Das Unbehagen im Frieden. Peter Fischer
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„Friede macht Reichtum, Reichtum macht Übermut, Übermut bringt Krieg, Krieg bringt Armut, Armut macht Demut, Demut macht wieder Frieden.“
Johann Geiler von Kaysersberg (1445–1510),
Straßburger Dom- und Volksprediger des späten Mittelalters
INHALT
Evidenz 1: Gute Zeiten erhöhen den menschlichen Selbstwert und somit die Aggressionsbereitschaft
Evidenz 2: Menschen suchen im Risiko einen emotionalen Kick
Evidenz 3: Neurokognitive Gewöhnungsprozesse dämpfen die Wahrnehmung von Risiko, Leid und Zerstörung
Evidenz 4: Bedürfnis nach Stimulation und die Flucht aus der Langeweile
Evidenz 6: Angst und Faszination des Todes
Evidenz 7: Positive Illusionen des Menschen über sich selbst und seine Gruppenmitgliedschaft
Evidenz 8: Gruppen und Risikobereitschaft
Evidenz 9: Ingroup-Outgroup-Phänomen und soziale Identität in Gruppen
Evidenz 10: Bystander-Effekt: Warum helfen wir Menschen nicht, die leiden?
Wie können wir bessere Menschen werden? Gibt es psychologische Hoffnung auf den Menschen 2.0?
Situative Strategien: Menschen brauchen mehr Kontrolle über ihre Umwelt
Psychologisches Wissen über Denken, Fühlen und Verhalten
Wie beeinflussen Gedanken und Gefühle das Verhalten von Menschen?
Menschen brauchen die Möglichkeit, kognitive Spannungen abzubauen
Einleitung
In diesem Buch gehen wir der Frage nach, ob und warum wir Menschen nach längeren Phasen positiver gesellschaftlicher und ökonomischer Entwicklung immer wieder abgleiten in unangemessene Konfliktfreudigkeit und gefährliche Risikobereitschaft. Zur Beantwortung dieser Frage werden grundlegende psychologische Prozesse identifiziert und an aktuellen Beispielen des Weltgeschehens illustriert. Die hier recherchierten Phänomene stützen unsere Hypothese, wonach wir aus positiven sozial-psychologischen Zuständen – aus welchem Grund auch immer – wieder und wieder der Friedfertigkeit den Rücken kehren müssen, rein in die Aggression und in den Konflikt. Kann es sein, dass uns Menschen nach einer Zeit des wirtschaftlichen Wohlstands langweilig wird und wir deshalb wieder ins Risiko driften? Ein Gedanke, der nicht neu und doch heutzutage von enormer Relevanz ist. Gerade die immer wieder (vielleicht auch immer mehr) beobachtbare Lust am Leid anderer Menschen hat uns zu denken gegeben und war am Ende ausschlaggebend, dieses Buch zu schreiben. Es wird wissenschaftlich fundiert der Frage nachgegangen, ob es diesen paradoxen Effekt des Wohlstandsübermutes gibt und ob dieser immer wieder für unsägliches Leid in der menschlichen Weltgesellschaft verantwortlich sein könnte. Das Buch ist auf der Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse aus der modernen psychologischen Forschung geschrieben; es ist allerdings auch so geschrieben, dass alle, egal aus welcher Fachdisziplin sie kommen, es verstehen können. Wir sind der Ansicht, dass dieser Effekt einfach zu wichtig ist, als dass nicht jeder einzelne für sich ihn verstehen, reflektieren und nach Möglichkeit gegensteuern können sollte. Doch was genau ist damit gemeint? Hierfür lassen sich zahlreiche Beispiele aufführen: So etwa finden wir in Medienberichten immer häufiger Fälle, in denen Gaffer Unfälle und andere kritische Situationen beobachten und sogar filmen, ohne selbst zu helfen. Wenn man versucht, sie vom Unfallort zu entfernen, dann reagieren viele aggressiv. Beinahe so, als wäre es für sie in dieser Situation das Befriedigendste, das Leid der anderen Menschen zu beobachten. Die Digitalisierung und Allgegenwärtigkeit sozialer Medien könnte diesen psychologischen Prozess und das damit verbundene Bedürfnis der Lust am Leid der anderen zunehmend befeuern. Doch lassen Sie uns auch einmal einen Blick auf aktuelle politische Entwicklungen in Deutschland und anderen Teilen der Welt werfen und diese psychologisch analysieren.