht werden – unterstützt von der Lobbyarbeit großer Unternehmen, wie ebenfalls der Beitrag von Maximilian Schiffers erläutert – Wirtschaftsstandort und Arbeitsplätze hervorgehoben. Die ökonomischen Folgen mangelnden Klimaschutzes bzw. der erforderliche Klimawandelanpassung (hierzu der Beitrag von Philip Bubeck und Annegret Thieken) werden hingegen zumeist ignoriert. Zu den grundsätzlichen Fragen, die zur Bewältigung der Klimakrise beantwortet werden müssen, gehört daher auch: Wie viel Staat ist nötig, um die anstehenden Herausforderungen zu regeln? Oder kann man dies getrost dem Markt überlassen? Staaten, die grundsätzlich stärker auf die Selbstregulierungskräfte des Marktes vertrauen, tun sich in der Regel schwerer damit, politische Einschränkungen zu erwirken. Zugleich erfordert eine erfolgreiche globale Klimapolitik eine Verständigung zwischen den internationalen Akteuren über die Ziele ihrer Politik, was sich insbesondere im internationalen Staatenwettbewerb als schwierig erweist. Hier wird vornehmlich eine Verschiebung von Verantwortlichkeiten propagiert, häufig mit Verweis auf den eigenen (vermeintlich: unmaßgeblichen) Beitrag zu den globalen Treibhausgasemissionen.

      Verallgemeinernd kann man davon sprechen, dass die Bewältigung der Klimakrise unter einem Demokratiedilemma leidet (hierzu der Beitrag von Marc Zeccola). Demokratische Prozesse verlaufen regelmäßig langwierig, da sie auf die Berücksichtigung und Einbindung verschiedenartigster Interessen und Bedürfnisse ausgerichtet sind. Maßgeblich ist schließlich der Mehrheitsentscheid, auch wenn dieser im Ergebnis unrichtig oder unvernünftig ist. Die Klimakrise verlangt hingegen rasches und konsequentes Handeln, kurzfristige und zugleich tiefgreifende Entscheidungen, die schwerlich konsensual durchsetzbar sind. Das erklärt auch das (in dieser Stärke wohl unerwartete) Erstarken zivilgesellschaftlicher Gruppen (wie Fridays for Future, Extinction Rebellion etc.), die nicht nur zur allfreitäglichen Klimademo aufrufen, sondern sich auch Formen des zivilen Widerstandes zu eigen machen beim Versuch, konkrete klimaschädliche Projekte zu verhindern – die Besetzung des Hambacher Forstes und des Dannenröder Waldes sind aktuelle Beispiele.

      Die Komplexität der Klimakrise, die in sämtliche Bereiche des politischen und gesellschaftlichen Systems hineinstrahlt, überfordert letztlich auch die Berufspolitiker, welche zunehmend (Klima-)Experten und sonstige private Akteure einbinden müssen. Auch hier entstehen Reibungen mit dem Prinzip demokratischer Repräsentation. Gerade die zunehmend politische Rolle der Klimaforscher findet nicht überall Anklang. Wählen Forscher drastische Worte, um die Menschen aufzurütteln, wird oft ihr »Alarmismus« beklagt. Konkrete politische Vorschläge werden als Kompetenzüberschreitung betrachtet (vgl. etwa die Debatte zwischen Thea Dorn und Stefan Rahmsdorf, Die Zeit vom 3.6. bzw. 24.6.2020).

      Davon

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