Tatort Heuriger. Sabina Naber
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Edith Kneifl (Hg.)
Tatort Heuriger
13 Kriminalgeschichten
aus Wien
Falter Verlag
© 2014 Falter Verlagsgesellschaft m.b.H.
1011 Wien, Marc-Aurel-Straße 9
T: +43/1/536 60-0, E: [email protected], W: falter.at
Alle Rechte vorbehalten.
Keine unerlaubte Vervielfältigung!
ISBN ePub:
978-3-85439-539-3
ISBN Kindle:
978-3-85439-549-2
ISBN Printausgabe:
978-3-85439-507-2
Herausgeberin: Edith Kneifl
Autorinnen und Autoren: Helga Anderle, Reinhardt Badegruber, Raoul Biltgen, Jacqueline Gillespie, Christian Klinger, Edith Kneifl, Lisa Lercher, Sabina Naber, Günther Pfeifer, Thomas Schrems, Sylvia Treudl, Thomas Askan Vierich, Günther Zäuner
Mit einem einleitenden Text von Florian Holzer
Lektorat: Helmut Gutbrunner
Umschlagdesign: Dirk Merbach
Die Handlung der folgenden Kurzgeschichten ist frei erfunden.
Jede Ähnlichkeit mit lebenden oder verstorbenen Personen ist rein zufällig.
Vorwort ~ Edith Kneifl
Vorwort
»Es wird a Wein sein und wir wern nimmer sein, drum gniaß ma ’s Lebn, so lang’s uns gfreut …“, sangen einst die legendären Schauspieler Hans Moser und Paul Hörbiger.
Der Heurige ist eine Ikone der Wienerinnen und Wiener. Mittlerweile entkommt aber auch kaum ein Tourist dieser altehrwürdigen Wiener Institution. Die meisten Stadtführungen enden heutzutage mit einem Heurigenbesuch.
Als Heuriger wird in Wien sowohl ein Jungwein als auch die Lokalität bezeichnet, in der Wein aus eigenem Anbau ausgeschenkt wird und meist auch allerlei Köstlichkeiten wie Kümmel- oder Surbraten, Liptauer- und Schmalzbrote als Unterlage für den Alkoholkonsum angeboten werden.
Beim Heurigen werden seit jeher nicht nur politische Ränke geschmiedet und gute Geschäfte gemacht, sondern auch so manche Ehen geschlossen oder geschieden.
Keine andere Attraktion wurde so oft besungen wie der Wiener Wein, die Weingärten und Heurigenorte am Rande der Stadt. Dabei ging es immer schon ein bisschen morbid und romantisierend zu. Einen beim Heurigen über den Durst zu trinken und sich dann dem Weltschmerz oder auch nur dem Liebeskummer zu ergeben gehört in Wien schon seit ewig zum guten Ton.
Diese unheilige Dreifaltigkeit, der Wein, die Liebe und der Tod, schrie förmlich nach einer weiteren Tatort-Anthologie im Falter Verlag.
Dreizehn namhafte Kriminalschriftstellerinnen und -schriftsteller nahmen sich diesem Heiligtum der Wiener Bevölkerung an.
Die meist selbst sehr trinkfesten Autorinnen und Autoren widmeten sich mit Begeisterung diesem Thema und recherchierten nicht nur im berühmten Grinzing, sondern auch in Nussdorf, Neustift, Stammersdorf, Hernals, in Oberlaa und Simmering und vielen anderen Heurigengegenden. Auch zwei Wiener Stadtheurige erregten das Interesse meiner Schriftstellerkolleginnen und -kollegen.
Wie viel inspirierende Achterl oder Vierterl beim Recherchieren nötig waren, habe ich nicht kontrolliert. Aber das Ergebnis hat mich überzeugt und wird Sie, liebe Leserinnen und Leser, hoffentlich amüsieren und Ihnen zugleich kalte Schauer über den Rücken jagen.
Genießen Sie die bösen, spannenden, humorvollen, auf jeden Fall aber weinseligen Kriminalgeschichten der prominenten österreichischen Krimiautorinnen und -autoren.
Ein Prosit der Gemütlichkeit singt zum Beispiel der Bertl-Onkel, als er wieder einmal unter dem Tisch liegt. Wer bsoffen ist, geniert sich net, und nüchtern ist es dann zu spät! Der Saddam von Oberlaa hat lange genug gewartet und nützt die stürmischen Tage in Stammersdorf und das Narrenwecken in Neustift am Walde für seine üblen Machenschaften. Die Cellospielerin vertraut auf das Pfand in ihrer Hand und den warmen Klang der D-Saite. Und ein Muttersöhnchen nimmt sogar vierundvierzig Stufen in Kauf, bis er endlich die weisen Worte der Marylin M. versteht: Rosarot. Solches sollte man beizeiten tragen.
„Es wird a Wein sein und wir wern nimmer sein …“
Viel Vergnügen wünscht Ihnen
die Herausgeberin Edith Kneifl Wien, im Mai 2014
Die Idylle trügt ~ Florian Holzer
Florian Holzer
Die Idylle trügt
Weingärten, Holzbankerln, Kastanienschatten und das melodische Klingen der Henkelgläser, in denen der Gspritzte sprudelt. Alles nur Illusion.
Charlie Chaplin und sein grandioser Film »Der große Diktator«: Tomanien, ein grauer, düsterer Ort, voll von Hass, Furcht und Verfolgung, beherrscht vom Diktator Anton Hynkel und seinen Schergen. Das Nachbarland Osterlitsch indes idyllisch, voll von Musik, Liedern, Fröhlichkeit – und von Heurigen inmitten der landschaftlich malerisch gelegenen Weingärten, in denen sich all das Gute und Schöne zu Harmonie verdichtet.
Charlie Chaplin wusste natürlich, dass das nicht stimmte. Denn der Heurige mag sich oberflächlich betrachtet zwar tatsächlich als Idylle anbieten, mit seinem knirschenden Kiesboden, dem Duft welken Kastanienlaubs, dem absplitternden Lack der massiven Holztische, auf die das warme Herbstlicht fällt, der belebenden Schärfe frisch gerissenen Krens auf der gepökelten Rindszunge und dieser zauberhaft ominös-komplexen Würze des Gemischten Satzes. Und dazu das heitere Murmeln der Menschen, das ferne Klingen, wenn sie sich mit ihren dickwandigen Gläsern zuprosten.
Bei näherer Betrachtung indes ist der Heurige alles andere als ein Paradies, vielmehr ein Ort, an dem Krise, Verderben, Niedertracht und Häme ihre Heimat haben und das Übertreten von Gesetzen – geschriebenen wie ungeschriebenen – zum Alltag gehört.
Das beginnt bei Hintergehungen, an die sich der abgestumpfte Gast im Lauf der Jahrzehnte entweder schon gewöhnt hat oder die er in seiner nichtsahnenden Naivität hier einfach nicht für möglich hält. Man wagt es kaum auszusprechen beziehungsweise niederzuschreiben, aber – ich hoffe, Sie sitzen jetzt – der Liptauer wird bei Wiener Heurigen und Buschenschanken nicht immer nur mit Brimsen und Butter gemacht, weit gefehlt, oft enthält er auch Topfen und/oder Margarine!
Das