Mein Klagebuch. Dominique Crisand
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Ein Mann riecht nach Mettbrötchen oder Schraubenschlüssel. Nicht nach Chiquita oder Pink Lady. Und wenn er nach Lady riecht, dann NACH und nicht VOR dem Date.
„Das Leben im Einklang mit der Natur ist wichtig. Und richtig.“
Kann ja sein, aber warum soll ich mir für unzählige Euro eine Creme mit Ringelblumenblüten kaufen „für den anspruchsvollen Mann nach seiner Intimrasur“, wenn die Natur doch etwas viel Logischeres und wesentlich Tolleres erfand: kratzen!
Wenn ich Durst habe, trinke ich.
Wenn ich Hunger habe, esse ich.
Wenn ich müde bin, dann schlafe ich.
Und wenn es verdammt noch mal juckt, dann kratz ich mir den Sack!
„Das Leben im Einklang mit der Natur.“
Wer sieht denn den ganzen Sachverhalt mal aus der Sicht einer Ringelblumenblüte!? Niemand! (außer ich) Daher habe ich eine Petition gestartet:
Ringelblumenblüten,
ihr seid uns nicht egal!
Ab in die Natur,
nicht aufs Genital!
Wir hören heute doch nur noch auf den Arzt oder Apotheker, keiner mehr auf sein Bauchgefühl. „Herr Schmidt, Sie sind gerade aufgrund von Flüssigkeitsmangel zusammengebrochen. Ich hätte da eine Salbe mit Leck-mich-am-Arsch-Extrakt! Das Zeug können Sie sich in die Haare schmieren! Hilft nicht, sieht aber scheiße aus!“
Das Leben im Einklang – von mir aus.
Aber nur dann, wenn ...
... ein Pärchen nach stundenlangem Akt der Fortpflanzung am Boden kriecht
und es anschließend im Schlafzimmer nach ejakuliertem Lust-Schweiß und nicht nach Mango oder Papaya riecht.
... der Mann im Januar oberkörperfrei mit der flachen Hand das Brennholz schlägt
und die Frau ihn blutend mit letzten Kräften zwölf Kilometer zum nächsten Doktor trägt.
... die Liebe zweier Verbundener selbst dann noch hart zusammenschweißt,
wenn SIE gerade duscht, während ER sich im selben Raum die Seele aus dem Leibe scheißt.
Das Leben fickt jeden,
auch im Einklang mit der Natur.
Sei kritisch und hinterfrage,
doch stell dich nicht stur.
Mittwoch, 18.02.
Der Konflikt
Es war an einem lauen Herbstnachmittag, als mich in den gemeinsamen vier Wänden meiner Beischlafpartnerin und mir ein inneres Bedürfnis überfiel, welches jeder Mann in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen zu verspüren vermag. Oder, um es etwas greifbarer zu formulieren: Ich musste auf den Lokus, mein Steißbein hatte Husten.
Nach vollbrachter Arbeit verließ ich erleichtert die „Festung der Einsamkeit“ und begab mich in unser beider Wohngemach. Kaum hatte ich mich zufrieden auf dem Sofa abgelegt, erklang ihre zärtliche, engelsgleiche Stimme durch den Flur – vergleichbar mit einem Schmetterling, der in der Abendsonne zwischen rötlichbraun herabfallenden Blättern strotzend vor Leichtigkeit hin- und herfliegt:
„Du Drecksau! Die Klobürste steht nicht zur Dekoration da. Man kann die auch benutzen, oder bist du zu doof dazu?“
Drücken wir metaphorisch „Pause“ und betrachten das Faktum et Orbitum.
Bis zu den Worten „Man kann die auch benutzen“ befinden wir uns bezüglich eines Konfliktes noch im Bereich der Ordnungswidrigkeit. Ein verbales Bußgeld, und der Schnee von morgen wäre heute von gestern.
Die nun unterschwellig subtil vorhandene Missstimmung drohte erst dann weiter massiv zu kippen, als sie sich entschied, die eben genannten Worte in einem Nebensatz noch mit einer Frage zu schmücken, die sie unmissverständlich formulierte: „oder bist du zu doof dazu?“
Da es sich hier, im dichten Nebel der Fragetechniken, um eine sogenannte „geschlossene Frage“ handelt, hat der Antragsgegner per Definition drei klar vorgegebene Antwortmöglichkeiten: „Ja“, „Nein“ und „Weiß ich nicht“.
Präferiere man intuitiv Erstere, laute die Antwort: „Ja Schatz, ich bin doof“, zuzüglich optional: „sonst wäre ich ja nicht mit dir zusammen.“
Da Frauen, mit einer solchen Äußerung konfrontiert, gerne zu unkontrollierten, cholerischen Ausbrüchen neigen, stellen wir diese Antwortmöglichkeit vorerst hinten an.
Betrachten wir Option 2. „Nein, ich bin nicht doof.“
Neben dem leicht brüskierenden Aspekt dieser Aussage zieht sie des Weiteren automatisch unzählige „offene W-Fragen“ nach sich: „Warum tust du dann dies? Weshalb machst du dann das? Wer ist diese Frau, die dir per WhatsApp ständig ihre Brüste schickt?“
In einem Konflikt ist es existenziell wichtig, den Brandherd so klein wie möglich zu halten. Machen wir also aus einem Teelicht keinen unkontrollierbaren Schwellbrand.
Beleuchten wir Antwortmöglichkeit 3:
„Ich weiß es nicht ... Ich weiß nicht, ob ich doof bin“, scheint auf den ersten Blick perfekt, denn es beinhaltet all das, was eine Frau an einem Mann zu schätzen vermag: Selbstoffenbarung, Verletzlichkeit, Einsicht, Wehmut – und das alles ohne Schuldbekenntnis!
Zustimmung, ohne „Ja“ zu sagen. Das sind quasi fünf parallel nebeneinander stehende Kirschen auf dem goldenen Rubbellos der Konfliktlösung!
Der Gordische Knoten im Ei des Kolumbus ist das Verständnis. Zeige Verständnis. Gib ihr das Gefühl, sie zu verstehen, ungeachtet der Haltbarkeit des Tatbestandes.
Gib ihr das Gefühl, sie habe beispielsweise gewissermaßen, im Gegensatz zu dir, die Abseits-Regel verstanden, während du „Pretty Woman“ in den VHS-Rekorder schiebst und diesen großartigen Film bei einem Gläschen Lambrusco dem Champions-League-Finale vorziehst und im Anschluss daran sie darum bittest, in eurer Beziehung endlich mehr über deine Gefühle sprechen zu dürfen.
Zeige Verständnis.
Wenn die Stimme im Navigationsgerät „links“ sagt, während sie darauf besteht, rechts auf einen ungeteerten und höchstens von Spezialkräften der Bundeswehr befahrbaren Feldweg abzubiegen, sage ihr, dass die Dame im Navi sich ja schließlich in ganz Europa auskennen müsse und hier auf der Landstraße zwischen Wald-Michelbach und Siedelsbrunn durchaus einmal falsch liegen könne ... während du mit glücklichem Gesichtsausdruck dein Fahrzeug rechts durch haufenweise Kuh-Kot manövrierst.
Verständnis