Heilbuch der Schamanen. Felix R. Paturi

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Heilbuch der Schamanen - Felix R. Paturi

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Jahrhunderts verspürte daher kaum ein Ethnologe den unbändigen Drang, ernsthaft selbst Schamanismus zu praktizieren. Den einen galt er als gotteslästerlicher Aberglaube, den anderen als primitiver, unwissenschaftlicher Nonsens, den man unmöglich ernst nehmen konnte.

      Südamerikanische Indianer weisen den Weg

      Die Wende trat in den Jahren 1956/57 ein. Der amerikanische Ethnologe Michael Harner begegnete im Zug seiner Feldarbeit im Urwald von Ecuador am Ostfuß der Anden Schamanen der Jivaro-Indianer. Als er vier Jahre später am oberen Amazonas die Conibo-Indianer besuchte und erneut mit schamanischen Praktiken konfrontiert wurde, begann ihn das Thema ernsthaft zu interessieren.

      Ein Selbstexperiment mit Folgen

      Harner nahm das Angebot der Conibos an, ihn in die schamanische Praxis einzuführen. Dazu verabreichten sie ihm ein hoch konzentriertes Ayahuasca-Gebräu, den Absud einer Urwaldliane, eine der wirksamsten halluzinogenen Drogen. Der Wissenschaftler geriet daraufhin in eine Tieftrance. Wahrscheinlich hätte er seine Erfahrung als Drogenrausch abgetan, wenn ihm nicht tags darauf ein blinder alter Schamane seine Tranceerlebnisse genau geschildert hätte.

       Eine ähnliche Erfahrung machte Harner 1964 bei einem erneuten Besuch der Jívaro-Indianer. Nach dem Genuss eines halluzinogenen Datura-Getränks sah er u. a. kleine, rote, grinsende Dämonenfratzen. Später zeigte ihm ein Missionar prähistorische Tonscherben, die mit fast identischen Figuren verziert waren, wie er sie in seiner Vision erblickt hatte.

      Der Gebrauch halluzinogener Drogen ist vor allem bei den Indianern in Süd- und Mittelamerika verbreitetet.

      Die Entstehung des »Core Shamanism«

      Diese Erlebnisse veranlassten den Ethnologen, sich ausschließlich dem Forschungsgebiet des Schamanismus zu widmen.

       Bei den Schamanen der Wintun- und Pomo-Indianer in Kalifornien, den Küsten-Salish in Washington und den Lakota-Sioux in South Dakota lernte er, wie man auch ohne Gebrauch halluzinogener Drogen schamanisch arbeiten kann. Auffällig war und ist, dass sich die Praktiken der Schamanen bei verschiedenen Stammesvölkern in aller Welt zwar äußerlich in vielem voneinander unterscheiden, dass allen aber auch bestimmte Techniken gemein sind. Auch gleichen die Erlebnisräume auf schamanischen »Trancereisen« einander weitgehend.

       Die gemeinsamen Elemente fasste Michael Harner als »Core Shamanism«, zu Deutsch »Kernschamanismus«, zusammen.

      Schamanen gibt es bei allen Stammesvölkern der Welt: bei den Eskimos ebenso wie bei den Indianern, in Schwarzafrika, Ozeanien und Australien, in ganz Asien, Nord- und Südosteuropa sowie bei der japanischen Urbevölkerung, den Ainu.

      Die Foundation for Shamanic Studies

      Harner leitet heute die bedeutende, international wirkende Foundation for Shamanic Studies, die u. a. von der Rockefeller- Stiftung unterstützt wird. In Zusammenarbeit mit der berühmten Moskauer Lomonossow-Universität brachte sie wichtige Forschungsprojekte mit Stammesschamanen in der Mongolei und in Sibirien in Gang. Harner und zahlreiche seiner Schüler unterrichten den von stammesspezifischen Vorstellungen und Ritualen weitgehend befreiten Schamanismus in vielen Teilen der Welt.

      Der schamanische Bewusstseinszustand

      Um uns dem Phänomen des schamanischen Bewusstseinszustands zu nähern, eignet sich ein Beispiel aus der modernen Alltagswelt: die so genannte Autobahnhypnose.

       In diesem Zusammenhang berichten die Akten der ADAC-Verkehrspsychologen in einem Fall von einem Autofahrer, der abends auf der kaum befahrenen Autobahn ohne ersichtlichen Grund plötzlich eine Vollbremsung vollführte und damit einen schweren Verkehrsunfall verursachte. Bei der folgenden Gerichtsverhandlung beteuerte er, vor seinem Wagen sei eine Kuh quer über die Fahrbahn gelaufen. Hätte er nicht scharf gebremst, wäre er unvermeidlich mit ihr zusammengestoßen. Sein Gegner bezeichnete das als bizarre Schutzbehauptung. Von einer Kuh sei weit und breit nichts zu sehen gewesen.

       Dennoch glaubte der Verkehrsrichter, gestützt auf die Begründung der Experten, den Beteuerungen des Angeklagten. Verkehrspsychologen sind solche Fälle längst nicht mehr neu.

      Im Gehirn des Autofahrers können besondere Sinneseindrücke einen tranceartigen Zustand hervorrufen, für den allerdings der Begriff »Hypnose« bei weitem übertrieben ist. Schließlich kann der Fahrer sein Auto noch ganz bewusst lenken.

      Ein rätselhaftes Phänomen

      Ein ähnlicher Unfall ereignete sich, weil ein Autofahrer bei Einbruch der Dämmerung drei Elefanten die Autobahn überqueren sah, die selbstverständlich nur in seiner Vorstellung existierten. Der Mann am Steuer ging davon aus, die Tiere seien aus einem Wanderzirkus in der Nähe ausgebrochen.

       Noch spektakulärer mutet in diesem Zusammenhang die Aussage eines Fahrers an, vor ihm wäre, etwa einen Meter über dem Boden, ein Haus über die Autobahn geschwebt. Gemeinsam war allen Fahrern, dass sie weder übermüdet am Steuer saßen, noch alkoholisiert waren oder unter Drogeneinfluss standen.

       Verkehrspsychologen erklären die Autobahnhypnose so: Der Fahrer ist entspannt und in nicht allzu hoher Geschwindigkeit auf fast freier Strecke unterwegs. Um sich die Fahrt im Zwielicht zu erleichtern, nimmt er den unterbrochenen weißen Trennstreifen zwischen rechter und linker Fahrspur »zwischen seine Beine«. Die Scheinwerfer strahlen diesen an, was einen rhythmischen Lichtwechsel zwischen hell und dunkel hervorruft.

      Die Arbeit des Gehirns

      Im Gehirn des Autofahrers, der einer Autobahnhypnose unterliegt, spielt sich etwas im Grunde Alltägliches ab. Um das zu verstehen, muss man wissen, dass unser Gehirn ständig elektromagnetische Wellen erzeugt, so genannte Hirnströme. Ihre Frequenz und Kurvenform, die man in einem Elektroenzephalogramm (EEG) sichtbar machen kann, bilden die Arbeit des Gehirns ab. So verursacht angestrengtes Rechnen beispielsweise völlig andersartige Kurven als körperliche Arbeit, Tiefschlaf andere als Traumschlaf, Freude andere als Hass, entspannte Ruhe andere als tiefe Meditation. Ein erfahrener Gehirnneurologe kann allein aus dem EEG ziemlich genau darauf schließen, mit was ein Mensch gerade beschäftigt war oder was er fühlte, als die Kurven aufgezeichnet wurden.

      Auch der Hautwiderstand ist eine Größe, die je nach Gemütsverfassung variiert. Mikroelektronische Messungen haben ergeben, dass der Hautwiderstand bei tiefer Entspannung stark ansteigt, bei schamanischer Arbeit aber auch sinken kann.

      Wie eine Trance herbeigeführt wird

      Eine ganz bestimmte Kurvenform ist charakteristisch für Trancezustände, wie sie etwa bei einer Zen-Meditation oder auch im schamanischen Bewusstseinszustand auftreten. Sie bildet sich in einem EEG mit einer fast reinen Sinusschwingung in einer Frequenz von etwa drei bis sieben Hertz ab. Und genau diese monotone Schwingung wird dem Gehirn auch durch die oben beschriebenen Lichtreize zugeführt, die eine Autobahnhypnose auslösen können. Unvermittelt und vom Fahrer meist unbemerkt passen sich seine Gehirnströme diesem äußeren Einfluss an. Der Fachmann spricht bei diesem Anpassungsprozess davon, dass das Gehirn »getriggert« wird. Auf diese Weise gerät man in Trance. Dieser Prozess kann allerdings nur einsetzen, wenn man zuvor schon relativ entspannt war, sich das Gehirn bereitwillig von außen führen lässt und keine anderen, wichtigeren Aufgaben zu erfüllen hat.

       Denn wer beim Autofahren gerade an die bevorstehende

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