Adolf Hitler mit Hörbuch. Clemens von Lengsfeld
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In seiner Gefängniszelle in Landsberg am Lech hatte er nun genug freie Zeit, seine künftige Taktik zu überdenken. Jede freie Minute widmete er seinem Opus, einem mehrbändigen Werk, das er „Mein Kampf“ nannte.
Kapitel 16
Mein Kampf
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Das Buch machte seinen Verfasser kenntlich, da es seine Pläne detailliert offenlegte, aber es wurde selten gelesen.56 Das Buch beinhaltete Hitlers Leitgedanken, so seine Forderung nach Lebensraum im Osten, den er sich durch Eroberung osteuropäischer Staaten und Sowjetrusslands versprach. Er offenbarte in seiner Schrift auch seinen inzwischen unverhohlenen Antisemitismus, indem er nicht mehr nur die Ausweisung der Juden aus Deutschland forderte, sondern deren Tötung. So behauptete er, dass die Niederlage im Ersten Weltkrieg niemals erfolgt wäre, wenn die deutsche Regierung es nicht versäumt hätte, „die Juden unbarmherzig auszurotten, indem man 12.000 oder 15.000 von ihnen unter Giftgas gehalten“ hätte.57 Später würde er seine Zeit als „Trommler“ als „seine Kampfzeit“ verklären und München, wo er gegen die Regierung geputscht hatte, zur „Hauptstadt der Bewegung“ erklären.
Noch während seines Prozesses hatte er seine Weltanschauung mit den Worten erklärt: „Ich ging von Wien weg als absoluter Antisemit, als Todfeind der gesamten marxistischen Weltanschauung, als alldeutsch in meiner Gesinnung.“58 Zu diesem Zeitpunkt war sein – damals übrigens salonfähiger – Antisemitismus genau das, was er für die meisten seiner Zeitgenossen war: keine rassistische, sondern eine politische Überzeugung, eine Mischung aus Antihaltung und einer unreflektierten Demonstration wilder Kampfbereitschaft. Sein Ziel war eine Schimäre aus neogermanischem Großraumdenken, Antisemitismus und Antimarxismus.
Als der gescheiterte Künstler 1913 ins Deutsche Kaiserreich kam, hasste er viel und vielfältig: sein Vaterland Österreich, den Vielvölkerstaat, die Juden, die Sozialdemokratie, die Gewerkschaften und das Parlament, die Masse und die Menschen schlechthin. Wahrscheinlich hasste er sich phasenweise selbst. Und schon damals hätte seiner Umgebung auffallen müssen, dass in seiner Art des Hassens etwas Besonderes lag. Hitler hasste nicht heiß, sondern kalt. Daneben offenbarte er eine Gefühllosigkeit, die deutlich machte, dass er sich weder in andere geschweige denn in sich selbst hineinversetzen konnte, sodass also eine betrachtende Distanz zu sich unmöglich war. Dabei gilt dies doch heute als das, was einen überhaupt zum Menschen macht: Sich selbst zu erkennen und andere zu verstehen, auch in ihrer Andersartigkeit und Verschiedenheit. Die Fähigkeit, sich in andere einzufühlen, ging Adolf Hitler ab. Seine „innere Kälte“ war mit einer besonderen Fähigkeit gepaart. Ihre Bezeichnung leitet sich von dem griechischen Wort für Bild – „eidos“ – ab. Eidetische Menschen59 – wie der Politikpsychologe Manfred Koch-Hillebrecht in seiner Analyse über Hitler ausführt – können ihre Umgebung in all ihren Details in ihrem Inneren abspeichern und immer dort bewahren. Es fehlt, wie bei bestimmten hochfunktionalen Ausprägungen des Autismus, ein sogenannter Filter, der das Gehirn vor einer Überflutung von Eindrücken schützt. Alles, was der Eidetiker wahrnimmt, hat er sich „angeeignet“. Das gilt für alle Sinneswahrnehmungen: visuelle und akustische, aber auch Geruchsreize.
Auch Hitlers fotografisches Gedächtnis sorgte bei seiner Umgebung immer wieder für Verblüffung. Er konnte sich alles merken: Zahlen, Gesichter, sämtliche Details von Waffensystemen wie Kaliber und Schussweiten, sogar den Flottenkalender.60 Immer wieder zitierte er auswendig ganze Buchseiten oder pfiff Vorspiele aus Opern Wagners aus dem Gedächtnis nach. Diese besondere Veranlagung sei gepaart gewesen mit einem grundlegenden Desinteresse an allem, was andere von ihm dachten. Doch auch das für ihn typische „Drohstarren“, eine auffällige Schmerzunempfindlichkeit, seine Fähigkeit, auf Kommando Tränen fließen zu lassen, sein messianischer Sendungseifer und seine selektive Wahrnehmung der Wirklichkeit, die nur auf sich selbst und seine vorgefasste, klischeehafte Weltanschauung beschränkt war, führt Koch-Hillebrecht auf Hitlers Veranlagung als Eidetiker zurück. Das, was auf den ersten Blick wie ein Mangel wirkt, war für den späteren Politiker die Möglichkeit, sich rücksichtslos über jegliche Grenzen des Mitgefühls, der gültigen Werte und der herrschenden Moral hinwegzusetzen.
Diese These, bestimmte Eigenschaften durch eine Analyse ex post auf Hitlers fotografisches Gedächtnis zurückzuführen, wurde als spekulativ kritisiert. Mit der Kritik ging die Warnung einher, nicht alle Verantwortung für das Unrecht dem vermeintlich persönlichkeitsgestörten Diktator anzulasten. Denn damit spräche man sowohl die ihm zujubelnden Massen als auch die ihm zuarbeitenden Eliten von ihrer Schuld frei. Nach wie vor sollte man sich Hannah Arendts Wort von der „Banalität des Bösen“ vor Augen führen: im Hinblick auf Eichmann hatte sie 1963 geurteilt, dass psychische Normalität und die Fähigkeit zum Massenmord, wie sie bei den nationalsozialistischen Tätern Hand in Hand gingen, sich nicht ausschlössen. Dass angesichts der monströsen Verbrechen „das Wort versagt und das Denken scheitert“61 mag erklären, warum es immer wieder neue Ansätze gibt, „mit dem Phänomen einfach fertig zu werden“ - um mit Sebastian Haffners Worten zu sprechen62.
in Haft auf der Festung Landsberg, Februar-November 1924: Hitler im Aufenthaltsraum der Festung mit Emil Maurice, Hermann Kriebel, Rudolf Heß und Christian Weber. Ein solch‘ gemütliches Beisammensein sollten Häftlinge in der Gewalt der Nationalsozialisten niemals genießen.
Als Hitler das Gefängnis nach weniger als einem Jahr im Dezember 1924 verließ, war er entschlossen, den „Weg der Legalität“ zu gehen, da ihm dies nun als einzig erfolgversprechend erschien. „Statt die Macht mit Waffengewalt zu erringen, werden wir zum Ärger der Zentrumsleute und der Marxisten unsere Nase in den Reichstag stecken. Wenn es auch länger dauert sie zu überstimmen als sie zu erschießen, so wird uns schließlich ihre eigene Verfassung den Erfolg garantieren.“63 Angesichts dieser scheinbaren Läuterung zeigte sich die neue bayrische Regierung nur zu gerne bereit, Hitler die Mär von
Kapitel 17
Weimarer Republik
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Eine schillernde Figur, wenn auch gleichermaßen eine tragische ist der schon erwähnte Franz von Papen, Reichskanzler von Juni bis Dezember 1932, und einer der wichtigsten Strippenzieher in der Endphase der Weimarer Republik.
Von ihm stammt der berühmte gewordene Satz über Hitlers Rolle im Kabinett Hitler, das nach der Reichstagswahl am 30. Januar 1933 neu gebildet wurde: „In zwei Monaten haben wir Hitler in die Ecke gedrückt, dass er quietscht.“65 Er sollte sich täuschen, denn am Ende würden er und seine rechtskonservativen Bündnisgenossen nach allen Regeln der Kunst ausmanövriert. Man kann diesen fulminanten Aufstieg Hitlers nicht verstehen, wenn man nicht die letzten Jahre der Weimarer Republik betrachtet. Die Republik, von