Eine verborgene Welt. Alina Tamasan
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Alina Tamasan
Gniri Noromadi
Eine verborgene Welt
Band 1
Engelsdorfer Verlag
Leipzig
2014
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Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;
detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.
Copyright (2014) Engelsdorfer Verlag Leipzig
Alle Rechte beim Autor
Covergestaltung Winfried Dung
Hergestellt in Leipzig, Germany (EU)
Inhaltsverzeichnis
Auf der Wiese (Rì-thìnia-tuth haas)
Tanz am Feuer (Mès-mès-m!-òrit)
In der Psychiatrie (Giri-ù thra-ha)
In der Zivilisation (Màr-nok | hoar-hoàriits)
In der Elfenhöhle (Ir-thra paar | dh’Ililya)
Im Maulbeerbaum (Isìk-thaar huur)
In der Hoffnung, dass … (Merk-nour | wàtheri)
Die große Versammlung (Chia-hat | za -zàwghri)
Auf der Wiese (Rì-thìnia-tuth haas)
So sehr sie sich ihre langen spitzen bekrallten Finger auch schrubbte, die braunen Verfärbungen gingen einfach nicht ab. Finilya betrachtete skeptisch ihre sehnigen Hände. Dabei dachte sie an ihre Mutter Irukye, die der Ansicht war, dass nur eine saubere Frau eine gute Frau war. Sie konnte wirklich nichts dafür. Sie arbeitete nun einmal jeden Tag mit Erde, und das, so hatte ihr auch die ortsansässige Heilerin gesagt, sei normal: ‚Die Haut erhält die Farbe dessen, womit du arbeitest.‘
„Ah, was mühe ich mich ab? Es hat doch sowieso keinen Sinn“, murmelte die junge Frau in der Singsangsprache ihres Volkes, einer Spezies von Naturwesen, die sich Gniri nennt. Sie wischte ihre Finger am trockenen Moos ab und fuhr sich durch das Haar. Die schwer definierbare Farbe ihres Haars mit seinen verschieden farbigen Strähnen – auch wieder so etwas, das eine hübsche Gnirifrau im heiratsfähigen Alter nicht haben durfte. Gerade erst vor zwei Tagen hatte ihre Mutter sie dazu überreden wollen, sie sich zu färben. Woher diese schlammige Haarfarbe stammte, das hatte Irukye ihr eisern verschwiegen.
„Finilya, wo bleibst du denn?“ Die junge Frau zuckte zusammen und sah für einen kurzen Moment in ihr erschrockenes Gesicht, das von der Wasserfläche des irdenen Kruges widergespiegelt wurde. Mit einer beiläufigen Bewegung schüttete sie das gebrauchte Wasser, das sie in einer Holzschale für sich abgeschöpft hatte, aus dem Fenster. Draußen machte es laut platsch. Sie richtete kurz ihre großen spitzen Ohren auf und horchte. Als die Stimmen der Beschwerde auslieben, nickte sie und eilte zur Feuerstelle, wo sie sich neben ihrem Vater und ihren zehn Geschwistern niederließ. Inmitten der knisternden Flammen brodelte Suppe in einem Kessel. Aufeinander gestapelte Holzschalen lagen auf der Erde. Finilya verteilte sie schnell. Ihre Mutter fuhrwerkte in einer Ecke des Raums herum, die im Dunklen lag. Aber das machte der alten Frau nichts, auch in ihrem Alter hatte sie noch Augen wie ein Luchs.
„Die Suppe ist fertig“, murmelte sie und trat mit einer Kelle an den Kessel. Sofort hielten ihr alle Familienmitglieder ihre Schalen hin. Irukye befüllte sie nach einem bestimmten System: Zuerst kam ihr Mann an die Reihe, er war das Oberhaupt der Familie, dann waren die Kinder dran, zuerst die Kleinsten. Finilya half, sie zu versorgen. Sie verteilte einen hellen mehligen Brei aus einem Tiegel, den sie von Irukye erhielt.
„Schau, was für ein schönes Mädchen du geworden bist“, lobte ihr Vater Rìa sie stolz.
„Schön?“ Irukye hob skeptisch eine Augenbraue, „wohl