Otto mit dem Pfeil im Kopf. Horst Bosetzky
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Читать онлайн книгу Otto mit dem Pfeil im Kopf - Horst Bosetzky страница 17
unser süezze ist gemischet
mit bitterer gallen.
unsere bluome der muoz vallen,
sô er aller grüenest wænet sîn.
Ulric von Huysburg vermied es, Menschen zu töten, er war nur darauf aus, mit seinem Schild die askanischen Freunde zu schützen.
Albrecht der Bär hob für eine Sekunde sein Visier, um Ausschau nach Jaxa zu halten. Da kam der Pfeil geflogen, der gedacht war, ihn zu töten. Und er wäre dem Askanierfürsten ins rechte Auge gefahren und hätte sein Gehirn zerstört, wenn ihn nicht Ulric geistesgegenwärtig mit dem Rande seines Schildes abgefangen hätte.
»In den Staub mit allen Feinden Brandenburgs!«, schrie Albrecht daraufhin und gab seinem Pferd die Sporen, um auf Jaxa einzudringen und ihm den Schädel zu spalten.
Doch Ulric fiel ihm in die Zügel. »Überlasse ihn mir, ich habe mit ihm noch eine Rechnung zu begleichen.«
Ulric kämpfte nun alles nieder, was sich ihm entgegenstellte, bis er dem Sprewanen Auge in Auge gegenüberstand. Ihre Schwerter fuhren gegeneinander, dass die Funken stoben, doch bald erlahmte Jaxas Arm, und er konnte nicht verhindern, dass ihm sein Schwert aus der Hand geschlagen wurde. Und keiner seiner Männer war in der Nähe, ihn zu retten, oder konnte den Kordon der Askanier durchstoßen. Was blieb ihm, als ein letztes Gebet zum Himmel zu schicken und den Tod zu erwarten?
Doch Ulric tat nur so, als würde er zum Todesstoß ausholen, er lenkte sein Pferd dicht neben das des Sprewanen und flüsterte ihm zu, dass er fliehen möge. »Und grüße mir Cöpenick!«
Jaxa sprengte davon, und ehe ihn Albrecht, Ottin und die anderen askanischen Ritter daran hindern konnten, lenkte er sein Pferd in die Havel und schwamm zum östlichen Ufer hinüber.
Albrecht der Bär war wieder Herr der Brandenburg, und Ulric von Huysburg konnte sich anderen Abenteuern zuwenden. Nein, etwas war noch zu erledigen …
Anfang Oktober 1157 stand Besançon im Mittelpunkt der europäischen Politik, denn Kaiser Friedrich I., auch Barbarossa genannt, hatte zu einem Hof- oder Reichstag ins Königreich Burgund gerufen, das 1032/34 an das Heilige Römische Reich gefallen war.
Auch Ulric von Huysburg war an den Fluss Doubs geeilt, um die Interessen seines Fürsten zu vertreten. Bevor er jedoch mit dem Kaiser sprechen konnte, kam es zu einem Schauspiel, wie er es noch nicht gesehen hatte, und er genoss es, denn ein Skandal war allemal das Süßeste.
Es begann damit, dass Kardinal Roland, der päpstliche Legat, eine Rede hielt, und zwar auf Latein, was nur wenige der Anwesenden verstanden. Es fiel auch das Wort beneficium, was der Reichskanzler Rainald von Dassel, einer der engsten Vertrauten Friedrichs, mit »Lehen« übersetzte, und das führte dazu, dass ein Teil der deutschen Fürsten rot sah, denn sie verstanden das so, als sei das Kaisertum als Lehen und der Kaiser Friedrich I. als bloßer Lehnsmann des Papstes definiert worden, und das empfanden sie als skandalös und so nicht hinnehmbar. Es kam zu tumultartigen Szenen, und der bayerische Pfalzgraf Otto von Wittelsbach wollte mit dem Schwert auf den Abgesandten des Papstes eindringen.
»Halt, so nicht!«, rief der Kaiser und fiel dem Bayern in den Arm.
»Ich habe mit beneficium nicht Lehen, sondern Wohltat gemeint!«, schrie der Legat.
So blieb er erst einmal körperlich unversehrt, aber die Sache war damit noch lange nicht erledigt. Denn bei der Durchsuchung seines Gepäcks fand man Papiere, die auf Versuche Roms schließen ließen, die Kirchenhoheit des Kaisers zugunsten des Papstes zu unterlaufen. Man beschloss, Druck auf den Papst Hadrian IV. auszuüben, und es wurde von einem zweiten Zug nach Italien gesprochen.
Der Kaiser hatte keine Zeit für Ulric von Huysburg, und der war schon ziemlich verzweifelt, als ihm eines Abends in einer Schenke jemand auf die Schulter klopfte. »
– Hallo, mein Lieber, wie geht es dir?«Ulric von Huysburg fuhr herum und erkannte Ahmad at-Tawil, den Mann, den er im Lager der Wilzen befreit hatte. Sie freuten sich über das Wiedersehen, und Ulric schilderte dem Araber seine Schwierigkeiten, zum Kaiser vorgelassen zu werden.
Ahmad at-Tawil schmunzelte. »Jede gute Tat rächt sich einmal. Manchmal aber kann es auch anders kommen. Ich sehe Barbarossa heute und werde einmal ein ernstes Wörtchen mit ihm reden.«
So saß denn Ulric von Huysburg am 3. Oktober beim Kaiser und informierte ihn über das, was sich im Sommer dieses Jahres in der Nordmark zugetragen hatte. »Ihr könnt diesen Teil Eures Reiches nur dauerhaft sichern, wenn Ihr eine Mark Brandenburg schafft und Albrecht den Bären zum Markgrafen macht.«
Der Kaiser sah das ein und ließ noch am selben Tage eine dementsprechende Urkunde ausfertigen. Adelbertus Die gratia marchio in Brandenborch war darin zu lesen.
Ulric dankte dem Kaiser und machte sich auf, Besançon näher zu erkunden. Als er über den Marktplatz schlenderte, entdeckte er dort den Händler Nebojša aus Jutribuc.
»Wo ist Miluša?«, fragte er, nachdem er den Slawen begrüßt hatte.
»Sie steht hinter Euch.«
Ulric von Huysburg fuhr herum, und wenig später konnte er die Dame seines Herzens in den Armen halten.
Dû bist mîn, ich bin dîn:
des solt dû gewis sîn.
dû bist beslozzen
in mînem herzen:
verlorn ist daz slüzzelîn:
dû muost ouch immer drinne sîn.
Wahrheit und Dichtung
Wahr an dieser Geschichte – und in jedem Geschichtsbuch nachzulesen – sind die Entscheidungsschlacht um die Brandenburg und der Sieg von Albrecht dem Bär im Jahre 1157, der als Geburtsstunde der Mark Brandenburg betrachtet wird.
Historisches Personal
Personen
Pribislaw-Heinrich (um 1122–1150), Hevellerfürst
Petrissa, seine Frau
Albrecht I., auch Albrecht der Bär (um 1100–1170), Askanierfürst und Markgraf von Brandenburg
Otto I. (um 1130–1184), Albrechts Sohn und Nachfolger
Siegfried, Adalbert, Dietrich, Bernhard, Hedwig und Gertrud, weitere Söhne und Töchter Albrechts
Otto der Reiche (1125–1190), Markgraf von Meißen, Schwiegersohn Albrechts
Jaxa von Cöpenick, Sprewanenfürst
Heinrich der Löwe (1129/30–1195),