Soldatis und der König der Schattenalp: Die Abenteuer der Koboldbande (Band 5). Jork Steffen Negelen
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Читать онлайн книгу Soldatis und der König der Schattenalp: Die Abenteuer der Koboldbande (Band 5) - Jork Steffen Negelen страница 9
Eine Tür, die eben noch weit offen stand, wurde plötzlich vom Wind zugeschlagen. Vagho sah zu ihr und er zog sofort seinen Zauberstab. Doch niemand griff ihn an und er hörte sein Herz in seiner Brust schlagen. Langsam sah er sich um und ging auf ein bestimmtes Haus zu, es war größer als die Häuser, die rechts und links danebenstanden. Vorsichtig ging der Schattenalp die Stufen hoch, die zum großen Portal des Hauses führten. Er versuchte, die Tür zu öffnen, doch sie war fest verschlossen. Vagho trat einen Schritt zurück und schaute nach oben. Über der Tür war eine Reihe Fenster, die alle mit hölzernen Fensterläden verschlossen waren.
Der Schattenalp holte seine Flugschale hervor und umkreiste langsam mit ihr das Haus. Es musste einst einem reichen und mächtigen Wüstenzwerg gehört haben, denn es war noch immer prächtig anzuschauen. Im Dach zeigte sich ein großes Loch, durch das Vagho mit Leichtigkeit eindringen konnte. Er landete auf dem Dachboden und sah sich um. Der Staub von Jahrhunderten lag dick auf den Dielen und er überdeckte auch eine Menge Kisten und Truhen. Überall lagen zerrissene Säcke und zerbrochene Krüge herum. Das war ein sicheres Zeichen, dass hier jemand etwas gesucht hatte.
Vagho öffnete die einzige Tür, die er fand. Ein hässliches Quietschen war zu hören und er zog wieder seinen Zauberstab. Mit ihm konnte er die nähere Umgebung gut erhellen. Hinter der Tür war eine Treppe, die in das Stockwerk unter dem Dachboden führte. Vorsichtig schlich der Schattenalp diese Treppe hinunter. Dann sah er sich in dem Stockwerk um. Er befand sich nun in einem geräumigen Flur. Vier Türen und eine weitere Treppe waren im Lichtschein des Zauberstabs zu erkennen.
Vagho öffnete die erste Tür und sah in das Zimmer hinein. Er fand ein Schlafgemach vor, so wie es sich nur wohlhabende Kaufleute leisten konnten. Die Verzierungen an den Schränken und an dem großen Bett, das in der Mitte des Raumes stand, zeigten deutlich den einstigen Reichtum eines Kaufmanns. Der Schattenalp verließ das Gemach und sah in das zweite Zimmer hinein. Das war für ihn schon viel interessanter, denn er hatte das Arbeitszimmer des Kaufmanns gefunden. In der Mitte dieses Zimmers stand ein mit Pergamenten überhäufter Tisch. Daneben lag ein umgestoßener Stuhl. Noch immer war an dem abgeschabten Lederpolster gut zu erkennen, dass hier ein Zwerg viel Zeit mit seinen Briefen und Rechnungen verbracht hatte. Er musste viele Tage und Nächte an diesem Tisch gearbeitet haben.
An der Wand, rechts neben dem Tisch befand sich eine große eingerahmte Karte der Stadt und der näheren Umgebung. Sie war vergilbt und hatte einige Löcher von den Holzwürmern, die sich überall durch die Balken und die Möbel fraßen. Doch es war noch gut zu erkennen, wo sich der einstige Sitz des Königs befand. Deutlich war auf der Karte das Abbild einer Burg zu sehen, die auf einem Felsen stand. Darunter war ein Tor eingezeichnet und daneben stand etwas geschrieben. Vagho sah sich die Schrift genauer an und las sie sich vor. »Das Bergwerk von Saphira ist unser heiligster Besitz. Es befindet sich unter dem Thron unseres geliebten Königs. Lang möge er leben, sodass wir ihm dienen können.«
Der Schattenalp lächelte vor sich hin. Bestimmt gab es da noch etwas für ihn, das sich lohnen würde. Er drehte sich zum Tisch um und sah sich die Pergamente an, die auf ihm lagen. Bei all dem Durcheinander war ihm sofort klar, dass auch hier schon jemand vor ihm nach etwas bestimmten gesucht hatte. Die meisten Schriften erwiesen sich als Rechnungen und Bestellungen. Langweilige Briefe und Berichte waren auch dabei und Vagho verlor bei der Durchsicht der Pergamente schnell das Interesse. Doch ein Brief erregte seine Aufmerksamkeit. Er war nicht in der üblichen Schriftform verfasst und las sich eher wie eine flüchtige Notiz.
Leise flüsterte der Schattenalp die Worte vor sich hin, die auf dem Brief standen. »Mein Freund Anzel. Ich habe ihn versteckt und man kann ihn nicht so leicht finden. Er ist in unserem geheiligten Bergwerk. Er wird bewacht und sie ruhen nie – die Wachen, die ich rief. Wir werden wiederkommen und nur wir können ihn nehmen. Nur mit ihm kann man die Truhe öffnen. Wir werden die Kreaturen beherrschen und ihre Kraft wird unsere Feinde zerschmettern. Ich versichere Dir, mein Freund, wir werden dann über unsere Feinde herrschen. Dein Freund Saltar.«
Obwohl das Wort ‚Schlüssel‘ in diesem Brief nicht stand, konnte sich Vagho denken, dass nur so etwas gemeint sein konnte. Ihm war auch sofort klar, dass er in diesem Bergwerk den Schlüssel finden musste, wenn er die Gorgoden haben wollte.
Der Schattenalp sah sich ein wenig um, doch es gab nichts Wichtiges zu entdecken. Er wollte das Zimmer schon wieder verlassen, da fiel sein Blick auf ein Buch. Es lag unter dem Tisch und war völlig verstaubt. Vorsichtig hob Vagho das Buch vom Boden auf und legte es auf den Tisch. Dann schlug er es auf und las die erste Seite durch. Er hatte das Tagebuch des Kaufmanns Anzel gefunden. Die meisten Eintragungen, die darin standen, waren für den Schattenalp nicht weiter wichtig. In seinem Tagebuch beschrieb Anzel, wie er seine Geschäfte erledigte und seine Kunden belieferte. Einige von ihnen musste dieser Anzel ordentlich über den Tisch gezogen haben, denn er verlieh auch Geld zu erstaunlich hohen Zinsen. Die letzten Seiten waren jedoch sehr interessant. Anzel beschrieb, wie er sich mit dem Magier Saltar verbündete. Sie hatten die Absicht gehabt, die Stadt unter ihre Kontrolle zu bringen und das alte Königtum wieder aufzubauen.
Vagho las sich die letzte Seite leise vor. »Saltar hat also den Schlüssel in unserem heiligen Bergwerk versteckt. Die Sklaven, die ich gekauft habe, sind alle an diesem Ort umgekommen. Wie hat dieser Magier das nur geschafft? Jetzt tanzen ihre Seelen als Geister durch unser Heiligtum und bewachen den größten Schatz, den wir je besaßen. Nur dieser Magier und ich, wir beide wissen, wie man sich den Schlüssel holen kann. Es war nur ein Zufall, dass wir die wahre Bedeutung der Gorgoden erkannten. Jedoch wird es kein Zufall sein, wenn wir sie einsetzen. Saltar weiß, wie man sie beschwört, diese drei wunderbaren Bestien. Ich hoffe nur, das mein neuer Trick mit der Tinte …«
Vagho sah sich das letzte Wort erstaunt an und rieb sich mit der linken Hand das Kinn. Mit der rechten Hand hielt er immer noch seinen Zauberstab und beleuchtete mit ihm die Seiten des Buches. Die Gedanken rasten durch seinen Kopf und er versuchte, sie zu ordnen. Irgendetwas oder irgendjemand hatte den Kaufmann am Weiterschreiben gehindert. Auf dem unteren Teil der letzten Seite war ein Fleck. Die vielen Jahre hatten ihn dunkel werden lassen, doch der Schattenalp konnte sich denken, dass es Blut war. Jemand musste Anzel mit Gewalt gehindert haben. Doch was für einen Trick hatte er mit der Tinte angestellt?
Vagho sah sich das Buch genauer an und prüfte mit seinem Zauberstab die leeren Seiten des Tagebuchs. Auf der letzten Seite zeichnete sich tatsächlich im Schein des Zauberstabs eine Karte des Bergwerks ab. Am Rand dieser Karte standen einige Worte. Der Schattenalp flüsterte sie sich mit einem hässlichen Grinsen zu. »Die Sklaven erbauten den Altar im Bergwerk. Verneige dich vor dem Schöpfer und du findest den Schlüssel.«
Ein Geräusch ließ Vagho in die Höhe fahren. Hastig riss er die letzte Seite aus dem Buch und das Licht seines Zauberstabs verschwand. Ihm war sofort klar, dass er nicht mehr allein war. Ein leises Rauschen zog an der Tür des Arbeitszimmers vorbei und der Schattenalp konnte deutlich den Geruch einer Janus-Elfe wahrnehmen. Langsam entfernte sie sich wieder und Vagho atmete erleichtert auf. Er wusste nicht, ob er einen Kampf gegen eine einzige dieser Kreaturen überhaupt gewinnen konnte und er wollte es auch nicht herausfinden. Doch er würde sich mit allen Kräften wehren, wenn er angegriffen würde.
Die Ruhe kehrte zurück und Vagho öffnete leise die Tür. Auf dem Flur war es so finster, dass er kaum etwas erkennen konnte. Der Geruch der Janus-Elfe lag immer noch in der Luft und der Schattenalp tastete