Mein lieber Eduard. Friedemann Steiger

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Mein lieber Eduard - Friedemann Steiger

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       Christian Friedrich Steiger

       Ritter des Roten Adlerordens

       geb. 1.6.1780

       gest. 24.2.1869

       mit 88 Jahren

      Friedemann Steiger

      MEIN LIEBER EDUARD

      Die Briefe des Christian Friedrich Steiger

       an seinen Sohn (1859 bis 1868)

      Engelsdorfer Verlag

      Leipzig

      2016

      Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek:

       Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

      Copyright (2016) Engelsdorfer Verlag Leipzig

      Alle Rechte beim Autor

      Hergestellt in Leipzig, Germany (EU)

       www.engelsdorfer-verlag.de

       Vorwort

      Es scheint so etwas wie eine innere Vereinbarung oder positive Linie in unserer Steiger-Familie zu geben. Davon erzählen auch die Briefe, die Christian Friedrich Steiger an seinen Sohn Eduard in den letzten Jahren seines Lebens geschrieben hat. Ich möchte das so benennen:

      (1) Freude am Leben. Wir leben alle gerne. Wir haben unseren Platz im Leben gefunden. Wir gingen oder gehen gerne zur Arbeit oder suchen uns im Ruhestand eine sinnvolle und ausfüllende Tätigkeit.

      (2) Die Freude am Leben drückt sich auch in Dankbarkeit und Zufriedenheit aus. Wir reden nicht so viel von Gott. Aber die tägliche eine Sekunde der Dankbarkeit hat ein Ziel und eine Richtung. Das ist eine Grundhaltung mit vielen Akzenten, Schattierungen und Ausdeutungen.

      (3) Da ist also die Freude an unserem evangelischen Glauben. Wie oft kommt in den Briefen von Christian Friedrich Steiger an seinen Sohn der Hinweis auf oder die Bitte an Gott vor. Anlässe gab es genug: Krankheiten bei Mensch und Tier, Kriege im Großen und Kleinen, Streitigkeiten in der Dorfgemeinschaft oder sogar in der weiteren Verwandtschaft.

      (4) Da ist, und das ist besonders zu betonen, die Freude an der Familie. Das Pfarrhaus in Windehausen war ein offenes gastliches Haus. Es muss viele Räume gehabt haben und viele Betten. Dauernd ist jemand zu Besuch. Die Schwiegertochter Emma I, die Frau vom Sohn Carl, der ja sein Nachfolger im Pfarramt war und die Christian Friedrich Steiger nicht besonders mochte, von Ausnahmen abgesehen, weiß oft nicht, wie sie alle satt bekommen soll. Außerdem ist sie dauernd krank.

      (5) Eine besondere Freude ist aber die „Johannesloge zur gekrönten Unschuld“ in Nordhausen. Steiger I hat, so wurde immer von meinem Vater erzählt, mit begründet. Heute ist das Gebäude das Nordhäuser Theater. Die Verbindung zu den Brüdern war tief und innig. Es fanden Rituale, Vorträge und Feste statt. Es gehörte in Nordhausen auch zum guten Ton, dort Mitglied zu sein. Steiger I bis III gehörten dazu und zwar mit innerer Leidenschaft. In der Loge ging und geht es um Nächstenliebe, Menschlichkeit, Konsensbereitschaft und Toleranz.

      (6) Weiter wäre die Freude an gesellschaftlicher Tätigkeit zu nennen. Es interessiert sehr und nicht nur weil man den Nordhäuser Kurier ganz selbstverständlich liest, wie sich die Politik entwickelt. Preußen, Napoleon, der vierte französische Krieg, Hannover, die vielen kleinen Fürstentümer in Thüringen, die ersten demokratischen Wahlen, der König, Bismarck. Manchmal geht es bei den Wahlen auch recht großzügig vor. Das Fürstentum Stolberg-Roßla hatte auch eine eigene Gerichtsbarkeit und vor allem das älteste lutherische Konsistorium der Welt. (Siehe auch Kurzdarstellung des Fürstentums im Anhang).

      (7) Vor allem aber wäre als gemeinschaftliche Linie der großen Steiger-Familie die Freude an der Natur zu nennen. Christian Friedrich Steiger hat ja mit der Veredlung und Aufzucht von Kirschen und Pflaumen in der Goldenen Aue begonnen und eine richtige Baumschule eingerichtet, die sein Sohn am Ort auch weiterführte. Er kaufte einen Teich, legte ihn trocken, ließ ihn mit guter Erde auffüllen und begann zu züchten; die Anregung und die Reiser holte er sich aus einer Baumschule in Ballenstedt. Er veredelte, hatte Misserfolge, aber bald auch Erfolge und so konnte er die Obstbäume an die Bauern in der Umgebung verkaufen. Man bedenke, es gab damals noch keine Rente und kein Gehalt. Der Pfarrer hatte das sogenannte Pfarrland, das hatte er zu nutzen, zu verpachten oder bearbeiten zu lassen. Davon musste er leben. (Ich kann mir an dieser Stelle nicht den Hinweis auf die heutigen Versorgungsverhältnisse der Pfarrer verkneifen, die man als gesichert bezeichnen kann; noch! Aber an Dankbarkeit für die Lebensgrundsicherung scheint es der jungen Generation oft zu fehlen; „ich bekomme meine Geld doch auch so“, sagte neulich ein junger Kollege, als man ihm vorwarf, nicht genug in der Kirchgemeinde zu tun).

      (8) Weiter wäre die Freude am Menschen zu nennen. Die Briefe an den Sohn Eduard sind voll täglicher Geschichten, mit ihren Leiden und guten Tagen, ihrem Versagen, ihrem Egoismus, ihrer Hartherzigkeit und der kleinen und großen Freuden, die es zu leben galt. Manchmal geht es auch um Geld, das heißt, eigentlich ziemlich oft, um nicht zu sagen, fast immer. Christian Friedrich Steiger fühlte sich auch finanziell für die ganze Familie verantwortlich, besonders für seine Kinder und Enkel und da besonders für seine Töchter, die unterschiedlich einheirateten und teilweise schlecht versorgt waren. Es gab auch Missgunst, Neid, Ungerechtigkeit; das alles versuchte er auszuschalten oder in die Schranken zu weisen. Aber immer wieder erzählt er davon.

      (9) Freude am Leben drückte sich aber auch, und darauf ist besonderes Augenmerk zu richten, in der Freude am Essen und Trinken aus. Wie wichtig waren die Schlachtfeste hier und bei Eduard. Die kleinen harten Würste, die er von seinem Sohn Eduard geradezu erbettelt, und die Geschenke von Wein und Gartenprodukten; Bier und Wein wurde getrunken, sogar ziemlich viel; der „köstliche“ Champagner wird oft erwähnt. Wenn Besuch kam, wurde eine Keule geholt, gebraten oder gesotten. Die „köstlichen“ Linsen von Eduard haben eine große Bedeutung. Von den Logenfesten wird ausführlich berichtet und erzählt, was es zu essen gab und woher die Speisen und Früchte kamen. Übrigens: Die Vokabel „köstlich“ ist die am meisten gebrauchte. Sie hat etwas von dem Psalm, wo es heißt: „Wenn es köstlich gewesen ist, so ist es Mühe und Arbeit gewesen!“ Es war hier alles „köstlich“.

      (10) Man bedenke, Christian Friedrich Steiger war bis weit über sein zu sein 80. Lebensjahr hinaus, er ging 1866 in den Ruhestand, mit 86 Jahren, als evangelischer Pfarrer tätig. Seine Briefe an seinen Sohn Eduard sind hauptsächlich in den letzten Jahren seines Lebens entstanden. Er war alt, krank, manchmal auch etwas unzufrieden; er wohnte ja mit seinem Sohn Carl, also seinem Nachfolger, in demselben Haus, was sicher seine Schwierigkeiten hatte. Er fühlte sich auch manchmal sehr einsam. Darum erzählt er seinem Sohn Eduard, der als Landwirt immer nur gepachtet hatte, seine Geschichten. Besonders aber interessiert ihn, wie sein Sohn Eduard mit der Landwirtschaft und den damit verbundenen Schwierigkeiten und mit dem Wetter zurechtkam, welche Produkte für den Boden in der Goldenen Aue besonders für den Anbau geeignet waren und vor allem, welche Preise

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