GegenStandpunkt 1-17. Группа авторов

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Ja, warum eigentlich nicht? Eine andere als die vorfindliche Arbeitswelt 4.0 gibt es nun einmal nicht, um in ihr den „Menschen in den Mittelpunkt“ zu stellen. Und um ihn dorthin zu stellen, um aus einem „einseitigen Instrument im Sinne der Unternehmen“ „Arbeitszeitsouveränität“ im Sinne der Beschäftigten zu machen, liegt mit der betrieblichen Mitbestimmung schon ein maßgeschneidertes Instrument vor. Mit dessen Erweiterung auf die Arbeitswelt 4.0 ist die demokratisch-selbstbestimmte Berücksichtigung der Belange der Mitbestimmenden schließlich definitionsgemäß gewährleistet und für eine moderne Arbeitervertretung das Aufgabenfeld präpariert, dessen Bewirtschaftung ein Gutteil ihrer „veränderten Rolle“ ausmacht: Wenn heutzutage die „Flexibilitätskompromisse“ nun einmal vor Ort im z.T. erst noch zu definierenden Betrieb und nach dessen Notwendigkeiten geschlossen werden, gilt es eben die Interessen der Betroffenen so zu wahren, wie sie da hineinpassen. Für die fällige gesetzliche Stärkung der betrieblichen Mitbestimmung braucht es natürlich wieder gute Gründe, nämlich einen Nutzen der entscheidenden gesellschaftlichen Instanzen aus der „Innovationskraft“ ihrer Belegschaften: „Wer mitbestimmt, ernst genommen und wertgeschätzt wird, ist motiviert und nutzt mit seinen Ideen, die er in den Betrieb einbringt, auch dem Unternehmen.“ So billig, mit ideellem Lohn für ihre Beschäftigten, wäre materieller Nutzen für die deutschen Unternehmen zu haben. Falls das nicht überzeugt: Mit dem mitbestimmten, also sozialfriedlich organisierten Lohnverzicht ist Deutschland bekanntlich mit ganz vielen geretteten Arbeitsplätzen gestärkt aus der Krise gekommen!

      In solchen Zukunftsfragen verzeichnet der DGB aktuell einige Erfolge. Die Bundesregierung hat sich sogar dem Ziel verschrieben, die Tarifbindung insgesamt wieder auszuweiten, und hat die Stärkung der ‚Sozialpartnerschaft‘ zur Zutat aller Reformen erhoben, die der deutschen Industrie den zukünftigen Erfolgsweg pflastern sollen. Dass der Staat, nach dessen Macht die Gewerkschaften so dringend rufen, für ihre Beteiligung dann auch seine Kriterien des standortpolitischen Nutzens vorgibt, ist auch hier im Preis enthalten: Noch flexiblere Anwendung der Leiharbeit als sie die gesetzliche Neuregelung ohnehin erlaubt? Können die deutschen Unternehmen haben – aber nur sozialfriedlich qua Tarifvertrag. Solche „Tarifpolitik vom Feinsten“ (Nahles) ist ein erster Schritt in Richtung der „ausgehandelten Flexibilität“, zu der auch die Abweichung vom „als starr geltenden“ Arbeitszeitgesetz gehören soll. Die politisch beförderte „Privilegierung“ der Tarifpartnerschaft ist für die Gewerkschaften um den Preis zu haben, den sie – bei aller Differenz im Detail – auch selbst im Angebot haben: ihre Beteiligung an dem großen „Flexibilitätskompromiss“, den der deutsche Standort braucht. Die Politik nötigt deutsche Gewerkschaften damit zu nichts, was ihnen fremd wäre: In ihrem unermüdlichen Dienst an den Arbeitnehmern wollen und müssen sie schließlich die Instrumente gestalten, die Beschäftigung sichern, also auch so, dass sie sie sichern – in der deutschen „Arbeitswelt von morgen“.

      So viel ist nämlich klar: Um die ‚Arbeit der Zukunft‘ gestalten zu können, muss sie zunächst einmal in Deutschland stattfinden und nicht anderswo. Und für diese genuin soziale Zwecksetzung sind in Zeiten der Globalisierung passgenaue Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen zwar nötig, aber keineswegs hinreichend. Dass zur Erhaltung und Steigerung der ‚gesamtgesellschaftlichen‘ Beschäftigung ein hinreichendes Wachstum von zusammengezählten Kapitalerträgen auf deutschem Boden unbedingt her muss, entnehmen deutsche Gewerkschaften der unbestreitbaren Tatsache, dass das ohne Wachstum jedenfalls nicht gelingt. Und damit die Sozialpartner ihrer Aufgabe nachkommen und es in gehöriger Rate und Masse erarbeiten bzw. erarbeiten lassen können, müssen die ‚Rahmenbedingungen‘ stimmen. Auch für diese Aufgabe ist selbstverständlich ‚die Politik‘ zuständig, mit der sich der DGB im Prinzip einig weiß. In der Praxis aber versagen irregeleitete Politiker dann doch ein ums andere Mal an den gewerkschaftlichen Maßstäben guten Regierens, wenn sie in ihrem steten Bemühen um einen möglichst großen Anteil am weltweiten Geschäft immer wieder in die „Mottenkiste neoliberaler Rezepte“ greifen, einsinnig sozialstaatliche Leistungen kürzen, Unternehmer und Geldbesitzer der Welt im Gegenzug mit Befreiung von Sozial-, Umwelt-, und sonstigen Auflagen sowie Steuern ködern etc. Zu solchen kurzsichtigen und vor allem kontraproduktiven Ansätzen kennen Gewerkschaften erfolgversprechendere Alternativen arbeitnehmerfreundlicher Politik.

      Deshalb bemühen sich die Gemeinwohlexperten von der Gewerkschaft um den Beweis, dass soziale Rücksicht deutsches Wachstum und deutsche Wettbewerbsfähigkeit stärkt: Mehr Geld in den Taschen von Beschäftigten, Arbeitslosen und Rentnern schafft ‚Binnennachfrage‘, die die deutsche Wirtschaft gut gebrauchen kann, um über ihre exportweltmeisterliche Exportabhängigkeit hinauszuwachsen. Und die Zufriedenheit, die das stiftet, ist selbst eine Produktivkraft der nationalen Gesamtbelegschaft: Der vorbildliche soziale Frieden ist ein Standortfaktor, den es unbedingt zu pflegen gilt. Außerdem wären die Kosten einer nachfrageorientierten Politik nach Keynes durchaus finanzierbar: durch das Wachstum, das sie auslöst, und mit Hilfe einer gerechteren Steuerpolitik, die die zur Kasse bittet, bei denen sich dieses Wachstum am ehesten als Bereicherung niederschlägt. Überhaupt müssen soziale Kosten kein Nachteil sein – wenn es nämlich dem deutschen Staat gelänge, den Nachteil, den diese Kosten dann doch darstellen, auch dem Rest der Welt in Gestalt von verbindlichen vorbildlichen Standards aufzudrücken: „Für einen gerechten Welthandel“ lässt der DGB seine Basis gegen das TTIP-Abkommen aufmarschieren, mit dem sich die deutsche Politik ihre Handlungsfreiheit beschneiden, also die Möglichkeit einer besseren Politik verbauen würde. Von dieser Handlungsfreiheit kann der deutsche Staat überhaupt nicht genug haben, muss seine soziale Wirtschaftspolitik doch die Konkurrenzfähigkeit des Wirtschaftsstandorts gegen die Konkurrenten sichern – z.B. die Wirksamkeit der sinnreichen Vorkehrungen, mit denen die deutschen Stahlkocher die von ihnen angewandte Arbeit rentabel machen: Denn das Wohl deutscher Stahlarbeiter gebietet, dass der deutsche Staat dem chinesischen gleichgerichtete Anstrengungen als ‚Lohndumping‘ verbietet und seinerseits wettbewerbsschädliche Klima- und Umweltgesichtspunkte fahren lässt. So viel ‚Herz aus Stahl‘ bringen DGB, Gesamtmetall und Wirtschaftsminister Gabriel glatt gemeinsam auf. Weil deutsche Arbeitsplätze immer dann bedroht sind, wenn deutsche Unternehmen und der Standort als Ganzes im harten internationalen Wettbewerb zu unterliegen drohen, geraten überhaupt alle Momente nationaler Politik in den gewerkschaftlichen Blick: eine zukunftsfähige Infrastruktur, eine Bildungspolitik, die den nötigen Wissensvorsprung deutschen Kapitals genauso sichert wie das Recht – lebenslänglich! – auf Weiterbildung für die fortschrittlichen Arbeitsplätze, die daraus entstehen sollen, usf. Unter dem Strich sorgen die schwierigen Bedingungen einer realistischen, auf Umsetzung zielenden, sozialeren Politik wie von selbst dafür, dass der DGB seinem guten Anliegen den nachgeordneten Stellenwert einräumt, den es braucht, um es voranzubringen.

      Mit solchen wohlmeinenden Alternativen löst der DGB seine Eintrittskarte in den Wettstreit um die richtige Wachstumspolitik. Die politische Stimme der Gewerkschaft hat ihren festen Platz, wann und wo immer die Frage gewälzt wird, wie die Nation ihre Drangsale am besten bewältigt. Neben ihrem geballten Sachverstand in allen gewichtigen Fragen werfen die Gewerkschaften noch ihre gesellschaftliche Bedeutung in den Ring und lassen sie bei geeigneten Anlässen, vorzugsweise am 1. Mai, von möglichst viel Fußvolk bezeugen. Diesen allesamt ungemein konstruktiven Anstrengungen trägt die deutsche Politik Rechnung und weist dem DGB die Rolle zu, als „manchmal auch unbequemer“ Dialogpartner überall den Gesichtspunkt der Arbeitnehmerfreundlichkeit einzubringen – so geht die endgültige Lösung der ‚sozialen Frage‘ vom Standpunkt des sozialen Staates. Das Angebot nehmen deutsche Gewerkschafter gerne an und führen den praktischen Beweis, dass die sozial Schwachen, die „den Staat am dringendsten brauchen“, an Deutschland genau das haben, was sie brauchen: ein Erfolgsmodell von Staat, der mit Wachstum für Beschäftigung, mit internationaler Durchsetzung für deren Sicherung und als soziale Gewalt für deren Aushaltbarkeit sorgt. Grund genug für die deutsche Gewerkschaft, auf ihren Beitrag dazu stolz zu sein:

      „Ohne Sozialstaat wäre das politische und ökonomische ‚Erfolgsmodell‘ Bundesrepublik nicht möglich gewesen! Und dieser Sozialstaat wiederum wäre ohne das Engagement von Millionen

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