Rom - eine Biografie. Stephan Elbern
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Auch hier wirkt die antike Legendenbildung: Die siegreiche Schlacht ist hinzugedichtet; tatsächlich musste Rom sein Überleben buchstäblich erkaufen. Ebenso unhistorisch ist die Überlieferung, Camillus habe den Umzug der Römer aus der zerstörten Stadt in das nahe Veji verhindert. Dennoch galt er der Nachwelt als zweiter Stadtgründer nach dem legendären Romulus sowie als „Vater des Vaterlandes“. Und ungeachtet aller sagenhaften Verklärung – seine militärischen Taten waren ein Meilenstein auf dem Weg zur römischen Herrschaft über Italien.
BAUTEN DER RÖMISCHEN FRÜHZEIT
An die legendenumwobenen ersten Jahrhunderte der Stadt erinnern Spuren einer eisenzeitlichen Siedlung auf dem Palatin (als „casa Romuli“ verehrt) sowie die Überreste der „Servianischen Mauer“; diese wurde erst nach dem Galliersturm errichtet, aber später dem mythischen König Servius Tullius zugeschrieben; ferner die ältesten Bauten auf dem Forum Romanum (u. a. der Dioskurentempel und das Heiligtum des Saturn). Vom etruskischen Kapitolstempel blieben lediglich einige Tuffblöcke unter dem Konservatorenpalast erhalten, der auch die Kapitolinische Wölfin bewahrt. Auch die Cloaca Maxima geht auf die Königszeit zurück, freilich zunächst als offene Rinne (die unterirdische Anlage entstammt wahrscheinlich dem 2. Jh. v. Chr.).
Aufstieg zur Weltmacht (295 – 133 v. Chr.)
Die Tempel der Area Sacra di Largo Argentina erinnern an die römischen Siege über Kimbern und Karthager.
In kaum mehr als einem Jahrhundert vollzog sich der Aufstieg Roms von einer mittelitalischen Regionalmacht zur unbeschränkten Herrin über den gesamten Mittelmeerraum. Wenige Ereignisse der Weltgeschichte haben Historiker und Philosophen so tief in ihren Bann gezogen; immer wieder forschte man nach den Ursachen dieser Entwicklung, ohne eine letztlich befriedigende Erklärung zu finden. Jedenfalls beruhten die römischen Erfolge auf einer einzigartigen Verbindung von militärischen Tugenden und politischer Klugheit; sie waren nicht das Werk eines einzelnen strahlenden Genius – wie die Begründung des Alexanderreiches – sondern die Leistung eines ganzen Volkes.
Zunächst wurden im Krieg gegen König Pyrrhos von Epeiros die süditalischen Griechenstädte unterworfen; danach begann das epochale Ringen mit der nordafrikanischen Handelsstadt Karthago um die Vorherrschaft im westlichen Mittelmeerraum in den drei Punischen Kriegen. Auch das militärische Genie Hannibals, dessen glänzender Sieg bei Cannae (216 v. Chr.) die Römer an den Rand der Niederlage brachte, vermochte das Schicksal seiner Vaterstadt nicht zu wenden. Nach dem Sieg Scipios d. Ä. bei Zama kannte Rom keine gleichrangigen Gegner mehr; die hellenistischen Großmächte Makedonien und Syrien wurden niedergeworfen, Nordafrika und Spanien erobert. Freilich zeigten sich bereits erste innere Konflikte und soziale Verwerfungen, die schließlich in das „Jahrhundert der Bürgerkriege“ münden sollten.
Ein Zauderer?: Fabius Maximus Cunctator
„Unus homo nobis cunctando restituit rem“ – „ein Mann hat uns durch sein Zaudern den Staat gerettet“ – so verkündete der Dichter Ennius den Ruhm des römischen Feldherrn, der mit einer durchdachten, wenn auch zunächst höchst unpopulären Strategie dem überlegenen Feldherrngenie Hannibals zu begegnen suchte. Um die Niederlage Karthagos im 1. Punischen Krieg (264 – 241 v. Chr.) zu rächen, vor allem aber der stetig wachsenden römischen Dominanz im westlichen Mittelmeerraum zu begegnen, war der punische Feldherr von der karthagischen Machtbasis in Spanien über die Alpen nach Italien gezogen und hatte am Ticinus und an der Trebia erste Siege erfochten (218 v. Chr.). Das folgende Jahr brachte eine weitere Katastrophe: Ein römisches Heer wurde am Trasimenischen See in einen Hinterhalt gelockt und vernichtend geschlagen. In dieser Notlage legten Senat und Volk die Kriegführung in die Hände eines Mannes – der erfahrene Militär Q. Fabius Maximus (gest. 203 v. Chr.) wurde zum Dictator gewählt.
Mit klarem Blick erfasste er die Situation: Unter der Führung Hannibals – der noch heute zu den größten militärischen Genies der Weltgeschichte gezählt wird – waren die karthagischen Truppen in offener Schlacht nicht zu bezwingen. Zudem stand der punische Feldherr im Feindesland und musste eine rasche Entscheidung suchen, da seine Truppen und Ressourcen durch den alltäglichen Verschleiß des Krieges immer mehr schwanden, während die Mittel der Römer auf eigenem Territorium wuchsen. Daher entschloss sich der Dictator zu einer zurückhaltenden Kriegführung: Er stellte sich nicht zur Schlacht, sondern bekämpfte kleinere punische Kommandos und bedrohte durch die Taktik der „verbrannten Erde“ die Versorgung von Hannibals Armee.
Dieser wiederum verwüstete – gleichsam vor den Augen der Römer – das südliche Italien; dabei schonte er freilich die Güter des Fabius und brachte diesen dadurch in Misskredit. Schon bald zeigte sich die Wirkung seiner Kriegslist; nach einem unbedeutenden Erfolg wurde der Stellvertreter im Kommando (der „Magister equitum“) gleichberechtigt an die Seite des Dictators gestellt. Schon bald ließ er sich von Hannibal zur Schlacht verleiten, wurde aber geschlagen und nur durch das Eingreifen des Fabius vor der völligen Vernichtung bewahrt. Reumütig kehrte er unter den Oberbefehl des Dictators zurück, der die bewährte Taktik zur Verärgerung des punischen Feldherrn weiterführte.
Das folgende Jahr sollte diese Entscheidung bestätigen: Denn der neu gewählte Konsul (das Amt des Dictators endete nach sechs Monaten) führte das römische Heer in die größte Katastrophe seiner Geschichte; am Abend von Cannae (2. 8. 216 v. Chr.) bedeckten 70.000 gefallene Römer das Schlachtfeld. Danach folgte man wieder der Strategie des Fabius, der noch mehrfach Kommandos im 2. Punischen Krieg übernahm: Man ging offensiv gegen die Bundesgenossen Hannibals vor; er selbst erhielt jedoch bis zu seinem Abzug aus Italien keine Gelegenheit mehr zu offener Feldschlacht.
Den endgültigen Sieg in diesem gewaltigen Ringen hat Fabius Maximus nicht mehr erlebt. Alle römischen Bürger steuerten eine Münze zur Bestattung bei – nicht wegen der Armut des Verstorbenen, sondern um den Mann zu ehren, der einst als „Zauderer“ (Cunctator) verspottet worden war, jetzt aber als der „Schild Roms“ galt.
Sieg über Hannibal: Scipio Africanus d. Ä.
Nach der Niederlage bei Cannae hatte die Zermürbungsstrategie der Römer gegen Hannibal weitere Katastrophen verhindert (s. Fabius Maximus Cunctator, (s. Fabius Maximus Cunctator, S. 26 f.), aber der Feind stand weiterhin ungeschlagen in Italien, das furchtbar unter den Verwüstungen des 2. Punischen Krieges litt. Da traf eine weitere Schreckensmeldung ein: Die beiden Feldherren in Spanien, zwei Brüder aus dem Haus der Scipionen, waren besiegt und gefallen, die Iberische Halbinsel bis zum Ebro verloren (211 v. Chr.). Angeblich wagte