Klimawandel - Klimakrise - Klimakollaps. Группа авторов

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der Bürger möglich ist. An einer Unterstützung fehlt es jedoch, soweit den Bürgern die Reichweite der drohenden Veränderungen und die Dringlichkeit politischer Maßnahmen nicht bewusst ist. In erster Linie geht es daher um die Information der Bürger, welche zunächst einmal über den Stand der Krise in Kenntnis gesetzt werden müssen. Dies wird nicht nur durch die oben beschriebene Komplexität des Themas erschwert, weshalb auch weitreichende einzelne Umweltereignisse die Aufmerksamkeit nicht insgesamt auf das Klimathema zu lenken vermögen; auch eine fortschreitende Heterogenisierung des Mediensystems steht dem entgegen. Gerade soziale Medien sorgen dafür, dass Nutzer nur noch Informationen ihrer eigenen »Blase« zur Kenntnis nehmen, wodurch bestehende Überzeugungen bestätigt werden und Anregungen, diese zu überdenken, wegfallen. Auch eine Privatisierung des Mediensystems (wie in den USA bekannt) verstärkt diesen Prozess.

      Kommunikation über die Klimakrise wird daher zu einem entscheidenden Faktor erfolgreicher Klimapolitik. Besonders das sprachliche Framing übt daher wesentlichen Einfluss auf das Verständnis der klimatischen Bedrohung und die daraus resultierende Klimaschutzpolitik aus (vgl. Nisbet 2009). Bereits während der Regierungszeit von George W. Bush wurde innerhalb der republikanischen Partei der öffentlichkeitswirksame Begriffswechsel von »global warming« zu »climate change« propagiert, da »climate change« eine neutralere wissenschaftliche Position vermitteln und sich harmloser anhören sollte (vgl. Villar/Krosnick 2011). Diese Bezeichnung wurde dann u. a. auch durch die Forschungspolitik unter Bush (Ausschreibungen, Drittmittel, behördliche Forschungseinrichtungen, Universitätsbeziehungen etc.) übernommen und auch von Donald Trump zum (vermeintlichen) Nachweis herangezogen, eine Klimaerwärmung gebe es nicht. Auch die Frage, ob man von »Klimawandel«, »Klimakrise« oder bereits »Klimakollaps« spricht, verdeutlicht, dass der sprachliche Umgang mit den anstehenden Herausforderungen einen großen Anteil an der politischen und gesellschaftlichen Wahrnehmung hat.

      Auch wenn sich eine Vielzahl von (rationalen) Gründen für das Zaudern und Zögern in der Klimakrise heranziehen lassen: Vielleicht liegt es doch zuletzt an der narzisstischen Natur des Menschen, der die Bedrohung durch die Klimakrise nicht erkennen will. Schon Immanuel Kant hat herausgearbeitet, dass es Erkenntnisse gibt, deren sich der Mensch zum Schutz des eigenen Weltbildes verweigert: sog. narzisstische Kränkungen. Die globale Veränderung des Klimas wäre dann die vierte narzisstische Kränkung seit Kopernikus’ Erkenntnis der Rotation der Erde um die Sonne, Darwins Evolutionstheorie und Freuds Entdeckung des Unterbewusstseins (so in durchaus pointierter Überzeichnung Ferdinand Otto, Die Zeit vom 29.7.2019)

      Ausgehend von diesem Ausflug zu Narziss und zur griechischen Mythologie mag es auch naheliegen, vom »Ikarus-Moment« der menschlichen Geschichte zu sprechen. Bekanntlich flog Ikarus – ausgestattet mit Flügeln aus gewachsten Vogelfedern – trotz der Warnrufe seines Vaters zu nahe an der Sonne, die das Wachs zum Schmelzen und ihn zum Abstürzen brachte. Durch den Gebrauch künstlicher Federn konnte Ikarus zwar die Regeln der Natur aushebeln, und dennoch scheiterte er an den Grenzen der Natur. Seine Hybris beruht auf dem Eindruck der eigenen Unbesiegbarkeit und der grenzenlosen Beherrschbarkeit der Natur. Der Umgang der Menschheit mit der Klimakrise lässt eine solche Hybris ebenfalls erahnen. Es ist eine Überzeugung, die ihre Grundlage bereits im biblischen Auftrag an den Menschen, sich die Erde »untertan zu machen«, zu finden scheint. Und sie findet ihr modernes Pendant in einer Technikgläubigkeit, die in der Annahme gipfelt, die Klimakrise könne durch neue technische Innovationen gelöst werden – so etwa der FDP-Vorsitzende Christian Lindner kürzlich im Deutschen Fernseh-Rundfunk. Im Englischen wird dieses unendliche Vertrauen in die Allmacht der Technik mit dem Begriff des »solutionism« beschrieben. Vielleicht schließt sich an dieser Stelle aber auch nur der Kreis, indem eine hochkomplexe gesamtgesellschaftliche Aufgabe auf diesem Weg wieder zu einem (in diesem Fall: technischen) »Nischenthema« degradiert wird.

      Nach dieser einleitenden Skizze einiger der vielfältigen gesellschaftlichen und politischen Herausforderungen beim Umgang mit der Klimakrise hoffe ich, dass Sie neugierig auf die folgenden Beiträge geworden sind, die einzelne dieser Aspekte aufgreifen und näher analysieren.

      Literatur

      IPCC (2015): Climate Change 2014. Synthesis Report. Genf: IPCC. https://www.ipcc.ch/site/assets/uploads/2018/02/SYR_AR5_FINAL_full.pdf [Zugriff: 15.03.2021].

      IPCC (2018): Global Warming of 1.5 °C. An IPCC Special Report on the Impacts of Global Warming of 1.5 °C Above Preindustrial Levels. https://www.ipcc.ch/sr15/ [Zugriff: 15.02.2021].

      Nisbet, Matthew C. (2009): Communicating Climate Change: Why Frames Matter for Public Engagement. In: Environment: Science and Policy for Sustainable Development 51 (2), S. 12–23. DOI: 10.3200/ENVT.51.2.12-23.

      Villar, Ana/Krosnick, Jon A. (2011): Global Warming vs. Climate Change, Taxes vs. Prices: Does Word Choice Matter? In: Climatic Change 105, S. 1–12. DOI: 10.1007/s10584-010-9882-x.

      Klimawandel: Fakten und Ursachen Eine naturwissenschaftliche Perspektive

      Reinhard Zellner

      Das Klima der Erde ist nicht konstant. Es hat sich in der Erdgeschichte vielfach geändert und wird sich weiter ändern. Allerdings sind die Zeiträume, über die sich solche Änderungen vollziehen, extrem unterschiedlich und die Ursachen verschieden. Unter den natürlichen Ursachen dominieren die zyklischen Änderungen der Erdbahnparameter, die sog. Milankovic-Zyklen, die uns alle 40.000–100.000 Jahre eine Eiszeit beschert haben und die uns sicherlich in ca. 10.000 Jahren in eine neue Eiszeit führen werden. Diese Zyklen erzeugen eine Änderung der Sonneneinstrahlung um ±100 W/m2. Mit etwa +2,3 W/m2 ist der heute beobachtete menschengemachte Beitrag zu den Klimaänderungen klein im Vergleich zu dem durch die Erdbahnparameter. Was ihn aber bedrohlich macht, ist die Geschwindigkeit des heutigen Wandels. Seit Ende der letzten Eiszeit, dem Holozän, vor gut 10.000 Jahren hat sich die globale Temperatur der Erde praktisch nicht verändert. Allein erkennbar war ein moderates mittelalterliches Klimaoptimum, gefolgt von einer sog. kleinen Eiszeit im 16. und 17. Jahrhundert. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts aber wächst die globale Temperatur ständig an. Was ist passiert?

      Das Wachstum der Weltbevölkerung

      Der vielleicht wichtigste Grund ist das Wachstum der Weltbevölkerung. Die Spezies Mensch existiert auf der Erde seit etwa 200.000 Jahren, also erst seit sehr kurzer Zeit im Vergleich zum Alter der Erde von ca. 5 Mrd. Jahren. Vor etwa 10.000 Jahren, dem Ende der letzten Eiszeit, lebten auf der Erde erst ca. 1 Mio. Menschen. Mit den lebens- und siedlungsfreundlicheren Bedingungen der beginnenden Warmzeit nahm die Weltbevölkerung langsam aber – abgesehen von Kriegen, größeren Naturkatastrophen oder Pandemien – stetig zu; um 1800 waren es bereits 1 Mrd. Menschen. Mit den zivilisatorischen Ereignissen der landwirtschaftlichen und wissenschaftlichen bzw. medizinischen Revolution sowie der beginnenden Industrialisierung setzte sich das Wachstum der Weltbevölkerung fort. Um 1960, einer Zeit also, die viele der heute Lebenden noch persönlich kennen, waren es bereits 3 Mrd. Bis heute (2020) hat sich die Bevölkerung auf 7,5 Mrd. erhöht, sich also während der Lebenszeit eines Menschen mehr als verdoppelt. Jährlich wächst die Weltbevölkerung heute um etwa 80 Mio. Menschen, die Gesamteinwohnerzahl Deutschlands. Der positive Trend hält weiter an. 2050 werden wir vermutlich bereits 9 Mrd. sein. D. h. wir erleben seit einigen Jahrzehnten einen starken und ungebrochenen Bevölkerungszuwachs, wobei sich die besonders hohen Wachstumsraten von ehemals Südostasien nunmehr auf Afrika verlagert haben. Der Bevölkerungsdruck löst auch einen enormen Nachfrageprozess aus, in dem immer mehr Menschen den Bedarf an Wasser, Nahrungsmitteln, Landoberfläche, Transport und Energie erhöhen und damit die natürlichen Ressourcen unserer Erde, seine geologischen Energiereserven, seine natürliche Produktivität, aber auch die Aufnahmefähigkeit für unsere zivilisatorischen und industriellen »Abfälle«

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