Fünf ungleiche Reiter. Jannis B. Ihrig
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Читать онлайн книгу Fünf ungleiche Reiter - Jannis B. Ihrig страница 16
„Vorsicht, der Eindruck kann täuschen. Und es könnte ein Allesfresser sein“, warnte Ekarum. „Glaube ich nicht. Außerdem ist es ein Männchen“, erwiderte Gribus. „Und warum bist du dir da so sicher?“, fragte Boron. Statt zu antworten, hob Gribus das Drachenjunge hoch und zeigte seine Unterseite. Das erklärte alles. Ekarum sagte nun mit Schamröte auf den Wangen: „Nun, da die Geschlechtsfrage geklärt ist, was machen wir mit ihm?“ Gribus schlug vor: „Gehen wir erst mal zu Medikusius. Er liest viel. Vielleicht kennt er ja so ein Wesen.“
Später befand sich Gribus mit dem Drachen vor dem Haus von Medikusius, während die Blicke aller Zwerge, die sich auf der Straße befanden, auf ihm und dem Drachen ruhten. Zögernd hob Gribus die Hand und klopfte dann an die Tür des Elfenhauses, welches sich durch die hellen Steine von den Zwergenhäusern, die aus grauem Gestein gebaut waren, abhob. Einige Minuten vergingen, bis sich die Tür öffnete und die schlanke Gestalt von Medikusius sichtbar wurde. „Gribus! Schön dich zu sehen.“ Dann sah er den Drachen. Sein Gesicht entgleiste und er erstarrte. Erst als Gribus ihn besorgt anstupste, kam wieder Bewegung in ihn. „Das kann nicht sein. Und dennoch sehe ich es mit meinen eigenen Augen. Gribus, komm schnell herein. Ich habe dir eine Menge über deinen kleinen Freund zu erzählen.“
Nun saß Gribus in einem Sessel in Medikusius’ Wohnzimmer. Der Drachenjunge lag neben den warmen Kamin und aß eine Rübe, die ihn der Elf gegeben hatte. Der Elf selber brachte gerade Bergbier herein. Er stellte das Tablett mit den beiden Bechern auf einen Tisch ab und setzte sich dann in einen zweiten Sessel. Zögernd fing er an zu sprechen; „Ich weiß nicht so ganz, wo ich anfangen soll.“
„Dann sagt doch erst mal, was für ein Wesen das ist“, schlug Gribus vor. „Okay. Wie du schon vielleicht erkennen konntest, ist es ein Drache, wenn auch ein außergewöhnlicher. Er gehört der ausgestorben geglaubten Art der Schwarzen Vegetarier an.“
„Schwarze Vegetarier?“
„Ja. Sie sind beziehungsweise waren die einzigen Drachen, die sich ausschließlich von pflanzlicher Nahrung ernährten. Sieh dir die Krallen an! Sie dienen nicht dazu, um Beute zu reißen, sondern um zum Beispiel Knollen auszugraben.“
„Du hast Recht. Doch du sagtest, sie wären ausgestorben“, fragte Gribus nach. „Ja. Aber ich fange am besten von vorne an. Diese Drachen waren keine wildlebenden Tiere, sondern eine Züchtung der Elfen. Die Elfen wollten Wesen, die die Weisheit der Drachen hatten, aber auch friedlich und freundlich waren. Das hatten sie auch geschafft, zum Teil zumindest. Die Schwarzen Vegetarier wurden die besten Gefährten der Elfen. Sie waren Gelehrte, Mentoren, aber auch Kämpfer.“ Gribus fragte nochmal nach: „Du sagtest aber, sie wären friedlich gewesen.“
„Das stimmt. Sie waren friedlich. Wenn man aber kämpfen musste, so taten sie es wie die Elfen. Auch wenn sie Pflanzenfresser waren, konnten sie sehr gefährlich werden. Ihr giftiger Atem, etwas, was sie von ihren Vorfahren, den Sumpfdrachen, geerbt hatten, ätzte ganze Armeen weg. Und mit ihren Geisteskräften konnten sie selbst die mächtigsten Magier besiegen.“
„Geisteskräfte?“, fragte Gribus nach. Medikusius nickte: „Ja, sie besaßen die Fähigkeiten der Telepathie und der Telekinese.“
„Wenn sie so mächtig waren, warum sind sie dann ausgestorben?“ Das Gesicht des Elfen bekam einen traurigen Ausdruck: „Es geschah während des Kontinentalkrieges. Im Kampf hatten die Schattenelfen den Schwarzen Vegetariern nichts entgegen zu setzen. Deshalb griffen sie zu einem heimtückischen Mittel: dem schwarzen Tod. Es war eine fürchterliche Krankheit. Die armen Drachen bekamen überall Beulen, die extrem empfindlich waren und schmerzten, wenn sie mit etwas in Berührung kamen.“ Gribus war entsetzt: „Schrecklich!“
„Ja, das war es. Und selbst die Lichtmagier verzweifelten an dieser Krankheit.“ Nun schwiegen der Elf und der Zwerg.
Gribus ergriff als Erster wieder das Wort: „Danke, dass du mir das erzählst hast. Eine Frage hätte ich jedoch: Was soll ich mit dem Drachen machen?“ Medikusius lächelte dankbar für den Themawechsel und antwortete mit einer Gegenfrage: „Hast du schon mit den Gedanken gespielt, ihn zu behalten?“ Gribus nickte: „Ja, ich mache mir jedoch Sorgen um das Geld für die Rüben. So ein Drache isst vermutlich eine ganze Menge.“ Medikusius beruhigte ihn: „Die Schwarzen Vegetarier sind genügsame Esser. Na, dann ist es ja geklärt. Heute ist es schon spät. Morgen aber komme ich zu euch und werde dir helfen, alles für den Drachen einzurichten.“
15. Kapitel – Die Wüstenkönigin
Irgendwo in der Wüste
Morgen des sechsten Tages nach dem Fall von Erlin
Dunkelheit. Nur Erwins’ Licht durchdrang sie. Einen ganzen Tag schon irrte er durch dieses riesige Tunnelsystem. Mehrmals war er schon auf unsichtbare Riesenkäfer gestoßen, die er aber dank seiner Lichtmagie aufspüren und besiegen konnte. Seine Robe war von Schweiß und Blut, glücklicherweise war es nicht seins, durchtränkt. Immer mehr litt er und der laufende Tintenfisch unter dem Hunger. Durst hatten sie dank des Geruchssinns des schon kalbgroßen Tintenfischs, der sie direkt zu einer unterirdischen Quelle führte, nicht. Doch der Hunger war so schlimm, dass Erwin sogar mit dem Gedanken gespielt hatte, einen der Riesenkäfer auszuweiden. Als er es jedoch in Angriff nehmen wollte und einen mit seinem Allzweckwerkzeug Licht aufschnitt, reichte ein Blick hinein, um ihn klar zu machen, dass er so hungrig doch wieder nicht war. Als hätte das Licht seine stummen Klagen bemerkt, weitete sich der Tunnel und mündete in eine große Höhle. Erwin traute seinen Augen nicht und die Glubscher des Tintenfischs traten hervor. Die Höhle, in derern Deckenmitte durch einen meterlangen Schacht Sonnenlicht hinein schien, war in zwei Hälfte geteilt. Die linke Hälfte bestand nur aus Sand. Die andere genauso große war dafür umso fruchtbarer. Es war eine Wiese mit mehreren Bäumen, die von einem Fluss, der in einen kleinen See mündete, bewässert wurde. Die Bäume waren mit Früchten, die Erwin noch nie zuvor gesehen hatte, beladen. Doch das Seltsamste und zugleich Schönste war ein schlankes und mittelgroßes Wesen, das zwischen den Bäumen stand. Es war eine junge Elfin. Und eine wunderschöne dazu. Sie hatte feuerrotes Haar und schneeweiße Haut. Ihre Augen glühten grün und ihre Lippen waren ebenso rot wie ihr Haar. Bekleidet war sie nur mit einem blauen Tuch, das sich um ihre Hüfte schmiegte. Ihr Oberkörper war frei, was Erwin die Schamröte auf die Wangen trieb. Sie kam lächelnd näher und als sie vor ihm stand, fing sie mit honigsüßer Stimme an zu sprechen: „Willkommen in meinem Hain, Reisender. Ich bin die Wüstenkönigin Marella. Und wer bist du?“ Erwin stotterte heftig: „Erwin.“ Marella lächelte noch mehr, fasste ihn an den Arm und flüsterte ihm ins Ohr: „Komm Erwin. Lass uns unter den Bäumen wandeln.“ Dann zog sie ihn in Richtung des Hains. Zurück blieb ein verlassener Tintenfisch. Dieser war deprimiert, weil