Dunkle Geschichten aus dem Alten Österreich. Barbara Wolflingseder
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Am 23. Jänner 1827 tagte auf Anordnung von Kaiser Franz I. im Schloss Batthyány in Pinkafeld eine Kommission, um eine Strategie zur endgültigen Überwältigung des Bandenchefs zu entwickeln. Die Kommission bestand aus dem Oberbannrichter von Gräfe aus Leoben, dem Grazer Magistratsrat von Pontner, einem Herrn von Szerdahely aus Ungarn und einem Vertreter des Militärs. Man kam überein, dass Soldaten das gesamte Gebiet einkreisen und dann konzentrisch auf Pinkafeld vorrücken sollten. Keine zwei Monate nachdem das Konzept verfasst worden war, konnten die Rädelsführer der Räuberbande und 14 weitere Spießgesellen festgenommen und in Pinkafeld verwahrt werden. Da sich die Verhandlung ziemlich in die Länge zog, hatte der Holzknechtseppl genügend Zeit, eine neuerliche Flucht zu planen. Diesmal versprach er einem „Zigeuner“, der für die Nahrungsmittelversorgung der Banditen zuständig war, 700 Gulden, wenn dieser ihm zwei Taschenfeiteln3) beschaffen würde.
Nachdem die bestellte Ware geliefert worden war, sägten die in Ketten gelegten Männer zwei Wochen lang an den Eisenringen, mit denen ihnen Hände und Füße festgebunden worden waren. Um die Sägegeräusche zu übertünchen, sangen sie fromm den Rosenkranz. In der letzten Mainacht gelang ihnen schließlich die Flucht: Sie töteten den wachhabenden Offizier und den Siebmachermeister Anton Hutter, der sich ihnen in den Weg zu stellen versuchte.
Wie groß die Angst der Pinkafelder Bewohner gewesen sein muss, als die Raubmörder wieder in Freiheit waren, vermerkte der Prediger und Autor Joseph Michael Weinhofer in seiner handschriftlichen Chronik der Jahre 1825 – 1829:
Die Sturmglocke verkündete ihre Flucht; allgemeiner Schrecken ergriff alle vom Schlaf geweckten Einwohner des Marktes; es war eine grause Nacht erinnernd an den schrecklichen jüngsten Tag, viel fürchterlicher als jede Feuersnoth.
Zeichen für die hohe Gerichtsbarkeit: Der Pranger in Pinkafeld, 17. Jahrhundert
Gleich am nächsten Tag wurden allerorts Steckbriefe angebracht:
Kundmachung
Nachdem von denen in der Nacht auf den 31ten Mai 1827 um halb 1 Uhr, sieben in dem Pinkafelder Gefängnisse eingekerkerten Räuber, den auf der Wache beordeten k. k. Korporalen und auf der Gasse einen Pinkafelder Bürger Tod geschossen und mehrere k. k. Soldaten, wie auch einen Pinkafelder Bewohner verwundet, und somit sich aus dem Gefängnisse befreiet hatten, die vier unten Beschriebenen, und von mehreren Mord und Raubtaten überwiesenen Bösewichter noch nicht eingebracht worden sind, so wird allen Stadt, Markt und Dorf Obrigkeiten hiemit aufgetragen, daß die Wälder, größere Bäume, Fruchten und Schluchten, wie auch einsame besonders verdächtige Gebäude, welche wenigstens 14 Tage durch 6 rüstige Männer zu bewachen sind, durch alle für ihre eigene Sicherheit aufzufordernde Inwohner durchsuchen und zu ihrer Entdeckung und Einbringung, alle möglichen Anstallten treffen sollen. Jeder der diese Räuber auffangen oder entdecken wird, erhaltet von Seiner Majestät 50 Dukaten für einen jeden Kopf; im Gegenteil wer diese großen Verbrecher nicht entdecket, wissentlich verhehlet oder durch Nahrungsmittel ihnen beisteht, wird der schwersten Strafe unterliegen.
Pinkafeld, den 1ten Juni 1827
Ignaz von Czerdahely Vice-Gespann
Die wiedergewonnene Freiheit war schließlich nur von kurzer Dauer. Schon nach einer Woche konnten die entflohenen Räuber wieder dingfest gemacht werden. Durch zweckmäßige und schnell getroffene Anstalten, wurden, ehe 8 Tag vergingen, die Flüchtigen alle wieder glücklich eingebracht.
Pinkafeld bekommt einen neuen Galgen
Diesmal beeilte man sich mit der Verhandlung. Zunächst kamen Josef Koller, Johann Niesner und Joseph Michael Freyberger, die als Deserteure behandelt wurden, in Güns4) vor ein Kriegsgericht. Reumütig sollen sie ihre Verbrechen gestanden haben. Alle drei wurden zum Tode durch den Strang verurteilt. Das Magistrat hatte schon Vorsorge getroffen und vom Maurermeister Lang einen neuen Galgen entwerfen lassen. Der Platz am Hochgericht wurde feinsäuberlich gekehrt; Pfarrer Weinhofer brachte den Delinquenten die letzte Wegzehrung, die Schuljugend begleitete ihn hingebungsvoll singend und betend. Nach dem Eintreffen der angeblich rund 8.000 „Gäste“ wurde die Hinrichtung schließlich vollzogen.
Am selben Tag, dem 1. August, wurden noch einige Komplizen für schuldig erklärt. Der Pottendorfer Lehrer Franz Eichleutner und der Wirt und Hehler Matthias Krodatsch wurden ebenfalls zum Tode durch den Strang verurteilt. Magdalena Witzelsberger, die Geliebte des „gekrausten Seppl“, sollte durch das Schwert getötet werden. Der Wirt Simon Laschober fasste drei Jahre Arrest aus, seine Geliebte Maria Drawenschak nur eineinhalb Jahre.
Der Holzknechtseppl überlebte seine drei Wegbegleiter um 16 Monate, die er im Gefängnis verbringen musste. Dann war es auch für ihn so weit – die Hinrichtung wurde für den 20. November 1828 angesetzt. Über die Jahre hatte sich ein beträchtliches Register an Straftaten angesammelt, was allein mit der Exekution des Schwerverbrechers gesühnt werden konnte:
Fast nach zweijähriger Kerkerhaft erfolgte 1828 die Hinrichtung des Holzknechtseppls. Seine Verurteilung war erfolgt auf Grund von 14 Raubmorden, 2 Brandlegungen, 54 Rauben, viermaliger Notzucht, 48 Diebstählen, 2 öffentlichen Gewalttätigkeiten, einer feuergefährlichen Handlung. Der Schaden, den er angerichtet, belief sich auf 23.844 Gulden. In den letzten Tagen kehrte er in sich, betete fast ununterbrochen und sah ruhig dem Ende entgegen. Auf dem Weg zur Richtstätte küßte er den wachehabenden Soldaten, dankte für die Mühe und fuhr mit niedergeschlagenen Augen, das Kreuz in den Händen, der Richtstätte zu. Noch im Hinaufziehen auf den Galgen bat er die Anwesenden um Vergebung und mahnte die Jugend, sich an ihm ein abschreckendes Beispiel zu nehmen.
Ohne im mindesten zu zittern oder seine Gesichtsfarbe verändert zu haben, ließ er sich die Hände zusammenbinden und soll einen tiefen Eindruck auf das häufig versammelte Volk hinterlassen haben – der Holzknechtseppl wurde drei Tage lang „ausgesetzt“, das heißt, er wurde zur Schau gestellt.
In Pfarrer Weinhofers Schulbericht ist weiters zu lesen, dass Nikolaus Schmidhofer in seiner Vorbereitung zum Tode wirklich auferbaulich und rührend gewesen sei. Er ließ sich von dem ihm geschenkten Gelde, weiße feine Leinwäsch machen, bethete während der 3 Tägen, als er ausgesetzt war, fast ununterbrochen fort, empfing die hl. Sakramente mit vieler Erbauung, und sah seinem gewaltsamen Ende mit vieler Ruhe entgegen.
Der Pinkafelder Friedhof musste in diesem Jahr um die Hälfte erweitert werden und es kehrte endlich wieder Ruhe ein. Pfarrer Joseph Michael Weinhofer schließt seinen Bericht mit folgenden Betrachtungen:
Lieber Leser!
Du schauderst vor den Greuelthaten, welcher sich diese Unglücklichen schuldig machten, allein, wenn du bedenkest das Wort der ewigen Wahrheit, daß der Sünder, wenn er einmal in die Tiefe seiner Versunkenheit gekommen, alles verachte, wenn du bedenkest, daß gewöhnlich mit dem ersten Schritte zum Laster, schon alle übrigen mitgethan sind, wenn du bedenkest, daß das Böse, das diese Unglücklichen gethan, ich und