121 DATES. Wendy Newman
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Was Kleidung angeht, so lebe ich in einer Gegend, die man als »Niemandsland« bezeichnen kann. Ein XL ist mir meistens zu eng, doch Übergrößen sind mir zu groß. Ich falle genau in diese Lücke. Die bevorzugte kurvige Figur entspricht der Form eines Stundenglases. Nun, das bin ich auch nicht. Ich bin eher apfelförmig – und habe noch nicht mal das Glück üppiger Formen. Nicht, dass ich mich beschwere. Ich will Ihnen nur ein Bild meiner selbst vermitteln, damit Sie wissen, dass ich weder jung noch schlank bin. Und obwohl ich angeblich keine dieser gesellschaftlichen „Bedingungen“ erfülle, funktioniert das Dating auch für mich. Wie das kommt? Nun, ich weiß, was ich will, und ich zeige, was ich habe – das heißt, ich betone das, was funktioniert. Denn ich lebe nun mal in diesem Körper.
Die Vorbereitungen für heute Abend begannen schon vor Stunden in einem eleganten Schönheitssalon: eine Maniküre, eine Pediküre (nicht, dass Shawn die zu sehen kriegt), das Wachsen meiner Oberlippe und des Kinns sowie das Zupfen meiner Augenbrauen. (Die Kosmetikerin, die mir die Augenbrauen zupft, muss ihr Handwerk wirklich verstehen. Da ich schon Mitte vierzig bin, muss sie in der Lage sein, alle weißen Härchen auszuzupfen, ohne kahle Stellen zu hinterlassen. Keine einfache Sache.)
Als Nächstes gehe ich zum Friseur, wo mein langes rotbraunes Haar für zweiundzwanzig Dollar fachmännisch gewaschen, getrocknet und frisiert wird. Der Besuch der beiden Salons kostet mich hundertdreißig Dollar, nur damit ich »salonfähig« aussehe und so tun kann, als würde ich immer so perfekt gestylt herumlaufen.
Ich habe Shawn auf einer Online-Singlebörse kennengelernt. Wir schrieben uns zweieinhalb Wochen lang fast täglich. Zuerst hat er mich nicht sonderlich interessiert. Ich hatte eines dieser Stimmungstiefs. Das kennen Sie sicher: Es nervte mich, ein Single zu sein. Ich hatte Online-Dating zwar satt, doch irgendwann gab ich dem Druck meiner Freunde nach, die mir ständig sagten, dass ich mich wieder auf die Suche machen sollte. Die Webseite rechnete aus, dass Shawn und ich zu 94 Prozent übereinstimmen. Vierundneunzig Prozent! Warum nicht? Ich schrieb ihn zuerst an und fühlte mich sofort unsicher. Ich fragte mich, ob er mich wirklich attraktiv fand oder mir nur deshalb antwortete, weil er gerade nichts Besseres in Aussicht hatte. War ich für ihn nur ein reifer Apfel in Reichweite?
Anfangs waren unsere E-Mails kurz und unbedeutend. Nach ungefähr zehn Tagen fing Shawn an, mich persönlichere Dinge zu fragen, um herauszufinden, ob wir zusammenpassen könnten. An diesem Punkt wurde ich offener für ihn, und die Sache fing an, spannend zu werden. Als unsere E-Mails länger und tiefgründiger wurden, erwachte in mir ein Gefühl, das ich schon länger nicht mehr gespürt hatte: Hoffnung.
Eines späten Abends hing ich im Bett herum und trank Eistee, während wir miteinander chatteten. Plötzlich schrieb er: „Kann ich dich stattdessen einfach anrufen?“ Endlich. Darauf folgte eine Woche, in der wir – meist vor dem Schlafengehen – telefonierten. Wir redeten über alles, von Alltäglichem über unsere Vorlieben, Abneigungen, Hobbys und Fitnessübungen bis hin zur Familiendynamik, bevor er mich fragte: „Können wir uns treffen?“ Puh!
Während ich jetzt, zwei Tage später, vor dem langen Spiegel stehe, stelle ich fest, dass ich meine Strategie perfekt durchgezogen habe. Und dass ich nicht allein bin. Meine alten Freunde, die Schmetterlinge (die Flugübungen in meinem Bauch machen), sind auch wieder da. Ich kann mein Lächeln nicht verbergen. Vielleicht ist er ja der Richtige. Vielleicht ...
Ich bin zwar pünktlich, doch Shawn ist mir zuvorgekommen und hat zwei Plätze am Ende des langen, schmalen Raums reserviert, der im Stil vergangener Zeiten eingerichtet ist. Es ist zwar dunkel in der Kneipe, aber er ist leicht zu erkennen – der Einzige, der allein an einem Tisch für zwölf Personen sitzt. Er sieht genauso aus wie auf den Fotos. Süß. Leicht graumeliertes dunkelbraunes Haar, ein schwarzes eckiges Brillengestell, das zu seiner Aussage »Ich arbeite in der Technikindustrie« passt, und ein strahlendes Lächeln. Er umarmt mich kurz und strahlt noch mehr, und ich atme still auf. Er mag mich und wirkt erfreut. Ich kann mich etwas entspannen (und versuchen, ich selber zu sein).
Nach einiger Zeit kann ich erkennen, dass er offensichtlich genau so ist, wie er sich beschrieben hat, ohne ein einziges „Aber“ in Sicht. Den tollen Typen hängt meistens ein „Aber“ an. Sie wissen schon, er ist umwerfend, aber ...
Er ist noch nicht über seine Ex hinweg.
Er hat vor, nach China auszuwandern.
Er hat seinen Job an den Nagel gehängt, um sich neu zu erfinden, und weiß noch nicht so genau, wer er ist, wohin er will und was er aus seinem Leben machen möchte.
Meine Aufgabe ist jetzt, herauszufinden, wie ich diese anfängliche Anziehung in eine positive Bahn lenke. Ich weiß, dass ich sehr unterhaltsam bin. Ich erzähle ihm eine Geschichte nach der anderen und bin äußerst amüsant – stundenlang. Er mag mich wirklich. Er sagt: „Tolles Ambiente und köstliche Drinks in erstklassiger Gesellschaft.“ Er fordert mich mit Fragen wie dieser heraus: „Kennst du einen guten Innenarchitekten? Ich könnte echt deine Hilfe bei meinem Haus brauchen, weil ich es gerade renoviere.“ Und: „Könntest du dir vorstellen, in zwei Städten zu leben? Dann könnten wir den Sommer in Kalifornien verbringen und in Mexiko überwintern. Wie wär das?“ Außerdem sagt er: „Ich finde deine Arbeit toll“ und: „Du würdest meiner Mutter gefallen“.
Shawn hat keine Ahnung, welche Wirkung solche Bemerkungen auf mich haben. Ich weiß nämlich (noch) nicht, dass Männer das tun, um Ideen auszuprobieren und zu sehen, wie sie sich anfühlen. Diese scheinbar unschuldigen Pläne, Versprechen und Bekundungen der Akzeptanz und Kompatibilität bringen mich dazu, immer selbstsicherer zu werden und ihn mit jedem Wort ein bisschen mehr zu mögen.
Während wir nebeneinander sitzen, spüre ich in den fünf Stunden, die wir miteinander verbringen, dass wir mehr als nur eine mögliche Verbindung sind. Das hier könnte tatsächlich funktionieren. Shawn wirkt auf unwiderstehliche Weise klug, freundlich und interessant, was selten ist. Es gefällt mir, wie offen und spielerisch er sich mir gegenüber gibt. Es fühlt sich bodenständig und einfühlsam, witzig und sexy an. Ein Stadtmensch, der im lebendigsten Teil der Großstadt wohnt, der ein eigenes Leben und einen guten Job hat und den Menschen, die ihm wichtig sind, viel zu bieten hat. Es ist, als hätte das Universum alles gehört, worum ich es jemals gebeten habe, und all diese positiven Eigenschaften in dem Mann vereint, den es mir gerade präsentiert.
„Lieber Gott, ich weiß ja, dass ich dauernd um irgendwas bitte, aber könntest du bitte, bitte – nur dieses eine Mal – machen, dass das der Anfang von etwas ganz Tollem ist?“, bete ich während dieser ersten Verabredung stumm in der Kabine des Damenklos. Das ist doch nicht irgendwie komisch, oder?
Schließlich geht es darum, einen Partner zu finden. Ich sehne mich nach Intimität, wachsender Vertrautheit und Verbundenheit zu jemand anderem als meinem Hund. Und gut, ich gebe es ja zu: Ich will ganz normale Sachen unternehmen, die Pärchen machen. Ich will zu viert ausgehen, dienstags Taco-Abende für die Clique schmeißen, vor einem Lagerfeuer auf seinem Schoß sitzen, während jemand Gitarre spielt und alle unmusikalisch singen, und auf romantische Wochenendtrips gehen. Wie die meisten Frauen sehne ich mich danach, umsorgt zu werden. Er soll mir über die Wange streichen oder mein Haar zurück streichen, wenn es mir in die Augen fällt, und mir ins Ohr flüstern: „Ich bin der Mann, der dich liebt.“
Ich erwarte nicht, dass sich sofort eine Beziehung zwischen Shawn und mir entwickelt, aber ich habe das Gefühl – die Hoffnung –, dass wir vor dem klassischen Anfang stehen. Ich weiß, dass andere ihn erleben. Ich bin ihnen begegnet.
Gegen Mitternacht fragt Shawn, ob er mich zu meinem Auto begleiten darf. Wie süß! Unser Gutenachtkuss dauert ein bisschen länger als erwartet, und mir gefällt, was ich in diesem ersten Kuss über ihn erfahre.
„Schick