Drogen. Barbara Gegenhuber
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Selbstgesteuerte Ausstiegsverläufe
Recovery-Orientierung in der Suchthilfe
SCHADENSMINIMIERUNG UND SAFER USE
KINDER AUS SUCHTBELASTETEN FAMILIEN
PRÄVENTION BEI KINDERN UND JUGENDLICHEN
VORWORT
In den USA der 1920er- und frühen 1930er-Jahre blüht der illegale Verkauf und Handel von Alkohol dank der von der Regierung verordneten Alkoholprohibition. Die organisierte Kriminalität mit berühmten Vertretern wie Al Capone oder Lucky Luciano beherrscht den Handel mit der Substanz, die der Staat verboten hat, die Bevölkerung sich aber nicht nehmen lassen will. Nach dem Eingeständnis des Scheiterns der Prohibition im Jahr 1933 gerät eine andere Substanz ins Visier der amerikanischen Behörden. Harry J. Anslinger trieb als Chef des Federal Bureau of Narcotics den Kampf gegen psychoaktive Substanzen voran, vor allem gegen Cannabis und Opiate. Anslinger war ein strenger Verfechter des Drogenkriegs und der festen Überzeugung, dass repressive Maßnahmen gegen den Drogenkonsum wirksam seien.
Nordamerika, Mexiko oder die Philippinen, aber auch viele anderen Staaten der Welt, vertreten viele Jahrzehnte später immer noch die Überzeugung, dass mit kontrollierenden und reglementierenden Maßnahmen dem Drogenproblem beizukommen sei, obwohl alle wissenschaftlichen Erkenntnisse gegen deren Wirksamkeit sprechen. Im Gegenteil, Nordamerika steht derzeit vor der bisher größten Opioid-Krise aller Zeiten, die Gefängnisse sind voll von Menschen, die in den „War on Drugs“ involviert sind, und eine Verbesserung ist nicht in Sicht. Obwohl die Drogenpolitik im westlichen Europa weit fortgeschrittener ist, ist auch hierzulande die Meinung, dass Prohibition, Kriminalisierung und Kontrolle das Drogenproblem lösen könnte, weit verbreitet. Doch Verbote und Ausschluss sind genau das, was Menschen mit einer Suchterkrankung nicht nur nicht hilft, sondern, wie im Fall von anderen marginalisierten Gruppen auch, sogar eher kontraproduktiv ist. Inklusivere Konzepte und Vorgehensweisen brauchen mehr spezifisches Know-how und aktuelles Wissen über die Erkrankung, um bestehenden Vorurteilen entgegenzutreten.
Der „War on Drugs“ ist nur ein Beispiel für die auf Vorurteilen und falsche Annahmen beruhenden Maßnahmen, die rund um das Thema Drogen getroffen werden. Im Zuge meiner langjährigen Arbeit mit Abhängigen war ich in meinem Umfeld immer wieder mit denselben Ängsten, Mythen und Vorurteilen über Suchtkranke konfrontiert. Dieselben Fragen, dieselben falschen Annahmen, dieselben Sorgen und Befürchtungen. Ich habe aber auch die Erfahrung gemacht, dass mit zunehmendem Wissen über die Erkrankung das Verständnis für die Betroffenen steigt, die Auseinandersetzung mit der Thematik hilft Vorurteile abzubauen. Es gibt im Allgemeinen wenig Verständnis für Drogenkranke, zumindest so lange, bis sich jemand näher mit ihnen auseinandersetzt und versucht, die Dinge zu hinterfragen und zu verstehen. Die unter dieser Situation Leidenden sind zuallererst die Abhängigen selbst, die kaum eine Lobby haben und nur sehr selten ein Sprachrohr, um sich Gehör zu verschaffen. Gibt es in den Medien Schlagzeilen über Süchtige, sind diese meist negativ, weil es oft nur um Dealer in U-Bahn-Stationen und Beschaffungsdelikte geht. Selten gibt es Berichte über die Menschen dahinter, selten geht es darum, wer sie sind und wie es ihnen geht.
Dieses Buch soll einige weitverbreitete Annahmen über Drogen und deren Konsument*innen hinterfragen und zurechtrücken sowie Betroffenen und Angehörigen, aber auch anderen an der Thematik interessierten Personen, Informationen bereitstellen, die zu einem anderen Blick auf Sucht und Suchtkranke führen können. Es bietet einen Überblick zu einer breiten Auswahl von Themenbereichen, die mit dem Konsum psychoaktiver Substanzen in Verbindung stehen. Welche unterschiedlichen Formen des Konsums gibt es, wieso werden manche Menschen abhängig und andere nicht, welche Folgen hat die Abhängigkeitserkrankung und wie kommt der oder die Süchtige da wieder heraus? Mythen, wie der eine Tropfen Alkohol, der unweigerlich wieder in die Sucht führt, werden genauso hinterfragt wie die verbreitete Annahme, dass Cannabis eine Einstiegsdroge sei. Dazu werden wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse sowie praktische Erfahrungen aus meiner langjährigen Arbeit mit Suchtkranken innerhalb und außerhalb des Gefängnisses aufbereitet. Ergänzend runden Lebensgeschichten und Erfahrungen von Betroffenen selbst das Bild ab. An dieser Stelle möchte ich mich herzlich