Die Stunde der Patinnen. Mathilde Schwabeneder-Hain
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Mathilde Schwabendeder-Hain
DIE STUNDE
DER PATINNEN
Frauen an der Spitze
der Mafia-Clans
Verhaftung von Assunta „Pupetta“ Maresca
INHALT
Der Dekalog Salvatore Lo Piccolo
Boss in gonnella – Boss im Rock Giusy Vitale
La donna manager del clan – die Managerin des Clans Nunzia Graviano
La ribelle – die Rebellin Carmela Iuculano
Madre e moglie – Ehefrau und Mutter Antonietta Bagarella
Madre coraggio – Mutter Courage Felicia Impastato
„Lady Camorra“ Maria Licciardi
Pupetta – das Püppchen Assunta Maresca
La castellana – die Schlossherrin Rosetta Cutolo
Inchiesta „Cupido“ – Akte „Cupido“ Antonella Madonna
La postina del clan – die Postbotin des Clans Giusy Pesce
La vittima – das Opfer Maria Concetta Cacciola
Sola contro tutti – allein gegen alle Giovanna Galatolo
Quellen- und Literaturverzeichnis
Die Polizei schlägt am Morgen zu. Seit langem haben die Ermittler das einsame Anwesen auf dem Land in Giardinello nahe Palermo im Auge gehabt. Mehrere Versuche zuzugreifen sind in der Vergangenheit abgebrochen worden. Zu wenig aussagekräftig war das Bild, das die in Büschen und auf Bäumen versteckten Überwachungskameras in die Polizeizentrale der sizilianischen Hauptstadt übermittelten. Zu groß die Gefahr, dass die streng geheime Fahndungsaktion vorzeitig entdeckt werden könnte.
Am Morgen des 5. November 2007 scheint sich die Mühe jedoch gelohnt zu haben. Die Aufnahmen, die diesmal in Palermo zu sehen sind, zeigen die Ankunft zweier verdächtiger Autos. Der Einsatzbefehl erfolgt augenblicklich. Ein Hubschrauber startet und setzt kurz darauf die schwer bewaffneten Spezialeinheiten in der Nähe der Villa ab. Gleichzeitig wird das Landhaus mit Polizeiautos umstellt. Dann stürmen die schwarz vermummten Männer das Gelände. Schüsse fallen. Warnschüsse, heißt es später. Es dauert nicht mehr lange und Salvatore Lo Piccolo wird mit seinem Sohn Sandro und zwei weiteren Mafiosi verhaftet.
Jubel brandet bei den Ermittlern in Palermo auf. Ein Jahrhundertcoup ist gelungen. Von einem außergewöhnlichen Tag für die italienische Demokratie und den Kampf gegen die Mafia spricht später der Leiter der parlamentarischen Anti-Mafia-Kommission, Francesco Forgione. Niemand hatte den Cosa-Nostra-Boss in den vergangenen 24 Jahren zu Gesicht bekommen. Lange Zeit tappte die Polizei im Dunkeln. Nicht einmal das Aussehen Lo Piccolos war gesichert. Bei ihren Ermittlungen konnten sich die Polizisten nur auf ein Phantombild stützen.
Doch der 65-jährige Mann mit dem dichten weißen Haar, der jetzt mit erhobenen Händen ins Freie tritt und sich ohne Widerstand ergibt, ist tatsächlich der fieberhaft gesuchte Boss der Bosse. Sportlich gekleidet – weißes T-Shirt, hellblaues, halboffenes Hemd, ein schwarzes Blouson und Jeans – wirkt der ehemalige Bauunternehmer wie ein harmloser, distinguierter Bürger. Der Schein jedoch trügt.
Seit 1983 war Salvatore Lo Piccolo auf der Flucht. Schon 1998 wurde er in Abwesenheit zu lebenslanger Haft verurteilt. Mord, Drogenhandel, Bauspekulationen und Geschäfte mit der USamerikanischen Mafia: Die Liste der Anschuldigungen war lang und wurde mit den Jahren noch umfangreicher. Nach der Verhaftung des gefürchteten Paten Bernardo Provenzano, der von seinen Feinden „la belva“, „die Bestie“, genannt wird, übernahm Lo Piccolo 2006 das Cosa-Nostra-Kommando. Im selben Jahr beschlagnahmte die Polizei Besitzungen und Konten im Wert von 150 Millionen Euro. Den neuen Superboss Siziliens fanden sie aber nicht. Der blieb verschwunden. Bis ihn einer seiner engsten Mitarbeiter verriet.
In der Villa, die den Mafiosi für „Arbeitsmeetings“ diente, stellen die Polizisten Waffen und das Geheimarchiv des Paten sicher. Sie finden pizzini – kleine Zettelchen, mit denen die