Schwarzes Geld für schwarze Schafe. Christopher Stahl

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Schwarzes Geld für schwarze Schafe - Christopher Stahl

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Meine Mitarbeiterin hat mehrmals vergeblich …”

      „Larifari!”, unterbrach er mich mit einer unwirschen Handbewegung. Seine Augen begannen auf einmal hin und her zu wandern, so als ob die Kontrolle über sie verloren hätte. Peter Simonis hatte sich seiner höflichen, ja, fast liebenswürdigen Maske von einer auf die nächste Sekunde entledigt. Was dabei heraus kam war die Bestätigung des Bildes, das man mir von ihm schon so oft gezeichnet hatte.

      Ich hatte es erwartet, darauf gelauert und wollte doch eigentlich gar nicht, dass es geschah. Oder hatte ich es unbewusst provoziert, um mir meine unterschwellig vorhandene, schlechte Meinung bestätigen zu lassen? Jetzt verstand ich auch auf einmal, weshalb mich bereits am Telefon die ganze Angelegenheit so zornig gemacht hatte: Ich hatte – zu Recht – befürchtet, dass die beharrlichen Einflüsterungen auch bei mir, dem ach so toleranten, objektiven Darius Schäfer, ihre Wirkung nicht verfehlt hatten.

      „Was war das andere, was Sie von mir wollten. Sagen Sie schon, ich habe meine Zeit nicht gestohlen, also raus mit der Sprache”, bellte er, wobei er ich besonders betonte und dadurch, so ganz nebenbei, eine Gehässigkeit abfeuerte.

      „Sie haben versucht, eine Mitarbeiterin von mir abzuwerben, das kann …” und wieder fiel er mir ins Wort.

      „Versucht? Mein lieber Herr Kollege, versucht? Wenn ich wen will, bekomme ich ihn auch. Einem Peter Simonis entzieht man sich nicht! Haben Sie das verstanden? Aber mal der Reihe nach.

      Wie Sie es geschafft haben, mir das Mandat Krüger abspenstig zu machen, will ich gar nicht wissen. Ich sage nur eines: Noch einmal machen Sie das nicht! Dann werde ich Ihnen eine Anzeige bei der Kammer hinhängen, die sich gewaschen hat. Ich habe meine Connections”, dabei zeigte er mit einer raumgreifenden Handbewegung auf die Bildergalerie, „und die werde ich erbarmungslos einsetzen. Also, Vorsicht!

      Im Übrigen gibt es bei mir keine Unterlagen mehr. Es wurde alles ordnungsgemäß an Sie überstellt. Ich kenne meine Pflichten!” Und wieder die Betonung auf ich. „Wenn tatsächlich etwas fehlt, kann es nur bei Ihnen verschlampt worden sein. Bei mir herrscht Ordnung.”

      Einer derartigen Impertinenz war ich einfach nicht gewachsen. Ich sah ihn mit ungläubigen Augen an. Das war doch ein böser Traum, oder? Doch der Albtraum, der keiner war, ging weiter.

      „Und nun noch einmal zu der angeblichen Abwerbung. Ich kann mich an nichts Derartiges erinnern. Würde ich ja auch nie tun. Oder haben Sie etwa Beweise?”

      Ich zuckte mit den Schultern.

      „Sehen sie”, missverstand er absichtlich meine Geste, „ich glaube ja eher, Sie haben einfach nur Schiss, dass es eine Ihrer Mitarbeiterinnen, die ich zufällig einmal in einem Restaurant kennen gelernt habe, in Ihrem Dorfbüro nicht mehr aushält und endlich in einer niveau- und anspruchvollen Qualitätskanzlei arbeiten möchte. So sieht es für mich aus.”

      Dabei hatte er gleichzeitig die Lautstärke und sich erhoben und war, da es ihm aufgrund seiner geringen Größe nicht gelungen wäre, sich bedrohlich über seinen Schreibtisch zu recken, neben meinen Stuhl getreten. Die despotische Geste und das Widersinnige seiner Worte waren für mich das Signal aufzustehen. Dabei überragte ich ihn natürlich auf eine für ihn so unangenehme Art, dass er automatisch einen Schritt zurückwich. Diese Gesprächspause nutzte ich zum Gegenschlag.

      „Woher wissen Sie denn, dass es sich um die Mitarbeiterin handelt, die Sie, wie Sie selbst erklärten, bereits kennen gelernt haben? Das habe ich doch mit keinem Ton erwähnt.”

      Kurzfristig hatte ich ihn aus dem Tritt gebracht und in die Ecke gedrängt. Mit zusammengekniffenen Lippen sah er, meinem Blick ausweichend, irritiert zu Boden, als suche er dort die Antwort. Sie kam schnell, rücksichtslos und routiniert, wie bei einem gestandenen Industrie- oder Gewerkschaftsboss, dem unwiderlegbar Verfehlungen und dunkle Machenschaften nachgewiesen worden waren: Seine Körperhaltung straffte sich, der Größenwahn hatte ihn wieder im Griff. Er stützte sich mit der Rechten auf seinen Schreibtisch und wies mit einer ausladenden Geste der ausgestreckten Linken zur Bürotür.

      „Jetzt aber raus hier. Ich brauche mich doch nicht in meinem eigenen Büro verleumden zu lassen! Und dann noch mit solch üblen, manipulativen Tricks. Schleicht sich hier ein, macht einen auf Kollege und jetzt das! Gestapomethoden nenne ich das, jawohl, Gestapomethoden oder meinetwegen auch Stasimethoden, Sie können sich’s aussuchen. Und jetzt raus, aber sofort!”

      Ich setzte zwar noch einmal zu einer Erwiderung an, verkniff sie mir aber, schüttelte stattdessen den Kopf und verließ, vorbei an der konsternierten Dame am Empfang, die Kanzlei. Draußen schlug mir die brutale Hitze dieses Sommertages entgegen, aber ich konnte endlich wieder aufatmen. Auf der Rückfahrt nach Bernheim kramte ich mein Gedächtnis durch, nach allem, was ich jemals über Paranoia und Schizophrenie gehört oder gelesen hatte. Die Beschimpfungen, mit denen ich ihn jetzt in seiner Abwesenheit zur Erleichterung meines malträtieren Egos bedachte, waren auch nicht ohne! Da wusste ich jedoch noch nicht, dass ich eines Tages mit dem Anblick seines leblosen Körpers, seines von entsetzlichen Qualen verzerrten Gesichts konfrontiert werden würde Und ich wusste auch noch nicht, dass ich mich einmal für meine Verwünschungen schämen würde.

      Seitdem habe ich Peter Simonis nie mehr getroffen. Auf eine Mitteilung an die Steuerberaterkammer hatte ich übrigens verzichtet. Die Sache war mir einfach zu dumm. Außerdem, so meine hässlichen Vorurteile, hatte der dafür zuständige Justitiar bestimmt Bedeutungsvolleres zu tun, als seine mit meinem Pflichtbeitrag subventionierte Zeit mit derart „belanglosen Dingen” zu verschwenden. Er beschäftigte sich lieber mit der Abmahnung von Kollegen, deren Kanzleischild ein paar Zentimeter größer war, als die damals gültige Fassung unseres „Standesrechtes”, als dessen auserwählter und wehrhafter Gralshüter er sich verstand, es gestattete.

      Wir fertigten die fehlenden Unterlagen so gut es ging mit Hilfe der Handaufzeichnungen des Mandanten nach und ich machte einen diesbezüglichen Einschränkungsvermerk in der Abschlussbescheinigung.

      Kriminalhauptkommissar Koman hatte im Gebäude der Polizeiinspektion Alzey ein anderes Büro am Ende eines Flures im zweiten Obergeschoss bezogen. Es war nicht nur größer als das, in dem ich ihn das letzte Mal besucht hatte, es war sogar merklich besser ausgestattet. Das zweiflügelige Fenster bot einen beruhigenden Blick auf den Hof einer gegenüberliegenden Schule, von dem Pausenlärm durch das geöffnete Fenster drang.

      Die rachitischen Möbel von dem letzten Jahr waren durch einen funktional geschnittenen Schreibtisch ersetzt worden, der sowohl für Besprechungen geeignet war als auch einem neuen PC Platz bot, von dem man allerdings nur Bildschirm, Tastatur und eine Funk(!)maus sah – der Rest war wohl unter dem Tisch verborgen. Sogar seine Akten, die in mehreren Stößen unterschiedlicher Höhe aufgetürmt waren und die Koman nach einem – für nicht Eingeweihte zwar mysteriösen – auf blitzschnellen Zugriff zugeschnittenen System geordnet hatte, ließen noch Platz für spontan geforderte Bewegungsfreiräume.

      Für drei Besucher gab es bequeme Stühle, und Koman fühlte sich in seinem ergonomisch geformten Chefsessel sichtlich wohl; zumindest ließ sein zufriedenes Grinsen, mit dem er mich begrüßte, keinen anderen Rückschluss zu. Freilich, nicht alles war neu. Seine alte IBM-Kugelkopfmaschine hatte zwar ausgedient, aber einen Ehrenplatz auf einem Beistelltisch erhalten, wo ihr immer noch frisches IBM-Mattrot in Konkurrenz mit dem Glanzgrau eines nagelneuen Saecco-Espressoautomaten trat.

      Mit kindlich anmutendem Stolz fragte er: „Na, wie gefällt Ihnen mein neues Reich?”, und fügte, bevor ich noch antworten konnte, hinzu: „Um es gleich vorwegzunehmen, die Espressomaschine habe ich selbst bezahlt, kein Cent Steuergelder steckt da drin, Herr Paragraphenreiter.”

      „Und den Kaffee”, frozzelte ich zurück, „bringen sie den

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