77 Fehler und Irrtümer in der Notfallmedizin. Группа авторов

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77 Fehler und Irrtümer in der Notfallmedizin - Группа авторов

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in nicht einsatzbereitem Zustand – zur Rettungswache und tauscht den defekten durch einen neuen, funktionsfähigen Schlauch aus.

      Hintergrund

      Durch kräftiges Ziehen wurde der Beatmungsschlauch vom Beatmungsgerät gezogen. Hierdurch kam es zu einem Einriss, der offenbar nicht sofort aufgefallen war. Nach Reinigung und Desinfektion des Gerätes war der Schlauch wieder angebaut worden. Eine Überprüfung der Funktionsfähigkeit gemäß den Vorgaben des Herstellers war von der Besatzung offensichtlich nicht durchgeführt worden. Dass dieser Fall noch einmal glimpflich ablief, hängt damit zusammen, dass die Insuffizienz der maschinellen Beatmung rasch bemerkt wurde. In diesem Fall gilt immer, unverzüglich den Respirator zu entfernen und manuell zu beatmen. Neben der Sicherstellung von Oxygenierung und Ventilation können durch die Beutelbeatmung im Rahmen der Fehleranalyse wertvolle Hinweise gewonnen werden. Wenn die Beatmung mit dem Beutel durchführbar ist, ist ein Fehler des Respirators sehr wahrscheinlich, da andere potenzielle Fehlerquellen eines fehlenden Druckaufbaus, wie etwa eine fehlende oder unzureichende Blockung des Cuffs oder eine Tubusdislokation, ausgeschlossen sind. Damit dieser Grundsatz aber tatsächlich im Bedarfsfall auch angewandt werden kann, darf nie ein Respirator ohne einsatzbereiten Beatmungsbeutel als Back-up-System eingesetzt werden. Dies gilt z. B. auch für jeden Anästhesiearbeitsplatz, wo ebenfalls immer ein Beatmungsbeutel bereitliegen muss. Ein Risiko für den Rettungsdienst ist z. B. der Weg nach dem Entladen aus dem Fahrzeug/Hubschrauber zur Aufnahme im Krankenhaus. Hier muss bei maschinell beatmeten Patienten selbstverständlich auch ein Beatmungsbeutel mitgeführt werden, da immer mit einer Störung des Respirators gerechnet werden muss. Die immer wieder geforderte Messung der endtidalen CO2-Konzentration hätte auch in diesem Fall helfen können, da bei fehlendem Druckaufbau kein Wert zu messen gewesen wäre.

      Fehler und Gefahren

       Unsachgemäßer bzw. nachlässiger Umgang mit Material kann die Einsatzbereitschaft gefährden (in diesem Fall das gewaltvolle Abziehen des Beatmungsschlauches).

       Eine Einschränkung der Einsatzbereitschaft kann zur akuten Gefährdung der anvertrauten Patienten führen → bei fehlender Beatmung Hypoxie und Hyperkapnie.

       Der vermeidbare Stress infolge des Materialausfalls kann weitere Fehler und Zwischenfälle begünstigen.

       Unzureichende Überprüfung des Materials vor dem Einsatz.

      Fehlervermeidung

      ❱❱❱

      Auf Grundlage der Verordnung über das Errichten, Betreiben und Anwenden von Medizinprodukten (Medizinprodukte-Betreiberverordnung – MPBetreibV) § 2 Abs. 5 hat sich der Anwender vor der Anwendung von der Funktionsfähigkeit und dem ordnungsgemäßen Zustand des Medizinproduktes zu überzeugen sowie die Gebrauchsanweisung und sonstige beigefügte, sicherheitsbezogene Informationen und Instandhaltungshinweise zu beachten.

       Überprüfung der Funktionsfähigkeit auf Grundlage der Vorgaben des Herstellers.

       Da Undichtigkeiten bei Respiratoren einer der häufigsten Gründe für Funktionsstörungen darstellen, muss die Dichtigkeit immer geprüft werden. Dies gelingt am besten mit einer Prüflunge, weil damit ein geschlossenes System erreicht wird und dadurch eine Undichtigkeit detektiert werden kann. Dichtigkeitsprüfungen sollten zu jeder Dienstübergabe und nach jeder Reinigung durchgeführt und dokumentiert werden.

       Anbauteile und Beatmungsschläuche dürfen nur von den Personen gewechselt werden, die eine korrekte Einweisung auf Grundlage des Medizin-Produkte-Gesetzes haben.

       Lückenloses Monitoring beatmeter Patienten (Beatmungsdruck, Atemzugvolumen, Atemminutenvolumen, endtidales CO2, Sauerstoffsättigung, Heben des Brustkorbes).

      ❱❱❱

      Zum Abziehen des Beatmungsschlauches immer an dessen Muffe anfassen, um ein Einreißen des Schlauches zu vermeiden.

      Der Rettungshubschrauber wird an einem Sommerabend in ein 50 km entferntes Dorf zu einem Ernteunfall gerufen. Ein 19-jähriger Erntehilfsarbeiter ist mit seinem rechten Bein in eine Mähmaschine geraten. Das Bein wurde subtotal, ca. 30 cm oberhalb des Knies amputiert. Die Rettungskräfte vor Ort haben bereits eine Narkose eingeleitet und drei venöse Zugänge gelegt. Beim Eintreffen liegt der Patient im RTW. Die Beatmung erfolgt seitengleich, der Kreislauf ist stabil. Eine Infusionstherapie mit bisher 1500 ml kristalloider und 1000 ml kolloidaler Infusionslösung läuft. Da die Blutung auf andere Weise nicht zu stoppen war, ist das betroffene Bein im Stumpfbereich mit einem breiten Band abgebunden. Eine Bein-Blutdruckmanschette konnte aus anatomischen Gründen nicht angelegt werden. Über das teilamputierte Bein ist ein blauer Plastikbeutel gezogen. Nach Aussage des bodengebundenen Rettungsteams steht die arterielle Blutung. Da es bereits dunkel wird und die Zeit voranschreitet, verzichtet der Hubschrauberarzt auf eine weitere Inspektion des Wundgebietes und belässt den blauen Plastiksack. Der weitere Bodycheck ist unauffällig. Nach zügiger Umlagerung des Patienten erfolgt der Transport in ein Traumazentrum. Während des Fluges wird der Patient tachykard, eine vertiefte Narkose verändert die Herzfrequenz nicht. Beim Eintreffen im Traumazentrum ist der Patient blass, der Blutdruck beträgt nur noch 100/50 mmHg, die Herzfrequenz 120/min.

      Im Schockraum wird bei der Übernahme der Plastikbeutel vom verletzten Bein entfernt. Es entleeren sich mindestens 3 l Blut aus dem Beutel. Aus dem ausgedehnten Wundgebiet ist eine pulssynchrone arterielle Blutung sichtbar.

      Hintergrund

      Eine arterielle Blutung sollte primär durch manuellen Druck oder einen Druckverband komprimiert und zum Stillstand gebracht werden. In den meisten Fällen gelingt dieses. Falls nicht, besteht meistens die Möglichkeit, eine passende Blutdruckmanschette proximal der Verletzung anzulegen und über den systolischen Wert aufzupumpen. Die Uhrzeit des Komprimierens sollte unbedingt gut sichtbar auf dem Notarztprotokoll oder ggf. auf dem Patienten vermerkt werden.

      ❱❱❱

      Unmittelbar nach dem Lösen einer Kompression oder Abbindung werden metabolische Substrate, die aufgrund des anaeroben Stoffwechsels in der abgebundenen Extremität gebildet wurden, über das venöse Gefäßsystem dem Körper zugeführt, sodass mit einer metabolischen Azidose und einem Blutdruckabfall gerechnet werden muss.

      Fehler und Gefahren

       Durch eine insuffiziente Blutstillung kommt es (in diesem Fall unbemerkt) zu einem weiteren Blutverlust und zu einem protrahierten Volumenmangel.

      Fehlervermeidung

       Bei jeder Patientenübernahme muss der übernehmende Kollege den Patienten von Kopf bis Fuß gründlich untersuchen.

       Befunde müssen dokumentiert werden.

       Bei Trauma-Patienten muss ein besonderes Augenmerk auf Blutungen nach innen oder außen und auf Frakturen gerichtet werden. Ein Verband sollte aufmerksam betrachtet werden (Cave: durchgebluteter Verband), um sich einen Überblick über die Blutungsverhältnisse zu verschaffen. In diesem Fall hätte die Identifikation einer arteriellen Blutung bereits an der Unfallstelle zu Maßnahmen der Blutstillung führen müssen.

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