Der Weg … zurück zu meinen Ahnen. Artur Weiß

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Der Weg … zurück zu meinen Ahnen - Artur Weiß

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Ausgiebig Schulaufgaben machen war nicht immer gegeben, die Kinder schafften es aber stets versetzt zu werden. In den bessarabischen Familien war es nicht allen Kindern vergönnt, bis zur achten Klasse in die Schule zu gehen. Oft haben die Eltern ihre Kinder schon mit zehn oder zwölf Jahren aus der Schule genommen, weil sie in der Landwirtschaft als Arbeitskraft gebraucht wurden.

       Schule in Klöstitz

       Annas Schulklasse Klöstitz um 1916

      Dieses Schicksal traf auch Anna, was sie als Zwölfjährige ohne Widerspruch hinnahm, weil ihre Eltern es so wollten. Fortan war sie in Haus, Hof und Feldarbeit eingesetzt, wo ihr alles abverlangt wurde. Zunächst nahm ihre Mutter sie unter die Fittiche, um ihr das Kochen beizubringen und sie mit der Wäsche, die von Hand gewaschen wird, vertraut zu machen. Zu ihrer Mutter hat Anna einen guten Draht, sie wurden schnell zu einem Team. Von nun an bekam Anna all das beigebracht, was sie später als Hausfrau in ihrem Haushalt verwenden kann. Dafür aber braucht sie Jahre des Lernens, bis sie all das so beherrscht wie ihre Mutter: Kochen, Wäsche waschen, Wolle spinnen, Stricken, Häkeln und Garderobe schneidern. Die genannten Tätigkeiten verrichtete Anna mit ihrer Mutter nun schon zwei Jahre und war fast perfekt. Bis sie eigenständig ist und eine eigene Familie versorgen kann, gehen noch einige Jahre ins Land.

      Weil Anna früher die Schule verlassen musste, war es ihr nicht vergönnt, eine Schulabschiedsfeier zu haben. Dafür wird sich ihr Vater revanchieren und eine große Konfirmation für die nun schon vierzehnjährige Tochter ausrichten. Dazu durfte sie ihre ganze Klasse einladen, alle nahmen ihre Einladung an. An einem Wochenende, um die Osterzeit, fand auf dem geschmückten Bauernhof die Feier statt. Die Mädels und Jungen der Klasse hatten sich herausgeputzt und nahmen an zwei Tischen Platz. Die brauchten sie auch, weil die Klassen in Bessarabien immer groß ausfielen. Anna mit ihrem schönsten Kleid, das ihre Mutter für sie geschneidert hat, war der Star des Tages und von den Freundinnen umringt.

      Dann erklang lautstark die Stimme ihres Vaters, der alle Gäste Groß und Klein begrüßte. Er eröffnete die Feier mit einem Gebet, woran sich alle Gäste beteiligten und ihrem Herrn und Schöpfer dankten. Daraufhin tischten die Hausfrau und ihre Helfer die bessarabischen Gerichte auf. Es sind dies: Breitenudelsuppe als Vorsuppe, Strudel, Dampfnudeln und den passenden Braten, dazu verschiedene Paprika-Speisen. Spezielle Süßspeisen durften auch nicht fehlen. Vor allem aber hat Vater Messinger seine besten Weine für alle erwachsenen Gäste ausschenken lassen.

      So, war alles gegeben und die Feier nahm ihren Lauf, so dass es nach Stunden recht lustig zuging. Als die Gäste für ihr leibliches Wohl gesorgt hatten, spielte die Dorfmusikgruppe zum Tanz auf, wobei die Harmoschka (Ziehharmonika) nicht fehlen durfte. Die Weinbauern unter den Gästen sprachen dem guten Wein des Gastgebers zur Genüge zu, was für Frohsinn auf dem Dreschplatz sorgte.

      Annas Vater hat es an nichts fehlen lassen, so hat er auch den Gesangverein des Dorfes eingeladen. Dieser sorgte zusätzlich für Frohsinn. Sie sangen zuerst das Kirchenlied: Jesu geh voran auf der Lebensbahn, was für Anna bestimmt war. Dieses Lied sangen alle Gäste aus voller Kehle mit, weil alle Bessarabier sich mit dem Evangelium tief verbunden fühlten. Musik und Gesangverein wechselten sich ab und sorgten so für ein gelungenes Fest. Bis tief in die Nacht vergnügten sich Alt und Jung. Annas Eltern hatten ihre Tochter so froh und glücklich noch nie gesehen, haben sie ihr doch bislang nur Arbeit abverlangt. Daher genoss sie ihren Tag mit der Klasse und allen geladenen Gäste in vollen Zügen. Ihre Mutter sah oft, wie sich Anna die Freudentränen aus den Augen wischte. Diesen Tag wird sie ihr Leben lang nicht vergessen. Zur fortgeschrittenen Zeit hielten Annas Eltern es der Ordnung halber angebracht, die Jugend zur Heimkehr zu bewegen. Dem folgten auch einige Eltern und traten mit ihren Kindern den Heimweg an. Damit löste sich die Feier langsam auf.

      Anna bedankte sich bei ihren Freunden und deren Eltern für die mitgebrachten Geschenke. Arm in Arm gingen Mutter und Tochter dann ins Haus, um noch ein wenig aufzuräumen. Vater Messinger gesellte sich noch zu einigen Hartgesottenen und holte noch einen Krug (Häfele) vom besten Wein aus dem Weinkeller, bis auch sie den Dreschplatz und Hof verließen. Vater Gottlieb Messinger lehnte sich noch ein wenig zurück und merkte, dass der Wein seine Wirkung nicht verfehlt hat.

      Der Folgetag, ein Sonntag, konnte auf dem Bauernhof nicht zum Ausschlafen genutzt werden, weil sich in den Ställen das Vieh lautstark meldete. Die Milchkühe müssen von Hand gemolken und dann auf die Straße getrieben werden, wo der Kuhhirt sie übernimmt und zur Weide (Steppe) bringt. Am Abend treibt er sie satt wieder ins Dorf zurück. Die Versorgung des Viehbestandes ist die einzige Arbeit, welche am Sonntag verrichtet wird. Der Rest des Tages ist zum Kirchgang und zum Ausruhen gedacht. Am Sonntagabend fand die Familie Messinger Zeit, um über die gestrige Konfirmationsfeier miteinander zu reden. Wenn Annas Geschwister über die einzelnen Geschehnisse sprachen, leuchteten Annas Augen auf. Jeder sprach über seine persönlichen Eindrücke, die er während der Feier gewonnen hat. Sie waren alle der Meinung, dass Anna die Feier und Zuwendungen verdient hat.

      Weil sich die Arbeiten auf dem Bauernhof jedes Jahr zeitlich wiederholen, läuft auch jetzt im April die Frühjahrsbestellung an. Es wird wie immer ein arbeitsreiches Jahr, das der Großfamilie Messinger alles abverlangen wird, besonders auch von Anna. In diesem Sinne vergingen die Jahre und Anna wuchs inmitten ihrer Geschwister als junge Frau heran. Längst hat sie mit ihrer Mutter die Hauswirtschaft voll im Griff und besucht mittlerweile mit achtzehn Jahren abendliche Jugendtreffs. Dort lernte sie bei Spiel und Gesang viele Freundinnen kennen.

       Anna Maria Messinger 18 Jahre

      Die Mädchen trafen sich zum gemeinsamen Häkeln, Stricken, Spinnen und Schneidern und arbeiteten schon für ihre Aussteuer. Sie trat einer Folklore-Tanzgruppe bei.

      Diese Tätigkeiten fanden hauptsächlich in den Wintermonaten statt, wenn Klöstitz im hohen Schnee versunken war. Die männliche Jugend traf sich auch in ihren Vereinen, das waren: Musik, Gesang, Jagd und Schützenverein. Die Eltern machten es sich zur Aufgabe, mit ihren Söhnen die Technik und Werkzeuge in Stand zu setzen. Auch kümmerten sie sich um die Pferdezucht, die alle Großbauern mit großem Interesse betrieben.

      Wenn die Kinder herangewachsen waren und ihrer Wege gingen, merkten die Eltern, dass nicht alles an ihnen spurlos vorbeigegangen war. Oft hatte die Gesundheit Schaden genommen. Nun waren sie auf die Hilfe ihrer Kinder angewiesen. Diese ist ihnen in der bessarabischen Großfamilie immer zuteil geworden. Das war nicht nur Normalität, sondern ein Bumerang dessen, was den Kindern von Seiten der Eltern zuteil wurde. Das wird auch dem Elternpaar Messinger zuteil werden, wenn der Umstand eintreten sollte. Vorerst ist das alles nicht aktuell, vielmehr ist festzulegen, wer den Hof übernehmen soll. Damit beschäftigt sich Vater Gottlieb Messinger und seine Frau seit längerem. Die Wahl fiel auf ihren jüngsten Sohn Benjamin, dessen Einschulung demnächst ansteht. Er soll und muss die beste Schulbildung erhalten, damit später der Hof von ihm erfolgreich geleitet werden kann. Darüber waren sich beide einig, was ihre Kinder wissen sollten. Von nun an ist Benjamin vorsichtig auf seine zukünftige Aufgabe vorbereitet worden. Als Jüngster war Benjamin Mutters Bester, aber er merkte nicht, dass es seiner Mutter gesundheitlich nicht so gut ging. Das aber hatte Vater Messinger und seine Tochter Anna schon seit längerem bemerkt.

      Die vergangene Zeit hat dafür gesorgt, dass das Haus der Messingers leerer geworden ist, bis auf die zwei jüngsten, Benjamin und Emma. Anna als Älteste führt mit ihrer Mutter gemeinsam den Haushalt und versorgt das Federvieh. Die übrigen Acht haben schon ihre eigenen Familien gegründet. Aus Rücksichtnahme auf ihre kranke Mutter hat Anna bislang keine ernsthaften

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