Lache über deinen Nächsten wie dich selbst. Arno Backhaus
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Sünde ist kein Tätigkeitswort, sondern ein Zustand.
Tod tut weh – und das für immer.
Urlaub braucht nur der, der sich die Arbeit nicht richtig einteilt. Wie interessant Familie sein kann, kann nur der erfahren, der eine gründet.
Wünsche dürfen wir Gott gegenüber äußern, sollten die Erfüllung aber ihm überlassen.
„Zeit ist Geld“, sagte der Ober und addierte auf der Rechnung das Datum dazu.
Wir sind wie Schauspieler,
die ohne Text und Drehbuch auf die Bühne gestoßen werden. Aber alles muss sofort klappen, denn die Generalprobe ist gleichzeitig die Premiere. Es gibt nur eine Aufführung:
Sie heißt „Dein Leben“.
Also, Schecks und Scheckkarte …
… soll man ja nicht zusammen aufbewahren – auch zu Hause nicht, damit die Diebe, die uns pausenlos durchwühlen, nicht alles so nett beieinander finden. Die Schecks habe ich ja wiedergefunden. Aber wo hatte ich noch mal die Scheckkarte versteckt? Im Märchenbuch? In den Turnschuhen? Unterm Teppich? Im Klo?
Bis ich die blöde Scheckkarte, die jede Woche besser und gründlicher und natürlich immer woanders versteckt wird, endlich gefunden habe, hat die Bank, haben die Geschäfte zu. Jetzt kann ich meine Schecks vergessen, aber wir haben ja allüberall die praktischen Geldautomaten.
Karte reinschieben, abwarten. „Geheimcode eintippen!“ leuchtet auf dem Bildschirm auf. Klar, 3 4 2 3. Oder Moment, 2 3 3 4? Nein, 2 4 3 3. Nein, zweimal die drei nicht! Es war 3 2 4 2. Auch falsch! Ich habe drei Versuche, dann macht es zipp! Angst fressen Seele auf, Automat fressen Karte auf.
Am nächsten Morgen bei der Bank bin ich der Blöde. Zu blöd, um sich die Geheimnummer zu merken! Den Zettel, auf dem sie mal stand, soll man ja sofort vernichten – hab ich nicht gemacht, ich habe sie damals gut versteckt, aber wo? Unauffindbar! Die nächste Karte mit der nächsten Geheimnummer lässt auf sich warten. Und dann lerne ich wieder auswendig: 1 5 7 4. Vielleicht kann ich mir das als Jahreszahl mit Ereignis einprägen. 1574, sagt das Lexikon, stirbt Karl, der IX. König von Frankreich. Was habe ich mit Karl, dem IX. am Hut? Den verwechsle ich doch dann bloß mit Ludwig, dem XVI. Der kam 1754 auf den Thron, auch in Frankreich.
Nein, ich lasse mir die Zahl besser auf den Arm tätowieren und die Codierung für mein dreimal geklautes, nun jedoch bestens gesichertes Autoradio gleich dazu: Mutters Geburtstag mal zwei plus 15. Oder war es Vaters Geburtstag mal drei? Ich hatte doch mal so ein Köfferchen. In dem habe ich allerlei geheimnisvolle Wichtigkeiten aufbewahrt – wo ist das Köfferchen bloß? Es findet sich nach langem Suchen auf dem Speicher, aber es hat ein Schloss mit Zahlenkombination …
Muss ich noch weitererzählen? Ich muss nicht! Ich habe eine Versicherungsnummer, eine Steuernummer („Bei jedem Schriftverkehr bitte angeben!“), eine Kontonummer. Meine Bank hat eine Bankleitzahl und meine Stadt eine Postleitzahl, und wenn ich bei den Rolling Stones im Stadion bin und gerade in nostalgische Rührung abdriften will, dann sagt der Stadionsprecher: „Der Fahrer des Wagens mit dem amtlichen Kennzeichen HH - FF 11 wird gebeten, sich umgehend an seinem Fahrzeug einzufinden!“ – Bin ich das? Habe ich HH - FF 11 oder habe ich F 11 oder F 1? Mir fällt mein Autokennzeichen nicht mehr ein, ich könnte ja zu Hause anrufen und fragen, aber wie war doch gleich meine Telefonnummer? Verwechsle ich die nicht mit meiner Fax-Nummer?
An manchen Tagen bin ich richtig froh, wenn ich noch weiß, wie ich heiße. Übrigens habe ich auch eine Rentennummer, eine Nummer bei der Verwertungsgesellschaft „Wort“ und bei der Pensionskasse für freie Mitarbeiter. Mein Fahrrad hat eine Fahrgestellnummer, die muss ich bei Diebstahl angeben. Wenn ich sie dann finde! Aber mein Fahrrad kann gar nicht geklaut werden, weil es so raffiniert abgeschlossen ist – per Kette mit Zahlenschloss. 8 4 9 0 – nein, Moment mal – 8 9 4 0 – geht auch nicht. 4 8 9 0? Wie sägt man eigentlich Ketten mit Zahlenschlössern durch?
Nicht alles gefallen lassen
Wir wohnten im dritten Stock mitten in der Stadt und haben uns nie etwas zuschulden kommen lassen, auch mit Dörfelts von gegenüber verband uns eine jahrelange Freundschaft, bis die Frau sich kurz vor dem Fest unsre Bratpfanne auslieh und nicht zurückbrachte.
Als meine Mutter dreimal vergeblich gemahnt hatte, riss ihr eines Tages die Geduld und sie sagte auf der Treppe zu Frau Muschg, die im vierten Stock wohnt, Frau Dörfelt sei eine Schlampe.
Irgendwer muss das den Dörfelts hinterbracht haben, denn am nächsten Tag überfielen Klaus und Achim unsern Jüngsten, den Hans, und prügelten ihn windelweich.
Ich stand grad im Hausflur, als Hans ankam und heulte. In diesem Moment trat Frau Dörfelt drüben aus der Haustür. Ich lief über die Straße, packte ihre Einkaufstasche und stülpte sie ihr über den Kopf. Sie schrie aufgeregt um Hilfe, als sei sonst was los, dabei drückten sie nur die Glasscherben etwas auf dem Kopf, weil sie ein paar Milchflaschen in der Tasche gehabt hatte.
Vielleicht wäre die Sache noch gut ausgegangen, aber es war um die Mittagszeit, und da kam Herr Dörfelt mit dem Wagen angefahren. Ich zog mich sofort zurück, doch Elli, meine Schwester, die mittags zum Essen heimkommt, fiel Herrn Dörfelt in die Hände. Er schlug ihr ins Gesicht und zerriss dabei ihren Rock. Das Geschrei lockte unsere Mutter ans Fenster, und als sie sah, wie Herr Dörfelt mit Elli umging, warf unsre Mutter mit Blumentöpfen nach ihm. Von Stund an herrschte erbitterte Feindschaft zwischen den Familien.
Weil wir nun den Dörfelts nicht über den Weg trauten, installierte Herbert, mein ältester Bruder, der bei einem Optiker in die Lehre geht, ein Scherenfernrohr am Küchenfenster. Da konnte unsre Mutter, waren wir andern alle unterwegs, die Dörfelts beobachten. Augenscheinlich verfügten diese über ein ähnliches Instrument, denn eines Tages schossen sie von drüben mit einem Luftgewehr herüber. Ich erledigte das feindliche Fernrohr dafür mit einer Kleinkaliberbüchse, an diesem Abend ging unser Volkswagen unten im Hof in die Luft.
Unser Vater, der als Oberkellner im hochrenommierten Café Imperial arbeitete, nicht schlecht verdiente und immer für den Ausgleich eintrat, meinte, wir sollten uns jetzt an die Polizei wenden.
Aber unserer Mutter passte das nicht, denn Frau Dörfelt verbreitete in der ganzen Straße, wir, das heißt unsre gesamte Familie, seien derart schmutzig, dass wir mindestens zweimal jede Woche badeten und für das hohe Wassergeld, das die Mieter zu gleichen Teilen zahlen müssen, verantwortlich wären. Wir beschlossen also, den Kampf aus eigener Kraft in aller Härte aufzunehmen, auch konnten wir nicht mehr zurück, verfolgte doch die ganze Nachbarschaft gebannt den Fortgang des Streites.
Am nächsten Morgen schon wurde die Straße durch ein mörderisches Geschrei geweckt.
Wir lachten uns halbtot. Herr Dörfelt, der früh als Erster das Haus verließ, war in eine tiefe Grube gefallen, die sich vor der Haustüre erstreckte. Er zappelte ganz schön in dem Stacheldraht, den wir gezogen hatten, nur mit dem linken Bein zappelte er nicht, das hielt er fein still, das hatte er sich gebrochen.
Bei alledem konnte der Mann noch von Glück sagen – denn für den Fall, dass er die Grube bemerkt und umgangen hätte, war der Zünder einer Plastikbombe mit dem Anlasser seines Wagens verbunden. Damit ging kurze Zeit später Klunker-Paul, ein Untermieter von Dörfelts, hoch, der den Arzt holen wollte.