Mein lieber Eduard. Friedemann Steiger

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Mein lieber Eduard - Friedemann Steiger

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Brief vom 30. Januar 1862

       Brief vom 20. Mai 1868

       Brief vom 20. Juli 1868

       Brief vom 7. September 1868

       Brief vom 7. November 1868

       Max Steiger, einziger Sohn von Eduard,

       geb. 12.2.1860, gest. 12.3.1933

       verheiratet mit Susanne, geb. Stegemann

       geb. 12.4.1868, gest. 16.9.1931

       Hinführung

      Der Familie Steiger ältester nachweisbarer Vorfahre ist am 21. 8. 1698 in Erbenheim bei Wiesbaden geboren. Sein Vater war wohl ein Sauhirt gewesen. Näheres darüber ist in „Fröhlich unterwegs“ von unserem Vater Herbert Steiger aufgeschrieben und von mir herausgegeben und kommentiert. Dieser Martin oder Merten Steiger starb als Pastor in Schönstedt bei Langensalza am 23. 5. 1762. Ich bringe aber hier noch einmal die damals gemachten Forschungen und Ergebnisse, um die Briefe von Christian Friedrich Steiger, geboren am 1. 6. 1780 und verstorben am 24. 2. 1869, an seinen Sohn Eduard Steiger, geboren am 26. 3. 1815 und verstorben am 4. 1. 1870, in einen guten Zusammenhang zu stellen und um die manchmal schwierig zu lesenden Briefstellen damit etwas genauer zu untermalen. Es kommen ohnehin in den Briefen Namen und Zusammenhänge vor, die wir heute kaum mehr zu deuten wissen. Besonders schwierig sind die Abkürzungen, Namen, Zusammenhänge und Verwandtschaftsbeziehungen zu verstehen. So musste manches offenbleiben und der Fantasie des Lesers überlassen. Auch die Namen der Obstsorten, die Christian Friedrich Steiger II und seine Söhne Eduard und Carl veredelten und vertrieben, konnte ich ebenso wenig ermitteln, wie die von Getreide-, Raps- und Kartoffelsorten.

      Aber der Reihe nach:

      Wichtig ist uns in diesem Zusammenhang also der am 7. 2. 1734 in Schönstedt geborene Christian Friedrich Steiger (genannt Steiger I). Er heiratete am 5. 6. 1774 in Harzgerode die Johanne Sophie Charlotte Rudolph. Sie war am 10. 8. 1752 in Neudorf bei Harzgerode geboren worden und starb am 31. 1. 1786 in Windehausen an der Schwindsucht. Der Christian Friedrich Steiger heiratete übrigens am 24. 10. 1787 noch einmal und zwar die Jungfrau Marie Sophie Wölfert aus Sondershausen. Von einem Erich Kneffel, dem Vereinsführer des Genealogischen Vereins Nordhausen hatte Herbert Steiger folgende Zuschrift erhalten:

      Magister Friedrich Steiger aus Schönstedt in Thüringen war erst Hofdiakonus in Rossla und kam 1772 als Pastor nach Windehausen. Im Besitze einer ausgesuchten Bibliothek studierte er fort bis an sein Ende. Seine Nebenstunden widmete er der Pflege seltener Gewächse und einigen Handarbeiten. Er pappte zum Beispiel vortrefflich und hat den salomonischen Tempel nach dem Lundius verfertigt. Bei der denkwürdigen Räuberei im Oktober 1806 wurde er von französischen Plünderern so misshandelt, dass er daran starb. Das war am 26. 10. 1806. Von seinem Magisterium hatten bei seinen Lebzeiten nur seine Söhne und einige vertraute Freunde Kenntnis.

      Im Kirchenbuch von Windehausen ist zu lesen:

      „Nach der Schlacht bei Jena flüchtete ein Teil der preußischen Armee in der größten Unordnung über Nordhausen nach Magdeburg. Ein 80 000 Mann starkes Korps verfolgte die Preußen und lieferte bei Nordhausen eine kleine Affäre. Des Nachts schlugen die Franzosen ein Biwak, wobei ein großer Teil die Erlaubnis erhielt, sowohl in Nordhausen als auch in den umliegenden Dörfern zu plündern. Auch unseren Ort traf das traurige Geschick. Am 19. 10. früh gegen zehn Uhr kamen die ersten sieben Franzosen vor unser Dorf. Sie verlangten, weil ein großer Teil der hiesigen Bewohner auf der Mühlbrücke war, weiter nichts als Schnaps. Der wurde ihnen in der Schenke gereicht. Als diese Gäste abgefertigt waren, kam ein anderer Trupp und verlangte 90 Dukaten. Ehe aber mit diesen unterhandelt werden konnte, kamen noch mehrere, fielen in die Häuser ein, zerschlugen Kisten und Kasten und nahmen besonders Hemden und Tücher mit.

      Besonders hart traf dies Schicksal den Prediger, denn als sie Geld verlangten und nur wenig erhielten, zerschlugen sie alles und nahmen mit, so viel sie konnten. Auf diesen Sturm stellte sich eine Ruhe von wenigen Stunden ein. Bald aber kamen neue Gäste ins Pfarrhaus. Ruhig stellten sie ihre Gewehre in die Ecke und ließen sich den unter dem Rübenhaufen versteckten, aber doch gefundenen Wein wohl schmecken und tranken mir fleißig zu. Die Bauern, denen dieser Besuch zu lange dauerte und die doch kein Geräusch hörten, hatten sich vor der Tür versammelt. Aber die Franzosen fürchteten einen Überfall und ergriffen ihre Gewehre und schossen auf die sich auf meinen Wink schnell verteilenden Leute, trafen aber niemand, obgleich auf diese Art in der Umgebung mehrere Leute getötet worden sind. Der eine gab mir zur Antwort, dass er uns um meinetwillen, indem er meinen Gleichmut bewunderte und mich auf den Augenblick lieb gewonnen hatte, nicht habe treffen wollen. Doch nahmen diese drei einen ganzen Wagen voll Sachen und Lebensmitteln mit.

      Nun glaubten wir das Unglück beendet. Allein am Abend war das Unglück stärker als zuvor. An die sechzig Franzosen fielen in unser Haus. Da sie nichts mehr fanden, verlangten sie Geld. Da wir ihnen das nicht geben konnten, vergriffen sie sich an meinem Vater, dem Prediger allhier und stießen ihn in eine Schrankecke. Da ich dies Unglück so lange als möglich zu verhindern suchte, warfen sie mich zum wiederholten Male zur Tür hinaus. Endlich, da der eine ganz besoffene Franzose nichts erpressen konnte, schleppte er mich in die Stube, verschloss die Türe und zog den Hahn seines Gewehres.

      Als diese Drohung nichts helfen wollte, zog er sein Seitengewehr und hätte mir, wenn ich nicht ganz gegen meine Gewohnheit den Hut auf dem Kopf getragen hätte, den Kopf zerspalten. So ging es mit einer starken Wunde am Kopf ab. Mehrmals trug ich meinen 73-jährigen kranken Vater bis an die Haustür, aber die vor der Tür stehende Wache stieß uns immer wieder zurück. Endlich gelang es mir, ihn durch und in die Kirche zu bringen. Es war zehn Uhr abends. Nun schlich ich mich ins Haus zurück und holte Betten. Als ich so meinen Vater in Sicherheit und vor Kälte geschützt wusste, suchte ich meine Stiefmutter, welche die Unmenschen sehr misshandelt und an den Haaren herausgezogen hatten. Über eine Stunde hatte ich gesucht, bis ich sie endlich im Garten auf einer Bank ganz ohnmächtig fand. Ich brachte sie mit Hilfe des Nachbars Christof Andreas Heise ebenfalls in die Kirche. Um 12 Uhr nachts ging ich nach Urbach. Unzählige Wachtfeuer und das Brandfeuer in Bielen, hier hatten die Franzosen das adlige Gut angezündet, röteten den Himmel. In Urbach suchte ich einen sicheren Zufluchtsort. Alle waren in größter Bestürzung und konnten mir keine Sicherheit versprechen. Ich traf unseren Knecht und unsere Magd, die hierher geflüchtet waren. Ersteren nahm ich mit und ging auf Umwegen nach Heringen, um daselbst Sicherheit zu suchen. Ich traf eine französische Bedeckung für die Stadt an, die einige Sicherheit hoffen ließen. Ich lief zurück nach Windehausen. Die Pferde wurden angespannt. Die Wagen wurden mit Betten angefüllt und so brachte ich meinen Vater und meine Mutter glücklich nach Heringen.

      In diesem Sturme hatten die Franzosen den Bauern vierzehn Pferde abgenommen. Darunter waren zwei Bauern, die ihr ganzes Gespann verloren hatten. Drei Tage verweilten wir in Heringen, beim Rat Oberländer, meinem Schwager. Allein mein Vater fing an, die sehr nachteiligen Folgen der schändlichen französischen Behandlung zu empfinden und wünschte sich in seine Wohnung zurück. Der Sturm war zwar vorüber, aber im Hause trafen wir alles zerstört an. Dieser Anblick erschütterte meinen Vater aufs Neue. Er legte sich ins Bett, um nicht wieder aufzustehen.

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