Maritime Erzählungen - Wahrheit und Dichtung (Band 3). Detlev Sakautzky
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Der Gezeitenstrom setzte nördlich. Das Schiff lag fest verankert, mit dem Vorschiff in südlicher Richtung, unweit der Pier.
*
Fritz, der Auszubildende, hatte Naje, eine kleine hübsche Grönländerin, in seine Wohnkammer eingeladen. Sie zeigte ihm alles, was ein junger Mann wissen sollte. Fritz war total verliebt. Er war entschlossen, das Schiff zu verlassen und in Grönland zu bleiben. Seinen Entschluss teilte er Rudi Voß, einem Decksmann, dem er vertraute, mit.
„Du willst also achteraus segeln. Hast du in den letzten Stunden zu viel Bier getrunken oder wirkt bei dir die Polarnacht?“, fragte Rudi ungläubig.
„Naje ist meine große Liebe. Ich weiß es. Ich fühle es. Ich bleibe hier in Grönland“, antwortete Fritz mit Bestimmtheit.
„Weiß das Mädchen überhaupt von deinem Entschluss?“, fragte Rudi und schaute zu Naje, die auf einer mit Kunstleder bezogenen Sitzbank saß und schon die dritte Flasche Bier trank.
„Sie weiß es noch nicht“, antwortete Fritz.
„Vielleicht ist sie mit deinem Entschluss nicht einverstanden“, meinte Rudi.
Fritz fragte mit Hilfe der Körper- und in englischer Sprache. Er zeigte mit der Hand in Richtung Land, begann sich anzuziehen und persönliche Sachen in eine Tasche zu packen. Naje verstand nichts. Sie verlangte durch Handzeichen nach einer weiteren Flasche Bier.
„Hör auf mit deinen Spinnereien. Glaube bitte nicht, dass die Grönländerin sich mit deinen Träumereien anfreunden kann. Die Menschen haben eigene Probleme und eine andere Kultur. Sie kann mit dir nichts anfangen“, sagte Voß ernsthaft.
„Woher weißt du das?“, fragte Fritz.
„So, wie sie mit dir auf deine Kammer gegangen ist, geht sie auch mit mir und Steffen“, behauptete Rudi.
„Das glaube ich nicht“, sagte Fritz.
„Pass auf. Ich winke ihr mit dem Zeigefinger. Sie steht auf und geht mir nach, sobald ich die Kammer verlasse“, sagte der Decksmann.
Er winkte mit dem Zeigefinger. Es trat ein, was er gesagt hatte. Naje stand auf, nahm ihre Tasche und verließ die Kammer. Vorher nahm sie noch zwei Flaschen Bier aus dem Kasten. Fritz traute seinen Augen nicht.
„Bleib hier“, rief er ihr hinterher.
Naje verstand kein Wort. Sie verließ ruhig und freundlich mit Voß die Kammer.
*
Vor dem Frühstück forderte der Zweite Steuermann die Decksleute auf, sich von ihren Besuchern zu verabschieden. Hierfür ging er in jede Kammer und sprach mit den Männern. Die Grönländer kamen der Aufforderung nach. Sie wurden zur Relingstreppe begleitet und durch Handzeichen aufgefordert das Schiff zu verlassen. Sie stiegen über die angebrachte Tauleiter in ihre vertäuten Boote, wobei die Decksleute ihnen behilflich waren. Naje war auch dabei. Als sie über die Tauleiter das Schiff verließ, winkte sie fröhlich mit ihren Fellhandschuhen. Fritz war enttäuscht.
„Na Fritz, hatte ich recht? Deine große Liebe wurde nicht erwidert“, sagte Rudi tröstend.
Fritz verließ bedrückt das Deck und ging in seine Kammer. Er hatte etwas dazugelernt.
*
Nach einer Stunde kam der Kapitän mit dem Hafenboot zurück. Er erkundigte sich nach den Gegebenheiten.
„Wir können den Anker hieven und auslaufen. Die Besucher sind von Bord“, informierte der Zweite den Kapitän.
Der Kapitän übernahm den Wachdienst. Er beauftragte den Zweiten, den Anker hieven zu lassen.
„Anker klar zum Hieven!“, rief der Zweite, nachdem die Vorbereitungsarbeiten abgeschlossen waren.
„Hiev Anker!“, befahl der Kapitän.
Der Zweite ließ den Anker hieven.
„Anker ist aus dem Grund! Anker ist aus dem Wasser!“, rief der Zweite.
„Anker in die Klüse hieven! Anker seefest machen“, war die Order des Kapitäns.
*
Langsam fuhr der Trawler aus dem Hafen. Naje stand gut sichtbar allein in der Nähe der Ausfahrt und winkte noch lange dem Schiff hinterher.
FÜR IMMER SEEUNTAUGLICH
Der Logger „Anthonia“ befand sich im Fischereihafen. Der Kapitän hatte den Zeitpunkt zum Auslaufen des Schiffes noch nicht bestimmt. Es waren noch wichtige Reparaturarbeiten an der Kurrleinenwinde durchzuführen. Die Decksleute räumten das Deck auf – verstauten Drahtrollen und Netzteile sowie den restlichen Proviant in den vorgesehen Lasten. Einige der Decksleute spleißten Zubehörteile für das Fanggeschirr. Für die kommende Reise fehlten noch Haedleinen, Laschen und Rollenstander.
Roland Dorr, der Zweite Steuermann, nutzte die Zeit mit Torsten, dem Auszubildenden, die Anfertigung eines Augspleißes zu üben. Er übergab Torsten die Rollengeschirrzeichnung sowie die zum Spleißen erforderlichen Werkzeuge. Eine Rolle mit Drahttauwerk hatten die Decksleute schon vormittags aus der Netzlast geholt. Torsten markierte die in der Zeichnung festgelegten Abmessungen durch Taklinge und trennte die markierten Drahtabschnitte mit dem Kappbeil. Bei den Vorbereitungsarbeiten wurde er durch Hartmut, einen Decksmann, unterstützt.
*
„Tosten, welche Unfallverhütungsvorschriften sind beim Spleißen von Drahttauwerk zu beachten?“, fragte der Zweite Steuermann.
„Es sind ein Helm, eine Schutzbrille, Lederhandschuhe und festes Schuhwerk zu tragen“, antwortete Torsten.
„Welche Fertigungshinweise sind bei der Fertigung des Augspleißes aus Drahttauwerk zu berücksichtigen?“, fragte der Steuermann weiter.
„Der Hilfstakling ist sechs Törns vom Ende zu setzen. Jede Litze ist mit einem Takling zu versehen. Die freiliegende Fasereinlage ist im Keilschnitt herauszuschneiden. Die Größe des zu spleißenden Auges ist festzulegen und im Schraubstock zu sichern“, antwortete Torsten.
„Da fehlt noch etwas“, erinnerte der Zweite Steuermann den Auszubildenden.
Fertigung des Spleißes.
„Die Litzen sind bis zum Hilfstakling aufzudrehen. Es sind lange Schläge ohne Kinken zu stecken“, ergänzte Torsten zurückhaltend seine Antwort.
„Das ist richtig. Der Augspleiß muss nicht nur bei Belastungen halten, sondern auch gut aussehen“, lobte der Zweite den Auszubildenden.
„Beachte!