Typen und Temperamente. Reinhold Ruthe

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Typen und Temperamente - Reinhold Ruthe

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Ziele erkennen!

      Mit der Einsicht, an den inneren und zwischenmenschlichen Problemen zu arbeiten, ist ein weiterer Schritt verbunden. Es geht darum, die unbewussten und in der Regel nicht verstandenen Ziele dieser problematischen Verhaltensmuster zu erkennen.

      Im Alten Testament heißt es in den Sprüchen: »Der Mensch hält alles, was er tut, für richtig; Gott aber prüft die Beweggründe« (Sprüche 16,2). Im Klartext heißt das:

       Wir rechtfertigen uns,

       wir reden uns heraus,

       wir verstehen es, uns reinzuwaschen,

       wir sehen als richtig an, was wir uns angewöhnt haben.

      Gott stellt sich uns in den Weg. Er prüft unsere Rechtfertigungen. Er nimmt die Beweggründe und Motive unter die Lupe. Um uns selbst und unseren Motiven auf die Spur zu kommen, helfen vielleicht folgende Fragen weiter:

       Wozu tue ich das?

       Was will ich mit dieser Einstellung erreichen?

       Wer reagiert wie und auf welche Weise auf meine Strategien?

       Wann setze ich diese problematischen Muster ein?

       Wo demonstriere ich Überlegenheit, Rechthaberei, Macht, Zwang, Manipulation, Vergeltung, Hilflosigkeit, Schwäche oder Erpressung?

       Welche fehlerhaften und sündhaften Ziele erkenne ich selbst?

       Welche Sünde verdeutlicht meine Persönlichkeitsstruktur am ehesten?

      Können wir eine oder zwei negative Verhaltensweisen präzise benennen, dann können wir sie auch konkret ins Gebet nehmen. Ein Umwandlungsprozess kann beginnen.

       Denkanstoß Nr. 5:

       Gott schenkt Wollen und Vollbringen!

      Im Philipperbrief wird die Veränderung in der Kraft Gottes hilfreich formuliert:

      »Arbeitet an euch selbst in der Furcht vor Gott, damit ihr gerettet werdet! Ihr könnt es, denn Gott gibt euch nicht nur den guten Willen, sondern er selbst arbeitet an euch, damit seine Gnade bei euch ihr Ziel erreicht« (Phil. 2, 12.13).

      Deutlich wird hier der eigene Wille und die eigene Arbeit an der Persönlichkeit angesprochen. Dieses Wollen wird gestärkt und belohnt. Gott ist mit seinem Geist am Werk, damit wir aus ihm und in ihm leben und eine Gesinnungsänderung auf vielen Gebieten Frucht bringt.

      Therapeutische Seelsorge deckt fragwürdige Motive, lieblose Interaktionsmuster, sündiges Denken und Schuld im Umgang mit Mitmenschen auf. Wer dann Sünden erkennt und bekennt, der erfährt auch eine Befreiung von schlechten Gewohnheiten und problematischen Denkmustern.

       Denkanstoß Nr. 6:

       Gott hat Geduld mit uns!

      Es gibt Veränderungen, die sich von heute auf morgen durchschlagend auswirken. Die Erkenntnis von Schuld und das Bekenntnis vor Gott verändern Menschen radikal. Eine einschneidende Umgestaltung ist sichtbar.

      Es gibt aber auch viele Persönlichkeitsveränderungen, die Monate und Jahre in Anspruch nehmen. Rückfälle gehören zur Tagesordnung. Der viel zitierte »alte Adam«, der durch »tägliche Reue und Buße ersäuft werden muss«, wie der Reformator Luther beschrieb, ist ein zäher Bursche. Er erwacht immer wieder zu neuem Leben und tyrannisiert unseren Alltag. Martin Luther charakterisiert diesen »Schweinehund« so: »Sieh an, das Biest kann schwimmen!«

      Bestimmte Gewohnheiten und Erfahrungsmuster sind so feste Bestandteile unserer individuellen Persönlichkeit geworden, dass wir sie brauchen wie das tägliche Brot. Wir wollen sie gern ablegen und können gleichzeitig nicht auf sie verzichten. Wir wollen sie korrigieren und sind doch an sie gebunden. Jesus fragt nicht umsonst einen Langzeitkranken: »Willst du gesund werden?« Gesundheit und ganzheitliche Heilung verlangen ein rückhaltloses Ja zur Veränderung. Jede Einschränkung dieser Willensentscheidung stellt eine Umkehr in Frage.

      Paulus weiß um diesen inneren Kampf, wenn er schreibt: »Denkt daran, wie ihr euch früher bewährt habt, gleich nachdem ihr die Wahrheit kennen gelernt hattet. Damals musstet ihr einen langen und harten Kampf bestehen … Werft euer Vertrauen nicht weg; denn eine große Belohnung wartet auf euch, wenn ihr treu bleibt. Ihr müsst standhaft bleiben und tun, was Gott will« (Heb. 10,32.35–36).

       Persönlichkeitsstruktur als Charisma

      Unsere unterschiedlichen Persönlichkeitsstrukturen sind Gaben und Aufgaben zugleich. Jede Persönlichkeitsstruktur beinhaltet ein besonderes Charisma.

       Was sind Charismen?

      Abgeleitet ist Charisma von »charis« (Gnade). Gnade ist die Gunst, die Gott uns zuwendet. Gottes Gnade beschenkt uns mit Gnadengaben. Luther sagt im Katechismus, dass »wir mit seinen Gaben erleuchtet« sind. Gottes Gaben sind uns überreichte Geschenke, die wir in Anspruch nehmen und anwenden dürfen. Im Leib Christ, in der Gemeinde Jesu ist jedes Glied zum Dienst gerufen. Ein inaktives, funktionsuntüchtiges Glied ist im menschlichen Leib undenkbar. Ebenso ist es in der Gemeinde Jesu. Das »allgemeine Priestertum« der Gläubigen beinhaltet, dass jedes Gemeindeglied seine Dienstverpflichtung empfindet und wahrnimmt. Jeder Christ mit seiner Persönlichkeitsstruktur stellt sich mit seinen natürlichen und übernatürlichen Gaben und Fähigkeiten zur Verfügung.

      Der Theologe Rudolf Westerheide unterscheidet »natürliche« und »supranatürliche« Gaben des Geistes, wenn er schreibt:

      »Es gibt viele ›natürliche Geistesgaben‹. Dabei handelt es sich um natürliche Veranlagungen, die in den Dienst des Herrn gestellt und an der Bibel geschult, geheiligt und somit zu geistlichen Gaben werden. Es ist die Aufgabe der Gemeinde, bei dem Einzelnen solche natürlichen Gaben zu entdecken und zu fördern. Es gilt dann, an ihnen zu arbeiten, sie zu verstärken und sie durch die Heiligung zu korrigieren. Letzteres ist besonders wichtig, damit die Gaben nicht zur Selbstdarstellung der Persönlichkeit verwandt werden, sondern wirklich der Gemeinde zugute kommen …«1

      Auch der charismatische Theologe Larry Christenson spricht von Charismen des Heiligen Geistes und natürlichen Begabungen:

      »Zwischen den Gaben des Heiligen Geistes und natürlichen Begabungen wird nicht immer deutlich unterschieden. Natürliche Begabung und charismatischer Dienst können durchaus ineinander greifen, obwohl das nicht notwendigerweise so sein muss. Manchmal schenkt der Heilige Geist jemandem eine Gabe, die gar nicht dessen natürlicher Begabung zu entsprechen scheint.«2

      Das heißt für uns:

       Die natürlichen Veranlagungen werden in den Dienst der Gemeinde gestellt.

       Die jeweilige Persönlichkeitsstruktur eines Menschen, die Gott zugelassen hat, wird für das Gemeindeleben fruchtbar gemacht.

       Die Charaktereigenarten, die die Originalität jedes Menschen

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