Besser wird's nicht. Группа авторов
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Anja Lerz/Susanne Hübscher (Hrsg.)
BESSER WIRD’S
NICHT!
Ein charmanter Angriff
auf den
weiblichen Optimierungswahn
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://www.dnb.de abrufbar.
1. Digitale Auflage 2012 Zeilenwert GmbH
ISBN 9783865064165
© 2010 by Joh. Brendow & Sohn Verlag GmbH, Moers
Einbandgestaltung: Brendow Verlag, Moers
Titelfoto: shutterstock
Satz: Satzstudio Winkens, Wegberg
Inhalt
Bianka Bleier Zeit der Erlaubnisse
Karin Ackermann-Stoletzky Der undressierte Hund
Jutta Wilbertz Was sind wir wieder gesund
Marlis Büsching Rollern, Woggen, Aquajoggen – was will ich, und wenn ja, warum?
Mimi Messner Willkommen in der Wohlfühlhölle
Annekatrin Warnke Die Wahrheit über König Blaubart
Annekatrin Warnke Oskar macht sich trübe Gedanken
Saskia Barthelmeß Die wunderbare Welt der Wonneproppen
Jutta Wilbertz Perfekt für den Job
Ines Emptmeyer Ich will so bleiben, wie ich bin
Tamara Hinz Frommer wird’s nicht
Bridget Plass Die vollkommene christliche Frau
Hannelore Schnapp Die Herrin der Ringe
Monika Blankenberg Altern ist nichts für Feiglinge
Julia Pfläging Anmut und Liebreiz
Karoline Cook Dieser Text ist auf keinen Fall und auch nicht das kleinste bisschen autobiografisch
Zeit der Erlaubnisse
Bianka Bleier
Nachdem ich einen Miesepeterartikel darüber gelesen habe, dass Rotwein selbst in homöopathischen Dosen genossen die Krebswahrscheinlichkeit deutlich mehr erhöht als das Herzkreislaufrisiko senkt, vergeht mir irgendwie die Lust am Leben. Ist denn alles lebensgefährlich, was Spaß macht? In der einen Woche lese ich, dass Leitungswasser allemal gesünder sei als Mineralwasser mit Kohlensäure (wer will sich denn freiwillig übersäuern?). In der nächsten Woche vernehme ich die Mahnung, dass man sich schon gut überlegen solle, welchen Leitungen man Vertrauen schenke. Die Samstagsbeilage der Zeitung appelliert, meine regelmäßige Beckenbodengymnastik nicht zu vergessen, falls ich nicht die Senkung sämtlicher innerer Organe riskieren wolle. Überall lauern Aufforderungen, die richtigen Dinge richtig zu machen: Nehme ich auch genügend Calcium zu mir, um Osteoporose vorzubeugen? Bewege ich mich genügend, um doppelten und dreifachen Bandscheibenvorfällen vorzubeugen? Heute schon an Bauchgymnastik gedacht? An Sonnenschutz? Fünf rote oder grüne Mahlzeiten zu mir genommen? Den Verzehr von Schweinefleisch unterlassen? Habe ich bereits eine Zahnzusatzversicherung, oder bin ich insgesamt bedrohlich unterversichert? Und wann habe ich zum letzten Mal Zahnseide benutzt? Überhaupt – wende ich die korrekte Zahnreinigungstechnik an, mit dreißigprozentigem Neigungswinkel der Zahnbürste, um Parodontose vorzubeugen? Und bietet es sich da nicht geradezu an, das dreimal tägliche Zähneputzen mit kleinen, aber effektiven Gymnastikübungen zur Stabilisierung der Beinmuskulatur und Förderung des Gleichgewichtssinns zu verbinden?
Überhaupt: Wie sieht es aus mit meinem Essverhalten? Achte ich darauf, raffinierten Zucker zu vermeiden und stattdessen frisch gemahlenes Vollkornmehl zu verwenden? Koche ich energiesparend und vitaminschonend? Und ist mir stets bewusst, dass ich ab 16 Uhr keine Kohlehydrate mehr zu mir nehmen sollte? Diese Woche schon an Ausdauersport und Krafttraining gedacht? Man soll jetzt Aprikosen und Himbeeren essen, um Krebserkrankungen wirksam vorzubeugen – ferne Länder, die sich so ernähren, sind jedenfalls krebsfrei. Mein Gewissen klagt mich zusätzlich an. Wer für artgerechte Tierhaltung ist, sollte so gut wie nie Fleisch essen, und wenn, vom Biometzger, oder noch besser, direkt vom Erzeuger. Allmählich werde ich noch schizophren. Beim Streifen durch den Supermarkt jedenfalls höre ich schon Stimmen. »Tu dies, lass jenes, pass bloß auf, Lebensgefahr, Vorsicht Falle …«
Und all die Auflagen und Gebote, die in Bezug auf unsere Kinder auf uns einstürmen. Die sich ständig wandelnden Erziehungsrichtlinien, all die geistigen, geistlichen und körperlichen Fördermaßnahmen, die aus ihnen erst rechte Erwachsene werden lassen, aber unseren Kindern unbeschwerte Kindheitszeit rauben und uns unbeschwerte Zeit mit ihnen.
Ich bin in der »Um-zu«-Abteilung des Lebens gelandet – um zu überleben, um gesund