Einfach. Gut.. Erwin Steinhauer
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Eine rühmliche Ausnahme bildet diesbezüglich der Spargel, vor allem der weiße. Er wächst zum Beispiel rings um Aquileia im sandigen Boden des Schwemmlands des Isonzo, wo er hervorragende Ergebnisse zeitigt. Berühmt ist der Spargel von Fossalon, wo zu seinen Ehren jährlich Anfang Juni eine „Sagra di asparagi“ stattfindet, ein Spargel-Kirchtag. Drei Tage lang wird gesungen, getanzt und getrunken, um die Ernte des kaiserlichen Gemüses zu feiern, welches gekocht oder fritiert, nach Wahl mit gekochtem oder rohem Schinken, Rührei, brauner Butter, Kalbskotelett, Roastbeef oder Hähnchen serviert wird. Zumeist aber wird der Spargel – auch in den besten Restaurants – als Hauptgericht kalt gereicht, lediglich garniert mit hartgekochtem, feingehacktem Ei, mariniert mit Zitrone und Olivenöl. Dieses Gericht, das nur auf den ersten Blick barbarisch anmutet, ist vielleicht die unschuldigste Form für den Verzehr dieser Delikatesse. Voraussetzung ist allerdings, daß die Spargel so frisch sind, daß sich das Schälen erübrigt und sie nur etwa fünf Minuten gekocht werden müssen.
Um ihre Freundschaft nicht zu gefährden, haben Poet und Schauspieler zu Papier und Bleistift gegriffen und in bilateralen Verhandlungen festgelegt, folgende Territorien und für diese typischen Gerichte ihrer beider persönlichem Schutz zu unterstellen:
Sand und Meer
Das ist die flache Küste von Marano über Grado bis Monfalcone. Hier kommt alles in den Topf, was bis dahin auf und unter dem Sand sowie in flachem Wasser sein Dasein fristet: Krabben, Garnelen, Aale, Schnecken, Plattfische, Enten. Die Küche ist traditionell ähnlich der venezianischen. Die Zubereitung erfolgt ohne großen Firlefanz. Entweder wird gegrillt oder „in umido“ gedämpft. Die wichtigsten Gewürze sind Salz, Pfeffer, Petersilie, Knoblauch, Lorbeer, mitunter Rosmarin. Weißwein, Olivenöl und Zitrone bilden weitere Zutaten. In der authentischen Küche wird alles „in bianco“ zubereitet. Tomaten waren hier ursprünglich nicht zuhause. Spargel und Artischoken sind die traditionellen Gemüse. Die Beilagen beschränken sich auf Polenta, Brot und Salat.
MENÙ
Zur Begrüßung eine dampfende Schüssel mit Moscadrini oder kleinen Folpi, mit Sellerie, Kräutern und Zwiebeln im Weißweinsud gedämpft. ---Salat von jungen, kaum hühnereigroßen Carciofi, mit Zitrone und feinstem Olivenöl mariniert.
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Ein großer Topf voller Vongole à la Gradese, mit geröstetem Knoblauchbrot.
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Ein stolzer Teller Bigoli mit frischen Sardoni, Kapern und gerösteten Mandeln, pikant gewürzt.
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Boretto vom jungen Aal in einem Fond, der geliert, mit flaumiger Polenta.
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Sorbetto di mele.
Teufel, Spinnen, Öl
Entlang der Steilküste von Duino über Triest bis Muggia sieht der Speisezettel anders aus als in der Lagune. In den tieferen Gewässern haust anderes Getier: Mollusken und Schalentiere, welche an und unter den Felsen ideale Lebensbedingungen vorfinden; außerdem große Fische, die die offene See bevorzugen, Raubtiere des Meeres wie der Branzino. Dazu kommt, daß die Bewohner des Küstenlands ihre familiären Affinitäten zu Istrien und dem dalmatischen Archipel weder verleugnen wollen noch können – schon gar nicht in der Küche und bei Tisch. Gemüse ist selten. Man ernährt sich von Eiweiß, Kohlehydraten und Salat.
MENÙ
Zum Zeitvertreib ein Topf voller Musoli, auch „Arche di Noé“ genannt, im eigenen Saft kurz geschmort.
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Eine Platte mit verschiedenen überbackenen Muscheln: Cozze, Canestrelli, Capesante, Capelunghe, adrett serviert mit Zitrone und Petersilie.
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Diverse marinierte Fische wie Sardoni, Branzino, Tono, Pesce Spada, auf Rucola serviert, mit kaltgepreßtem Olivenöl und wildem Fenchel.
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Eine Meeresspinne namens „Granzevola“ in ihrer Schale.
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Panierte Sardoni, mit den Fingern zu essen.
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Eine furchterregende Scarpena, also ein Meerteufel, im Rohr mit Kartoffeln in Weißwein gegart.
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Fragole naturale.
Aus dem Stall und von der Alm
Schon wenn man die Stube betritt, riecht es nach Geräuchertem, nach Wurst, Käse und Speck; je nach Jahreszeit auch nach Minze oder Pilzen. Die großen, schweren Tische sind familiär gedeckt. Krüge für Wasser und Wein stehen darauf, dazu ein großer Korb mit duftendem Brot. Setzt man sich daran nieder, so ist selbst der hartgesottenste Agnostiker geneigt, ein Tischgebet zu sprechen. Hier gibt es nur das zu essen, was in harter Arbeit der Natur abgerungen ward: sprödes Getreide, das dem harten Klima widersteht; Fleisch von Tieren, die dieses bis zu ihrer Schlachtung überlebt haben; dazu Obst und Gemüse, das bis hinauf an die Baumgrenze irgendwie gedeiht, wenn es der Mensch anständig pflegt.
MENÙ
In der Mitte des Tisches stehen Schüsseln mit „Toc’ in braide“ sowie „Suf“, aus denen sich jeder Gast mit seinem Löffel bedient. Des weiteren wird Frico zum Naschen gereicht.
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Eine Platte mit Wurstwaren wird serviert. Geräucherter Schinken, Salame, Wild, je nach Jahreszeit. Ein paar Stücke Käse, frisch und reif, beleben die Szene. Man ißt mit den Fingern.
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Es folgen ein paar Schüsseln mit Cjalsòns, Gnocchi oder Polenta, mit verschiedenen Saucen, aus denen sich jeder nach Belieben bedient.
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Eine in Essig gebratene Wurst für jeden.
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Gubana, ersäuft in Zirbengeist.