Otto mit dem Pfeil im Kopf. Horst Bosetzky

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Otto mit dem Pfeil im Kopf - Horst Bosetzky

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Sieg, bei dem wir letztendlich die Verlierer sind, denn er wird uns so viele Männer kosten, dass wir zu schwach sind, den Feinden standzuhalten, von denen wir ringsum umgeben sind. Der Ausdruck geht auf König Pyrrhus von Epirus zurück, der 279 vor Christus in der Schlacht bei Asculum die Römer geschlagen hat und nachher ausgerufen haben soll: Noch so ein Sieg, und wir sind verloren! Nun, die Geschichte wiederholt sich zwar nie, aber …«

      Weiter kam er nicht, denn drüben am anderen Ufer der Havel wurden Rufe laut, und zwei Männer winkten herüber.

      »Hier steht Ulric von Huysburg mit seinem Knappen und einem Gefangenen, einem Verräter! Kommt, und holt uns mit Booten und Flößen zu euch ins Lager!«

      Eine halbe Stunde später saß Ulric von Huysburg dem Fürsten der Nordmark gegenüber und erstattete Albrecht Bericht über das, was er in Cöpenick und auf seinem Ritt zur Brandenburg erlebt hatte.

      »Bei der Begegnung mit Mertin von Freckleben sind mir dann einige Ungereimtheiten aufgefallen«, schloss er. »Und mir ist es plötzlich wie Schuppen von den Augen gefallen: Jaxa musste die Burg erobert haben und er zu ihm übergelaufen sein. Als ich ihn zur Rede stellte, ist es zum Kampf gekommen. Bogdan-Otto hat seine Knappen in die Flucht geschlagen, und ich habe ihn selbst überwältigen können.«

      Mertin von Freckleben wurde verhört und bestätigte, was Ulric vermutet hatte. Um sein Leben zu retten, plauderte er alles aus, was er über Jaxa, die Sprewanen und die Polen wusste, auch, dass Hayntz von Helsungen Widerstand geleistet hatte, nun im Verlies steckte und irgendwann geköpft werden sollte.

      »Schafft mir diesen Mann aus den Augen!«, rief Albrecht. »Was machen wir mit ihm?«

      »Am nächsten Baum aufhängen!«, rief Hancz von Crüchern.

      »Nicht ohne Gerichtsverhandlung«, wandte Albrecht ein.

      »Es kann ja kein anderes Urteil geben als seinen Tod«, sagte Ottin von Strenznau.

      Ulric von Huysburg dachte weiter. »Als Toter nutzt er uns wenig, aber als Lebender schon – wenn wir ihn gegen Hayntz von Helsungen tauschen.«

      Dieser Vorschlag wurde nach kurzer Beratung angenommen, und Ulric von Huysburg wurde ausersehen, den Parlamentär zu spielen und die Verhandlungen mit Jaxa aufzunehmen.

      Er beschaffte sich eine passende Rüstung, Schwert und Lanze und ritt dann auf das Burgtor zu, eine weiße Fahne schwingend.

      »Ich möchte Jaxa sprechen!«, rief er zum Wall hinauf. »Sagt ihm, hier stünde Ulric von Huysburg, den er von Cöpenick her gut kennt.«

      Das verfehlte seine Wirkung nicht, und wenig später erschien Jaxa oben auf dem Wall. »Was gibt es?«, fragte er, im wahrsten Sinne des Wortes von oben herab. »Will Albrecht zum Kaiser reiten und Barbarossa bitten, mir feierlich den Titel Markgraf von Brandenburg zu verleihen?«

      Ulric lachte. »Den will er wohl gern selber haben.«

      »Aber ich bin nun der Herr der Brandenburg!«, rief Jaxa.

      »Das lässt sich nicht leugnen. Und Ihr habt Hayntz von Helsungen in Eurer Gewalt. Wir aber haben Mertin von Freckleben, und Albrecht schickt mich nun, einen Austausch der beiden anzuregen.«

      Jaxa überlegte nicht lange. »Nun gut, als Herr über Brandenburg will ich kein böses Blut, sondern Frieden.«

      Ulric stieß nach: »Wenn Ihr das wollt, dann zieht Euch zurück nach Cöpenick, Albrecht wird Euch freies Geleit gewähren.«

      »Das ist doch lächerlich! Albrecht soll sich zurückziehen, nach Ballenstedt und auf die Burg Anhalt, dies hier ist mein Land!«

      Damit hielt Jaxa ihre Unterredung für beendet, der Austausch der beiden Ritter kam aber ohne jeden Zwischenfall zustande.

      Am Abend saßen die Askanier abermals zur Beratung beieinander. Alsbald stellte sich heraus, dass es zwei Parteien gab: Die einen rieten zum sofortigen Angriff, die anderen plädierten für Abwarten.

      »Mit unseren spärlichen Mitteln können wir die Brandenburg nicht zurückerobern«, stellte Hancz von Crüchern fest. »Uns bleibt nichts anderes übrig, als Jaxa auszuhungern.« Und er fügte mit einem Blick auf Otto noch hinzu: »Obwohl es noch nicht Winter geworden ist.«

      »Die Zeit haben wir nicht«, gab Hayntz von Helsungen zu bedenken. »Soweit ich die Sprewanen belauscht habe, rechnen sie damit, dass die Piasten sie unterstützen und dass die Polen ein größeres Heer gen Westen in Marsch setzen werden.«

      Ulric gab ihm recht, die Askanier hatten Bolesław IV. den Kraushaarigen ebenso zu fürchten wie Heinrich den Löwen, und einen Zweifrontenkrieg konnten sie nicht bestehen. »Die Zeit spielt gegen uns, und wir müssen die Brandenburg so schnell wie möglich zurückerobern, um klare Verhältnisse zu schaffen, das heißt den Kaiser zwingen, Albrecht unwiderruflich und sozusagen ehern zum Markgrafen von Brandenburg zu machen.«

      »Schön und gut«, sagte Ottin von Strenznau, »aber Hancz hat es doch eben klar und deutlich gesagt, dass wir nicht imstande sind, die Brandenburg zu erobern.«

      »Doch, das sind wir!«, widersprach ihm Ulric von Huysburg. »Gebt mir zehn Tage Zeit und eine Handvoll kräftiger Männer, die mit Axt und Säge umgehen können, dann baue ich euch einen Tribok. Von ihm aus schießen wir dann Brandfackeln und Kugeln in die Burg und zwingen Jaxa damit, entweder zu kapitulieren oder aber sich uns in offener Schlacht zu stellen.«

      Sein Vorschlag wurde angenommen, und am nächsten Morgen begann man, Bäume zu fällen und Balken zurechtzuhauen, aber auch in den umliegenden Siedlungen nach Seilen und Stricken zu suchen, denn ein Tribok funktionierte durch die Torsion gebündelter Seile, die am Standrahmen befestigt waren. In ihnen steckte ein Wurfarm, und zog man den nach unten, geschah dies gegen die Kraft der verdrehten Seile. Beim Schuss wollten sich die Seile wieder entspannen, der Wurfarm knallte gegen einen Prellbalken und schleuderte die Munition, die in einem ausgehöhlten Ende lag, mehrere hundert Meter weit, je nach Gewicht der Geschosse. Statt steinerner Kugeln konnte man mit dem Tribok auch brennende Fackeln verschießen, was besonders gegen Burgen, deren Befestigungen in der Hauptsache aus Holz bestanden, ein geeignetes Mittel war.

      Am 11. Juni 1157 war es dann so weit: Der Tribok war einsatzbereit, und man katapultierte eine Brandfackel nach der anderen über den Ringwall. Da es seit geraumer Zeit nicht geregnet hatte, züngelten schnell überall die Flammen empor, und schließlich brannte auch das mit Stroh gedeckte Dach des Haupthauses. Obwohl Jaxas Leute alle Kräfte aufboten – ihr Löschwasser oben auf der Burg reichte nicht aus, die Feuer zu ersticken.

      »Hurra!«, schrie Eberlin von Mölz. »Wir räuchern sie aus!«

      Jaxa musste einsehen, dass er keine Chance hatte, die Burg länger zu halten. »Wir formieren uns, brechen aus dem Burgtor und fallen über Albrechts Männer her! Auf!«

      Die Askanier warteten schon, und unten am Ufer der Havel begann die Schlacht, die über die Zukunft des Landes zwischen Elbe und Oder entscheiden sollte. Die Berittenen kämpften Mann gegen Mann und spalteten sich mit ihren Schwertern Schilder und Köpfe, und die Pfeile der Bogenschützen durchbohrten manche Brust. Hayntz von Helsungen war es, der Mertin von Freckleben erschlug, und auch die anderen Überläufer konnten ihr Leben nicht retten.

      Viele der Verwundeten sprangen in die Havel, um ihre Wunden zu kühlen, und deren Wasser färbten sich rot. Und die verwundeten und sterbenden Askanier klagten:

      

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