Auf allen Pfaden Neuland. Thorvald Svensson
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Eine andere Variante ist der Weg von Beerheide über die Talsperre Muldenberg nach Schöneck, zurück mit der Bahn, von Beerheide zur Talsperre Falkenstein und in Falkenstein den Bus besteigen.
Eine völlig andere Richtung bietet das Göltzschtal, zunächst benutzt man die Straße von Reichenbach nach Obermylau und erreicht in Friesen einen Wanderweg ins Göltzschtal mit der größten Ziegelbrücke Europas, die den Flussnamen trägt. Malerisch über Felsen hoch über dem Fluss erreicht man Greiz. Im Greizer Park findet im Schlosspalais alljährlich eine Karikaturen-Ausstellung statt, die mich, besonders zur Wendezeit, schon immer begeistert hat. In den letzten Jahren jedoch hat das Hochwasser mehrmals zugeschlagen und das Palais schwer beschädigt, sodass die Ausstellung im kleineren Rahmen in der 1. Etage stattfindet. Am Park befindet sich der westliche Teil des bereits oben beschriebenen Werdauer Waldes, hier könnte der interessierte Wandersmann mindestens eine Woche laufen.
Von Greiz aus lässt sich aber auch das Elstertal flussaufwärts erkunden, welches, wie das Göltzschtal, ebenfalls mit einer Ziegelbrücke gekrönt wird. Ein reizvolles Seitental des Elstertales schuf das Flüsschen Trieb, dessen Oberlauf angestaut wird und die Pöhler Talsperre bildet, ein im Vogtland bekanntes Naherholungsgebiet. In späteren Unternehmungen erkundete ich noch das Quellgebiet der Trieb, einst gab es in Bergen/Vogtland eine Jugendherberge, die ich mehrmals für Übernachtungen nutzte und Touren über Werda zur Talsperre Muldenberg, nach Falkenstein, Schöneck und Klingenthal wanderte. Fuhr man beide Strecken mit dem öffentlichen Nahverkehr, boten sich Orte, wie Adorf, der Kurort Bad Elster, Erlbach und Markneukirchen an. Es ist ein Musikwinkel, ein Museum in Markneukirchen zeigt die Tradition der Musikinstrumentenfertigung, Bandonions werden bis nach Argentinien geliefert und das Akkordeon-»Weltmeister« ist jedem ein Begriff.
Die bäuerliche Lebensweise des oberen Vogtlandes wird im Museum Landwüst näher gebracht. Eine Übernachtung in einer Jugendherberge zu buchen, wäre mir um ein Haar zum Verhängnis geworden. Ich fuhr mit der Bahn nach Bad Brambach, bemerkte jedoch zu spät, dass ich meinen Personalausweis vergessen hatte. Eine Kontrolle der Polizei auf dem dortigen Bahnhof ließ es mir, wie Schuppen, von den Augen fallen. Man nahm mich mit auf das Präsidium, ich musste mich, bis auf die Unterwäsche, ausziehen und konnte gerade noch erklären, dass ich für meinen Kollegenkreis im Hotel »Goldener Anker« in Reichenbach unterwegs war. Ein Telefonat klärte die Angelegenheit, somit war ich kein DDR-Flüchtling, mir fiel ein Stein vom Herzen, denn nach einem langen Verhör war ich mir selbst nicht mehr sicher. Die Beamten fuhren mich dann noch in die besagte Herberge.
Ein weiteres Missgeschick widerfuhr mir auf einer Tour zwischen Klingenthal und Erlbach. Es begann mit einem schönen, breiten und markierten Weg, wobei wahrscheinlich die Markierung an einem unscheinbaren Pfad abbog. Plötzlich stand ich vor Häusern mit markanten roten Metalldächern, ein untrügliches Zeichen, dass ich mich auf böhmischem Gebiet befand. Damals war es noch strafbar, ohne Visumvermerk im Ausweis die Grenze zu überschreiten, eine Haftstrafe und 500 Mark der DDR wären die Folge gewesen. Mir blieb nichts anderes übrig, als mich durch das Gebüsch zurück auf DDR-Staatsgebiet zu schlagen. Erst als die Grenzsteine sichtbar wurden, war ich beruhigt.
In den meisten Fällen jedoch stellte nur die körperliche Fitness die Grenzen und genau diese lotete ich aus. Wasser konnte man meist aus klaren Bächen trinken, mitunter mussten diese auch barfuss durchwatet werden, wenn ein Weg mal wieder endete. Viele Museen besuchten wir bereits auf Klassenfahrten, häufig die Raumfahrtausstellung in Morgenröthe-Rautenkranz mit seinem MIR-Trainingsmodul, den Raketenmodellen, Raumanzügen und Filmvorführungen. Einmal startete ich bei warmem Frühlingswetter im Mai eine Wanderung und stellte fest, dass in geschützten Tallagen noch Schnee lag, nachdem ich bis zu den Knien drin versunken war.
Ferienplätze waren in der DDR-Zeit heiß umkämpft, aber für eine kinderreiche Familie, fünfköpfig, wie wir waren, kein großes Problem.
Das erste Ferienheim besuchten wir in Schnett im Thüringer Wald. Unweit verläuft der Rennsteig und mit Heubach, Masserberg, Katzhütte und der Glasbläserstadt Lauscha lassen sich viele interessante Ziele für einen ganzen Urlaub erreichen. Für Regentage bieten sich Suhl, die Feengrotten in Saalfeld und Ilmenau an. Die Massenverpflegung war etwas gewöhnungsbedürftig, wir wurden in mehreren Durchgängen abgefüttert und es bedurfte der Ellenbogen, um noch etwas Vielfalt auf dem Teller zu haben. Was gut gelöst war, sagte man seine Wanderroute, bekam man Marken und konnte in einem anderen Heim essen.
Unterbrochen von ein paar Badeurlauben hatten meine Eltern das große Los gezogen, ein Ferienheim in Oberwiesenthal, neu und mit gutem Service. Als Start musste natürlich der Fichtelberg besichtigt werden, mittlerweile hat man die 3. Turmvariante gebaut, nachdem das erste Fichtelberghaus abgebrannt war und das 2. Objekt sanierungsbedürftig wurde. Der Ausblick von hier oben ist gigantisch. Das Erzgebirge ist eine Pultscholle, so haben wir es in der Schule gelernt. Schaut man nach Norden, so kann ein Blick durch das Fernglas weit entfernte Städte näher bringen. Chemnitz ist in jedem Falle sichtbar, von anderen Zielen wird nur gemunkelt. Südwärts sieht man den Zwillingsbruder des Fichtelberges, den Klinovec oder Keilberg. West und Ost prägen weitere Gipfel des Erzgebirges, damals nicht der beste Anblick, denn der saure Regen einer amateurmäßig geführten Umweltpolitik der DDR hatten dem Wald geschadet. Ein großflächiger Holzeinschlag zeigte kahle Berge.
In den nächsten Tagen erkundeten wir alle Seiten des Gipfels bis nach Neudorf, durchstreiften den Zechengrund, bestaunten die Skisprungschanze und konnten sogar ein Mattenspringen besuchen. Mit offiziellen Visa durften wir über die böhmische Grenze nach Bozi Dar und fuhren mit dem Bus bis Karlovy Vary/Karlsbad. Ziel unserer Begierden stellten Saft in Dosen, Ölsardinen und Karsbader Obladen dar, alles bei uns Mangelware. Karlovy Vary ist aber auch optisch eine reizvolle Stadt, die sich immer mehr verschönert. Die Stadt ist Teil vom Bäderdreieck, wozu noch Frantyskovy Lazne/Franzensbad und Marianske Lazne/Marienbad gehören. Da es Bäderstädte sind, die schon damals Besucher aus dem Westen Europas verzeichneten, kümmerte man sich durchgängig um die Erhaltung der Bausubstanz, die noch aus den Zeiten der K. und K.-Monarchie stammt. Heutigen Tags hört man verstärkt russisch, eine Sprache, die durch die gewaltsame Niederschlagung der Aufstände 1953 bei uns, 1956 in Ungarn und 1968 in Prag nur in Schulen gesprochen wurde und im Volk verpönt war. Eine durch Korruption reich gewordene Oberschicht aus Russland überschwemmt nun alle Urlaubs- und Kurregionen Europas, wirft mit Geld um sich und schockiert mit pietätlosen Auftritten in Restaurants, Theatern und Kureinrichtungen alle übrigen Besucher, so, wie man es sonst den Briten außerhalb der Insel nachsagte. Alkohol spielt dabei eine entscheidende Rolle und es wird immer mehr bestellt, als man je konsumieren kann. Reinigungspersonal ist beim Halten von Ordnung und Sauberkeit daher hoffnungslos überfordert. Wer jedoch ein wenig Ortskenntnis besitzt, kann dem geballten Auftreten ostslawischer Kannibalenhorden entgehen, nicht jedes imposante Gebäude wird missbraucht. Weitläufige Parks verwöhnen das Auge, zum Teil mit Skulpturen, wobei es mit dem heiligen und namensgebende Frantisek in Frantyskovy Lazne eine besondere Bewandtnis hat. Frauen mit Kinderwunsch bringen nach dessen Berührung gesunde Kinder zur Welt. Unweit der Stadt erstreckt sich der Geysir-Park in Soos, wo kleine Schlammgeysire die Erdaktivität anzeigen.
Das sächsisch-böhmisch-bayrische Gebiet ist eine geologische Bruchzone, in der häufig Schwarmbeben auftreten, Soos wird durch Aktivitäten im Erdinneren gespeist. Auch die Heilwässer, deren Vorhandensein die Bäder begünstigten, haben ihre Ursache in der Erdaktivität. Auf sächsischer Seite wird an den Bädern Bad Brambach und Bad Elster gerade intensiv gebaut, nach Fertigstellung gibt es auch hier reizvolle Kurbäder. Das Projekt Egronet fördert den Nahverkehr, man kann auf sächsischem, bayrischem und böhmischem Gebiet mit einem Fahrschein Bahn fahren und erreicht jeden touristisch interessanten Ort. Porzellanfreunde werden sich hier vor Allem Selb, Arzberg und Hohenberg/Eger anschauen, wo man die Produktion verfolgen oder sich die Entstehungsgeschichte im Museum