Gehört der Islam zu Österreich. Группа авторов
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Der Umgang mit dem Islam ist dennoch ein schwieriger. Das Christentum ist heute politisch mehr oder weniger domestiziert, doch im Islam gibt es Richtungen, die das religiöse Gesetz über das weltliche stellen. Der säkulare Staat Österreich versucht hier einen Mittelweg. Auch weil die Erfahrungen aus explizit laizistischen Ländern wie Frankreich oder früher der Türkei zeigen, dass etwa ein Kopftuchverbot in Schulen oder Universitäten zu noch mehr Religiosität führen kann. So verbietet Österreich nur die Vollverschleierung im öffentlichen Raum und Kopftücher nur bei Berufen, die strikte Neutralität voraussetzen.
Im neuen Islamgesetz ist zum Beispiel das Recht der Muslime auf religiöse Betreuung, beim Bundesheer, in Haftanstalten oder Krankenhäusern, festgeschrieben. Auch islamische Speisevorschriften werden anerkannt. Dafür dürfen Imame und Interessenvertretungen der Muslime nicht mehr vom Ausland finanziert werden. Das ist nicht zuletzt deshalb von Bedeutung, weil etwa die IGGiÖ heute als von der türkischen AKP nahestehenden Organisationen unterwandert gilt.
Immerhin, attestiert Efgani Dönmez, habe bei den österreichischen Parteien mittlerweile ein „Erwachen“ eingesetzt. Zuvor seien die reaktionären Islam-Vertreter unter dem Deckmantel von Antirassismus und interreligiösem Dialog hofiert wurden. Natürlich auch, um Stimmen zu gewinnen. Denn habe man den Chef einer dieser straff organisierten Gruppen auf seiner Seite, dann habe man auch den Großteil der Gruppe selbst. Geschehen sei dies vor allem über die Wirtschaftsflügel von SPÖ und ÖVP. „Aber da gibt es nun ein Umdenken.“ Nicht zuletzt auch bei der SPÖ.
3.
Islam und katholische Kirche
Mehr Neben- als Miteinander
Dietmar Neuwirth
Die Personen und die Handlung sind nicht frei erfunden. Etwaige Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Begebenheiten oder Personen wären nicht rein zufällig. Also: Es war einmal eine katholische Pfarre, die ihre Türen weit aufgemacht hat. Viele Mitglieder, vom örtlichen Priester wurden bei Weitem nicht alle regelmäßig in der Kirche bei der Messe gesehen, haben aber nicht wenigen muslimischen Flüchtlingen unter nicht wenigen Anstrengungen zunächst ein Dach über dem Kopf, ein Bett, dann auch Verköstigung und andere Hilfestellungen geboten, um ein Leben unter den Rahmenbedingungen der Flucht möglichst erträglich zu gestalten.
Als besonders engagiert haben sich dabei Jugendliche erwiesen, im üblicherweise eher schwierigen Alter so um die 14 Jahre. Sie haben schon am Morgen, noch vor dem Gang in die Schule, „ihre“ Flüchtlinge besucht, Gebäck mitgebracht und ihnen beim Zubereiten des Frühstücks geholfen. Die Jungen waren das, was man wohl hoch motiviert nennen darf. Und nach der Schule führte ihr Weg oft nicht gleich nach Hause zum Mittagessen, Fernsehen oder zu You Tube, sondern wieder zu den Gästen von weit her, zum Fußballspielen, Plaudern oder, wie man altersgerecht sagen würde, Chillen. So sind rasch gute Bekanntschaften entstanden, aus Flüchtlingen wurden schließlich Freunde, zumindest scheinbar.
Dann kam er schließlich doch, der zwar lang verdrängte, aber doch zu erwarten gewesene Tag des Abschieds. Den Flüchtlingen wurde von Behörden und Hilfsorganisationen anderswo ein Quartier zugewiesen, sie mussten weiterziehen. Als die Österreicher, wie das eben üblich und durchaus naheliegend ist, die Smartphones in die Hand nahmen, um Telefonnummern mit ihren neuen, ungefähr gleichaltrigen muslimischen Freunden auszutauschen, reagierten die plötzlich ganz anders, als zu erwarten war – irgendwie verstört und distanziert. Warum nur? Ihre Entschuldigung, die sie für die staunenden katholischen Österreicher parat hatten: „Wir dürfen mit Christen nicht befreundet sein, nur mit Muslimen.“
Diese Geschichte hat sich in Österreich tatsächlich ereignet. Der Ort tut nichts zur Sache. Sehr wohl etwas zur Sache tut hingegen die Erkenntnis, die daraus gewonnen werden kann: Der Islam, wie er zumindest außerhalb Europas offenbar breitflächig verstanden, gelehrt und gelebt wird, hat noch großen Nachholbedarf, was die Implementierung in eine säkulare, pluralistische Gesellschaft betrifft. Darin kommt nun dieser Religionsgemeinschaft kein Alleinstellungsmerkmal zu. Denn auch die katholische Kirche hatte jahrzehntelang ihre Probleme mit einer Anpassung an eine sich grundlegend verändernde Gesellschaft – und hat sie im Grunde noch heute dann und wann. Auch das Verständnis von Religionsfreiheit und die Akzeptanz, dass es Heil auch außerhalb der katholischen Kirche gibt, musste in einem schwierigen Prozess reifen. Selbst hohe und höchste katholische Würdenträger sind gelegentlich auch heute noch nicht davor gefeit, zu Missverständnissen zu provozieren.
Entrüstung über den Kardinal
Wir erinnern uns an die Wellen, die eine unglückliche Aussage Kardinal Christoph Schönborns national wie international und bis tief in die muslimische Welt geschlagen hat. Ausgerechnet jenes Schönborn, der zur Islamischen Glaubensgemeinschaft gute Kontakte pflegt, der Reisen in muslimisch geprägte Länder absolviert, mit den Sternsingern Wiens erste Moschee in Floridsdorf besucht hat und als erster Kardinal überhaupt mit den weltlichen und religiösen Spitzen der Islamischen Republik Iran zusammengetroffen ist. Eben dieser sorgte für gehörige Irritationen. Schönborn, der sich in Österreich mit Verweis auf das Recht der freien Religionsausübung trotz Gegenwinds klar für den Bau von Moscheen und Minaretten ausgesprochen hat, meinte bei der Maria-Namen-Feier an jenem 11. September 2016 wörtlich: „Heute vor 333 Jahren ist Wien gerettet worden. Wird es jetzt einen dritten Versuch einer islamischen Eroberung Europas geben? Viele Muslime denken und wünschen sich das und sagen: Dieses Europa ist am Ende.“
Nach einem Sturm der Entrüstung von islamischer Seite und vielen besorgten Anfragen im Wiener Erzbischöflichen Palais aus der halben Welt sah sich der Kardinal zu einer Klarstellung genötigt. Er habe in seiner Predigt ein glaubwürdiges, lebendiges Christentum eingemahnt, dieses brauche den Islam nicht zu fürchten. Und, so Schönborn weiter: Dass der Islam als Religion immer mehr Einfluss in Österreich gewinne, bereite vielen Menschen Sorge. Aber, wie er sich hinzuzufügen beeilte, das sei eben nicht als ein Vorwurf an Muslime zu verstehen, sondern als eine ernste Anfrage an Österreich.
Die österreichischen Bischöfe haben mittlerweile, von der Öffentlichkeit bisher weitgehend unbemerkt, zuletzt auch insgesamt eine interessante Korrektur vorgenommen. Man soll derartige strukturelle Dinge nicht überbewerten, aber ein bemerkenswertes Faktum ist es schon, dass die Österreichische Bischofskonferenz eine „Kommission Weltreligionen“ gegründet hat. Vor allem dann, wenn man weiß, dass es gar noch nicht so lange her ist, dass die Kontaktstelle für Weltreligionen der Bischofskonferenz aus Kostengründen eingestellt wurde. Bischof Werner Freistetter – Chef von Österreichs zehnter Diözese, jener für das Bundesheer nämlich, und im Episkopat referatsmäßig für den Dialog mit den Weltreligionen zuständig – wurde mit der Leitung der neuen Kommission beauftragt. Sie setzt sich aus den in den einzelnen Diözesen dafür abgestellten Spezialisten und aus anderen Experten zusammen. Dabei sollen an der Basis gemachte Erfahrungen auf der Österreich-Ebene ausgetauscht, überregionale Initiativen gefördert und, nicht zu vergessen, Rückmeldungen über Erfolge und Probleme an die Bischöfe gegeben werden, die dadurch eine zusätzliche Sensibilisierung für das Thema erfahren. Durch die Etablierung dieser neuen Kommission sind zwar im Dialog zwischen Christen und Muslimen jetzt auch keine Wunder zu erwarten, sie zeugt aber wenigstens von einem Bewusstseinswandel in der katholischen Hierarchie.
Einer, der diesen Dialog seit mehr als zehn Jahren in Österreich wohl am intensivsten pflegt, ist der Wiener Martin Rupprecht. Er ist – angesichts der nationalen Verteilung der Muslime in Österreich durchaus hilfreich –, der türkischen Sprache mächtig, katholischer Pfarrer im 15. Wiener Bezirk und nach vieljähriger Tätigkeit als Islambeauftragter der Erzdiözese Wien nun offiziell persönlicher Islamberater Kardinal Schönborns. Er erinnert sich: „Als wir im Jahr 2001 im Vikariatsausschuss Weltreligionen über Möglichkeiten