Das Kartell der Skorpione. Mario Monteiro

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Das Kartell der Skorpione - Mario Monteiro

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      Hochschießende Blutfontänen, Salven, Handgranaten, Explosionen.

      »Sie sind da!«

      Die Stimme von Boris schallte irgendwo im Raum. »Los, Kleinholz machen!«

      »Wer ...?«, fragte Robby, als er in den Wagen steigen musste.

      Delegado Martinez brach über dem Schreibtisch zusammen. Irgendeiner von ihnen musste di Flora sein. Doch wer ihm einmal in die Augen blickte, überlebte das nie.

      Der Fahrer im Overland legte den Rückwärtsgang ein.

      »Wie willst du da wieder raus?«, hörte Robby den Beifahrer fragen.

      »So, wie ich reingekommen bin.«

      Fünf Kanister Benzin waren genug. Liquidation total. Wer den Service dieses Kommandos in Anspruch nahm, durfte damit rechnen, bestens bedient zu werden. Vor dem Loch, das der schwere Geländewagen in der Polizeistation hinterließ, krachten die letzten Salven. Robby presste sich zwischen den Sitzen auf den Boden des Overlands. Pah! Pulvergestank, Ziegelstaub, beißender Rauch: Dann quietschten die Reifen auf dem Asphalt. Robbys Augen brannten wie Feuer. Hinter ihm hockten zwei Kerle und lachten durch ihre Masken. Das was von A-17 noch übrig war, stand in Flammen.

      Robby schleckte sich den Staub von den Lippen und tastete nach seinem klatschnassen T-Shirt. Irgendwann musste er es heruntergerissen haben. Aber wann? Wann war das alles. Sie mussten Stunden gefahren sein. Plötzlich hielt der Wagen an, rollte wieder zurück, vielleicht einen Meter. Oder fünf? Wie sollte er es wissen?

      Die Handbremse schnarrte. Robby kroch nach vorne und rappelte sich auf. Draußen kreischten ein paar Frauen, dann kicherten Mädchen, die auf Boris zeigten.

      »Boris, Boris« und »Storca, Storca! Storca ist wieder da!«

      Ein grauhaariger Mann in kurzen Hosen, von dem Robby später erfuhr, er heiße Herreira, spähte in den Wagen. Boris stand auf dem Trittbrett und zog an Robbys Arm. Mit den Worten: »Junge wir sind da«, hielt er Robby die Hand hin, um ihm aus dem Wagen zu helfen.

      »Desce logo, o carro vai embora!« Boris sah besorgt in den Himmel. Der Rover musste weg, bevor sie mit den Hubschraubern alles absuchten. Und sie werden kommen. Soviel war sicher.

      »Wo sind wir«, wollte Robby wissen, während er misstrauisch auf die Jungen und Mädchen und auf den Grauschopf blickte, der immer noch am Straßenrand stand.

      »Zu Hause«, rief der Dealer. »Mann, zuhause sind wir wieder. »Zuhause bei uns in Tres Rochas!«

      Das also war Tres Rochas. Im Knast hatte er den Namen ein einziges Mal gehört, doch war er damals nicht sicher, ob er es richtig verstanden hatte.

      Das Durcheinander der verwinkelten Treppen, aneinander gesetzte Hütten und Buden, Backsteinkaten da und dort, von dichtem Buschwerk überwuchert, mannshohe Durchlässe, die sich wie grüne Tunnel im Chaos der ärmlichen Unterkünfte verloren ... wie sollte man sich hier zurecht finden? Verstecke! Phantastische Verstecke mitten in Rio!

      Verwundert blinzelte Robby auf die Mückenschwärme in Bananenstauden und auf das Netz aus Bambuszäunen, hinter denen Kinder lärmten und auf die vielen dünnen Brettchen, die über den Gräben lagen, in denen schwarzes, Abwasser voll Schlieren und Abfall gurgelnd weiter floss. Die enge Gasse, in der sie angehalten hatten, endete nicht weit von dort, wo der Rover stand. Hier, zwischen dichtem Gestrüpp würde es so gut wie unmöglich sein, mit einem nur mittelgroßen Wagen weiterzukommen.

      Eine halb vermoderte Treppe, ab und zu durch Absätze und rampenartige Pfade unterbrochen, führte zu weiter oben liegenden Buden, die nur nach einem die Muskel strapazierenden Aufstieg zu erreichen wären. Boris schob den Jungen auf ein verwildertes Grundstück, nachdem sie den Wagen aus den Augen verloren hatten. Ein dreifach gezogener, doch inzwischen an mehreren Stellen herabgerissener Stacheldrahtverhau sollte wohl den Zugang verwehren, was Robby nicht einsehen konnte, da nichts als eine eintönige Leere dahinter zu liegen schien. Unbezähmbare Wildnis, schätzte er. Etwas, das man vergessen hatte, höchstens dazu geeignet, noch weitere Buden und Wände aus Kanisterblech und Brettern aneinander zu setzen.

      »Dort rüber!«, befahl Boris. »Wir müssen gleich mal tüchtig ran.« Robby kletterte über Schutt und Quadersteine. In Stücke gehauene Zementrohre, in denen noch stinkende Brühe stand, lagen am Weg, als ob man sie nach einem genauen Plan abgesetzt hätte.

      »Vorsicht Brunnenloch!«

      Ekelhafte Dornen, Gestrüpp, kilometerweit wie es ihm schien. Die enge Zufahrt nach nirgendwohin war erst im letzten Augenblick zu erkennen. Zwischen Stauden und mächtigen Gummibäumen musste der sturmgepeitschte Nachmittagregen Massen von Schlamm vor sich hergetrieben haben. Robby registrierte Reifenspuren. Wie die nur über den Schutt gekommen waren?

      Kindergeschrei drang durch das Dickicht. Noch eine mannshohe Hecke, dann fiel Robby die verrostete Schaukel auf. Dort tobte die Bande der Buben. Jenseits des Spielplatzes gab es nur eine einzelne Behausung, nicht viel mehr, als ein windschiefer Schuppen, unter wild wucherndem Gehölz verborgen. Robby blickte heimlich auf das Weib, das vor der Tür auf einem Schemel hockte. Lebhafte Augen starrten aus einem eingefallenen von einer bösen Flechte verdeckten Gesicht zu ihm herüber.

      Die einzige Tätigkeit der Frau – es musste sich um eine Indianerin handeln, wie Robby nicht einen Augenblick lang zweifelte – schien darin zu bestehen, eine riesige Menge Maiskörner in einer Schale aus verkrustetem grauen Ton zu einem Brei zu zerreiben, wobei sie dann und wann in gleichmäßigem Takt auf die Körner stampfte, während sie das Gefäß zwischen den Schenkeln der weit von sich gestreckten Beine in waagrechter Stellung zu halten versuchte.

      Robby getraute sich nicht, näher zu kommen und starrte aus ängstlich kalkulierter Entfernung auf den Maisbrei und quälte sich.

      Maisbrei! Wie lange schon hatte er das nicht mehr bekommen. Ob sie ihm einen Mund voll abgeben würde? Hundert Tage lang könnte er es danach wieder aushalten. Vielleicht, wenn sie ihm winken würde? Stattdessen fixierte sie ihn immer noch und stampfte nebenher gleichmütig auf den Mais.

      Robby machte einen weiten Bogen und wartete abseits, was Boris und Storca in diesem abseits gelegenen Winkel zu suchen hatten. Unterdessen waren die beiden auf das Hexenweib zugegangen, so dass Robby weder die Miene noch Gebärden der Alten verfolgen konnte. Sicher erzählten sie ihr vom Knast und wie sie aus A-17 getürmt waren. Obwohl ... wer durfte schon die Wahrheit sagen?

      Ab und zu nickte das Weib und als Storca kurz zur Seite trat, um ihren Papagai auf dem Fensterbrett zu betrachten, meinte Robby zu sehen, dass ihn die Alte von nun ab etwas günstiger beurteilen könnte.

      Boris lief unter dem Strohdach der Behausung entlang und gab Robby einen Wink, ihm zu folgen. Das dichte Buschwerk begann unmittelbar hinter dem verborgenen Schuppen und versperrte jeden Blick auf das, was im Halbdunkel des Buschwerks zu erwarten war.

      Robby kämpfte mit Dornen und peitschenartig zurückfedernden Tarogazweigen, die ihm dauernd ins Gesicht schlugen, wobei er vorsichtig einen Fuß nach dem anderen aufsetzte. Wenn er beim Ausbruch aus A-17 nur besser auf seine Gummischlappen aufgepasst hätte. Jetzt konnte er zusehen, wie er barfüßig durch die Wildnis kam. Irgendwo plätscherte es. Folglich musste es hier Wasser geben, vielleicht sogar einen Brunnen oder einen kleinen Bach, der vielleicht irgendwo über große Steine stürzte und aus dem man trinken könnte.

      »Hier rüber über den Bach!« hörte er leise. Zweifellos, das kam von Storca,

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