Die Forsyte-Saga. John Galsworthy

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Die Forsyte-Saga - John Galsworthy

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machte eine abbittende Bewegung; er war mit einem Gentleman auf eine Stufe gestellt worden; um keinen Preis hätte er sich jetzt noch zu den Fabrikanten rechnen lassen mögen. Doch sein angeborenes Mißtrauen gegen allgemeine Prinzipien erwachte aufs neue. Was zum Teufel hatte es für einen Zweck über Regelmäßigkeit und Eigenart zu reden? Er hatte den Eindruck, als würde das Haus kalt sein.

      »Irene verträgt keine Kälte!« sagte er.

      »So!« sagte Bosinney sarkastisch. »Ihre Frau? Sie liebt die Kälte nicht? Das lassen Sie meine Sorge sein; sie wird nicht frieren. Sehen Sie hier!« er wies auf vier Zeichen in regelmäßigen Abständen an den Wänden des Hofes. »Ich habe hier Wasserheizung in Aluminiumkörpern vorgesehen; man bekommt sie in sehr hübschen Formen.«

      Mißtrauisch betrachtete Soames diese Zeichen.

      »Das ist alles sehr gut und schön,« sagte er, »aber was wird es kosten?«

      Der Architekt zog einen Bogen Papier aus der Tasche.

      »Das Haus müßte eigentlich ganz in Stein gebaut werden, da ich aber annahm, daß es Ihnen zu teuer sein würde, habe ich mich für eine Verblendung entschlossen. Es sollte ein kupfernes Dach haben, aber ich habe statt dessen grünen Schiefer genommen. Im Ganzen, einschließlich der Metallarbeiten, wird es Sie achttausend fünfhundert Pfund kosten.«

      »Achttausend fünfhundert?« sagte Soames. »Aber ich habe Ihnen doch achttausend als äußerste Grenze genannt!«

      »Unmöglich für einen Groschen weniger,« erwiderte Bosinney kühl. »Sie müssen sich dazu entschließen oder es ganz aufgeben!«

      Dies war vielleicht die einzige Art, in der man Soames einen solchen Vorschlag machen konnte. Er war in die Enge getrieben. Eine innere Stimme riet ihm, die ganze Sache fallen zu lassen. Aber die Zeichnung war gut, das wußte er – und es lag eine gewisse Würde über allem, nichts fehlte; selbst die Räume für die Dienstboten waren ausgezeichnet. Sein Kredit würde steigen, wenn er in einem Hause wohnte, das ein so eigenartiges Aussehen hatte und doch so vorzüglich eingerichtet war.

      Er vertiefte sich wieder in die Pläne, während Bosinney in sein Schlafzimmer ging, um sich zu rasieren und anzukleiden.

      Schweigend gingen die beiden zurück zum Montpellier Square, wobei Soames ihn mit einem Seitenblick beobachtete.

      Der Bukanier ist eigentlich ein hübscher Mensch – dachte er – wenn er anständig angezogen ist.

      Irene stand über ihre Blumen gebeugt, als die beiden Herren eintraten.

      Sie sprach davon, June herüber holen zu lassen.

      »Nein, nein,« sagte Soames, »wir haben noch Geschäftliches zu besprechen.«

      Beim Lunch war er fast herzlich und nötigte Bosinney fortwährend zum Essen. Er freute sich, ihn in so guter Laune zu sehen und ließ ihn den Nachmittag über mit Irene allein, während er, seiner sonntäglichen Gewohnheit nach, seinen Bildern verstohlen einen Besuch abstattete. Zur Teezeit ging er ins Wohnzimmer hinunter und fand sie in einer Unterhaltung, die wie er es ausdrückte, vom Hundertsten ins Tausendste ging.

      Er stand unbemerkt in der Tür und beglückwünschte sich dazu, daß alles ins richtige Geleis gekommen war. Ein Glück, daß sie und Bosinney gut mit einander standen; sie schien anzufangen, sich mit der Idee des neuen Hauses zu befreunden.

      Bei ruhiger Überlegung unter seinen Bildern hatte er beschlossen, die fünfhundert Pfund noch zuzuschießen, wenn es notwendig war, aber er hoffte, daß der Nachmittag Bosinneys Kostenanschlag vielleicht herabgemindert hatte. Es war ihm sicher ein Leichtes die Sache zu ändern; es mußte doch mehr als einen Weg geben die Kosten zu verringern, ohne die Wirkung zu beeinträchtigen.

      Er wartete darum eine gelegene Zeit ab, bis Irene dem Architekten die erste Tasse Tee reichte. Ein Sonnenstrahl, der durch die Spitzen des Fenstervorhangs fiel, wärmte ihre Wange, leuchtete im Gold ihres Haares und in ihren sanften Augen. Derselbe Strahl vielleicht erhöhte auch Bosinneys Farbe und gab seinem Gesicht diesen fast bestürzten Ausdruck.

      Soames war Sonnenschein verhaßt, darum stand er sofort auf und zog die Vorhänge zu. Darauf nahm er seine Tasse Tee aus den Händen seiner Frau und sagte in kühlerem Ton als er beabsichtigt hatte:

      »Gibt es keine Möglichkeit, es doch für achttausend zu machen? Sie könnten gewiß eine Menge Kleinigkeiten ändern?«

      Bosinney trank seine Tasse in einem Zuge aus und antwortete:

      »Nicht eine!«

      Soames sah, daß seine Frage einen ungreifbaren Punkt seiner persönlichen Eitelkeit getroffen hatte.

      »Gut,« erwiderte er in verdrießlicher Nachgiebigkeit, »es muß wohl alles nach Ihrem Willen gehen.«

      Wenige Minuten später erhob Bosinney sich um zu gehen, und Soames stand ebenfalls auf, um ihn hinauszubegleiten. Der Architekt schien in unglaublich guter Laune zu sein. Nachdem er ihn mit raschen Schritten hatte fortgehen sehen, kehrte Soames verstimmt ins Wohnzimmer zurück, wo Irene die Noten wegräumte, und fragte in einem Anfall unwiderstehlicher Neugierde:

      »Na, wie findest du denn den Bukanier?«

      Er sah auf den Teppich, während er auf ihre Antwort wartete, und die ließ eine ganze Weile auf sich warten.

      »Ich weiß nicht,« sagte sie schließlich.

      »Findest du, daß er gut aussieht?«

      Irene lächelte. Und Soames hatte die Empfindung, daß sie sich über ihn lustig mache.

      »Ja,« erwiderte sie, »sehr!«

      Neuntes Kapitel

      Tante Anns Tod

       Inhaltsverzeichnis

      Gegen Ende September kam ein Morgen, an dem Tante Ann unfähig war, die Abzeichen ihrer persönlichen Würde aus den Händen ihres Mädchens entgegen zu nehmen. Nach einem Blick auf das alte Gesicht verkündigte der Arzt, den man eiligst herbeigerufen hatte, daß Miß Forsyte hinübergeschlummert sei.

      Tante Juley und Hester waren von Schreck überwältigt. An ein solches Ende hatten sie nie gedacht. Wahrscheinlich hatten sie sich überhaupt niemals vorgestellt, daß einmal ein Ende kommen mußte. Im geheimen fanden sie es unbegreiflich von Ann, sie so ohne ein Wort, ja selbst ohne jeden Kampf verlassen zu haben. Es sah ihr gar nicht ähnlich.

      Was sie so tief ergriff, war vielleicht der Gedanke, daß eine Forsyte das Leben so hatte fahren lassen können. Wenn einer, warum dann nicht alle!

      Es währte eine volle Stunde, ehe sie sich entschließen konnten es Timothy zu sagen. Wenn man es ihm doch nur verheimlichen könnte! Oder es ihm allmählich beibringen!

      Lange standen sie flüsternd vor seiner Tür. Und als es überstanden war, flüsterten sie wieder mit einander.

      Sie fürchteten, daß er es mit der Zeit immer mehr empfinden würde. Indessen hatte er es besser aufgenommen, als sie erwarten konnten. Allerdings mußte er das Bett hüten!

      Tante

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