Gehört der Islam zu Österreich. Группа авторов

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Gehört der Islam zu Österreich - Группа авторов

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appelliert: „Eine echte Suche nach den Ursachen des Islamismus ist unbedingt erforderlich. Man muss sich fragen: Wo sind die Wurzeln, was hat sich in der Theologie zu ändern, um nicht zu diesen faulen Früchten zu kommen. Wenn immer gegen Ungläubige gehetzt wird, dann gehören auch die faulen Früchte zu mir.“ Er verweist selbstkritisch auf die Geschichte der katholischen Kirche, die 1.800 Jahre gebraucht habe, eine positive Linie zum Judentum zu finden. Rupprecht: „Sie hat sich jahrhundertelang antisemitisch geäußert, da war es logisch, dass es grausame Folgen gibt.“ Da Christen wie Muslime, sinnbildlich wie höchst real, im selben Haus lebten, gebe es auch nur eine gemeinsame Zukunft. Der Islamexperte schlussfolgert daraus: „Da braucht es die Ehrlichkeit in dieser Suche und nicht automatisch die Abwehr und das Einnehmen der Opferrolle. Damit tut sich die islamische Community noch schwer.“ Die Rede über Islamophobie halte er in diesem Zusammenhang für alles andere als hilfreich.

      Muslime in einer säkularen Welt

      Gehört der Islam also nun zu Österreich? Rupprechts Antwort: „Ja, wenn 600.000 oder 700.000 Muslime in Österreich leben und hier ihre Religion in Ruhe ausüben wollen, dann gilt das genauso wie für die Beantwortung der Frage, ob die Sikhs zu Österreich gehören.“ Andere Theologen wiederum sehen diese Frage an sich falsch gestellt. Österreich verfüge zweifellos über eine seit Jahrhunderten gebildete starke christliche Prägung, habe aber keine Staatsreligion, sondern ein kooperatives Verhältnis zu allen Religionsgemeinschaften. Selbstverständlich gehörten daher alle hier lebenden Menschen zu Österreich, völlig unabhängig davon, woran sie glauben – oder auch nicht glauben.

      Völlig unabhängig davon bleibt die Grundfrage, die sich besonders für den Islam stellt: Wie nun als Gläubiger in einer multikulturellen, pluralistischen, säkularen Welt leben? Für die Mehrheit der Muslime stellt das ganz offensichtlich kein großes Problem dar. Dennoch: Studien, die dann und wann erscheinen, alarmieren. Als Beispiel sei die Studie „Muslimische Milieus in Österreich“ des Instituts für Islamische Studien der Universität Wien unter Leitung von Ednan Aslan aus dem Jahr 2017 genannt, wonach jeder dritte nicht in einem Moscheeverein organisierte Muslim über – laut den Autoren – „hoch fundamentalistische“ Einstellungen verfüge. Das legt den Verdacht nahe, dass da noch einiges zu tun bleibt, theologisch zu reflektieren, danach Seelsorger entsprechend auszubilden und schließlich in die Praxis umzusetzen.

      Seit Beginn des Studienjahres 2017 bietet die Universität Wien nach längeren Vorbereitungen und unter Auswertung der wenigen diesbezüglichen europäischen Modelle das Fach Islamisch-Theologische Studien an, das mit dem Bachelor abgeschlossen werden kann. Auch die zu Beginn 2017 eingerichtete Professur für klassische und moderne Koranexegese ist dem Bemühen geschuldet, als Universität – bei Respektierung der Grenzen zwischen Staat und einer Religionsgemeinschaft – für die bestmögliche Heranbildung von Pädagogen zu sorgen. Und auch zur Herausbildung einer europäischen Spielart des Islam, der zum Role Model oder Motor für die gesamte islamische Welt werden könnte. Auch hinsichtlich des Dialogs der katholischen Kirche mit dem Islam gibt es einige institutionalisierte Angebote. So bieten die „Theologischen Kurse“ seit Jahren einschlägige Module an. Und in Salzburg ist der Lehrgang „Interreligiöse Spiritualität“ entstanden.

      Das war nicht immer so. Eingeleitet hat die Wende im Verhältnis der katholischen Kirche zum Islam das Zweite Vatikanische Konzil. Knapp vor dessen Ende, nur eineinhalb Monate vor dem Abschluss dieser Versammlung, wurde 1965 die Erklärung „Nostra aetate: Über das Verhältnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen“ mit 2.221 Ja- bei 88 Nein-Stimmen angenommen und feierlich verkündet. Besondere Bedeutung erhielt dieser vergleichsweise kurze, in fünf Kapiteln gegliederte Text (zunächst) wegen seiner klaren Absage an jede Form von Antisemitismus und seiner völligen Neudefinition des Verhältnisses der katholischen Kirche zum Judentum, die Papst Johannes XXIII., der das Konzil initiiert hatte, dessen Ende allerdings nicht mehr erlebte, ein großes Anliegen war. Gleichsam als Nebenprodukt drückten die Konzilsväter auch in zwei Absätzen ihre „Hochachtung“ gegenüber den Muslimen aus. Und sie riefen dazu auf, „das Vergangene beiseite zu lassen, sich aufrichtig um gegenseitiges Verstehen zu bemühen und gemeinsam einzutreten für Schutz und Förderung der sozialen Gerechtigkeit, der sittlichen Güter und nicht zuletzt des Friedens und der Freiheit für alle Menschen“.

      Das Dokument blieb nicht ohne Folgen. Papst Johannes Paul II. hat 2001, ein halbes Jahr vor den Anschlägen auf das World Trade Center in New York, als erster Papst in der Kirchengeschichte seine langsamen Schritte in eine Moschee gesetzt. In Österreich galt Kardinal Franz König diskret im Hintergrund als Befürworter des Baus der bis heute größten Moschee Österreichs in Wien und öffentlich als Rufer in der Wüste, dass sich der Islam zu einer Herausforderung für Europa entwickeln werde. Nach-Nachfolger Christoph Schönborn ist nun genau damit konfrontiert.

      Fazit der Situation in Österreich: Es ist nicht so, dass das Verhältnis zwischen Islam und Kirche nur mit einem Nebeneinanderher-Leben umschrieben werden kann. Es existiert zumindest auf der Ebene der Hierarchie gegenseitiger Respekt und das Bewusstsein, dass es ein Miteinander, das diesen Namen auch verdient, geben und dass jedenfalls ein Rückfall in ein Gegeneinander verhindert werden muss. Nüchtern betrachtet bleibt dieses Miteinander von Muslimen und Christen im Einsatz für eine Mitgestaltung der Gesellschaft im Grunde aber auch mehr als fünf Jahrzehnte nach dem bahnbrechenden Dokument über das Verhältnis von Katholiken zu Muslimen ein Desiderat. Oder, knapper ausgedrückt: Es gibt noch Luft nach oben.

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