Mama, wir sind dann mal Gott suchen!. Frank Bonkowski
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Ich war natürlich gespannt auf das, was Lukas mir darüber erzählen würde. Er meinte dann nur, dass er seine Bekehrung schon irgendwie so gemeint hätte, aber vor allem hätte er seine Campbetreuer nicht enttäuschen wollen. Sicher wäre er sich wegen der Gottsache jedenfalls immer noch nicht, und wir sollten unbedingt weiter anklopfen.
Also würde sie weitergehen, unsere Suche nach einem Gott, den man erleben kann, der mehr ist als ein paar geistliche Glaubenssätze in einem Bekehrungsgebet, die man einmal im Leben nachgesprochen haben sollte.
Die Idee
Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr für mich getan! (Matthäus 25,40)
Als ich diesen Vers in meiner Bibel sah, kam mir eine Idee, die selbst Lukas‘ Mama umwerfend fand – nur leider nicht im positiven Sinne. Am Abend erzählte ich Lukas, dass Jesus mal gesagt hat, man findet ihn immer da, wo Schwache sind. Wenn man also einem ganz armen Menschen, der keine Rechte hat und sich nicht wehren kann, die Hand schüttelt, dann würde man Jesus die Hand schütteln. Wenn man sich um jemanden kümmert, der schwächer ist, dann wäre das, als ob man sich um Jesus kümmere. Wenn man jemandem etwas zu essen gibt, der Hunger hat, dann ist das, als hätte man Jesus geholfen!
„Und weißt du, wo es viele Menschen gibt, denen es nicht so gutgeht, die wenig zu essen haben?“
„Afrika?“
„Richtig! Also: Auf nach Afrika!“
So verkündeten wir an diesem Abend unseren Plan, nach Afrika zu fliegen, um dort Jesus zu finden.
Nebenbemerkung: Diese Idee ist grundsätzlich durchaus nachahmenswert, aber auch mit Vorsicht zu genießen. Meine Frau fand den Gedanken, ihren achtjährigen Sohn den Gefahren des afrikanischen Dschungels auszusetzen, eher gewöhnungsbedürftig!
Kleiner Tipp: Solche Ideen immer ZUERST mit deiner Frau teilen!
Aber wir beiden Männer fanden diese Idee von Tag zu Tag besser. Ein Freund von mir fliegt jedes Jahr mit einem kleinen Team nach Kampala, wo er eine Schule aufbaut und Teammitgliedern die Chance bietet, Uganda und seine Menschen zu erleben. Die Schule, die er quasi adoptiert hat, für die er Geld sammelt und regelmäßig mit Freiwilligen besucht, um selbst Hand anzulegen, ist ein Projekt des Kinderhilfswerks Global Care und wurde nach seiner verstorbenen kleinen Tochter, Naomi Froese, benannt.
Siegfried hatte noch Platz in seinem Team und wollte uns mitnehmen. Unser Plan wurde immer konkreter … bis Lukas die Riesenspritzen sah, mit denen man sich gegen alles Mögliche impfen sollte. „Daddy, am besten, du fliegst erst einmal alleine, fragst, ob Gott da ist, und ich flieg dann ein bisschen später hinterher!“
„Hat hier einer Gott gesehen?
Wir haben ihn verloren!“
Also habe ich mich alleine impfen lassen und saß im März 2008 mit 20 anderen Deutschen und ganz viel Gepäck im Flieger nach Uganda. Was wollte ich dort eigentlich?
1. Nicht immer nur über soziale Gerechtigkeit reden, sondern endlich was tun!
Wobei ich zugeben muss, dass ich mir in diesem Moment in der Rolle des guten Menschen mit einem ausgeprägten sozialen Gewissen sehr gefiel. Was tut man nicht alles, damit Leute einen gut finden! Was würde ich für coole Geschichten erzählen können, wenn ich wieder zurück wäre …
2. Ich wünsche mir eine Möglichkeit, eine Partnerschaft für unsere Gemeinde (ein Dorf, eine Schule, eine Kirche) zu beginnen, durch die wir zusammen aktiv mithelfen können, damit ein Ort mehr und mehr Gottes neue Welt erlebt!
Das war mir jetzt wirklich ein Anliegen, ganz einfach deswegen, weil es die praktische Hilfe von Mitchristen gewesen war, die in der Zeit des Burnouts meinen Glauben hatte überleben lassen!
3. Und natürlich wollte ich hier nachfragen, ob jemand Gott gesehen hat, damit ich Lukas davon erzählen kann!
Stimmt das tatsächlich, dass man Gott trifft, wenn man einem Schwachen die Hand schüttelt? Das man sich mit Gott anfreundet, wenn man Freund von jemandem wird, der nichts zu essen hat? Läuft Gott tatsächlich in Uganda rum? Werde ich ihn tatsächlich selbst erleben?
Stimmt das tatsächlich, dass man Gott trifft, wenn man einem Schwachen die Hand schüttelt?
Auf jeden Fall schrieb ich zum ersten Mal in meinem Leben Tagebuch. Falls Er tatsächlich auftauchen würde, wollte ich das nicht verpassen! Los geht´s!
Samstag, 8. März
50 Koffer nach Uganda
Nach fast genau 24 Stunden Bahnfahrt, Flugzeug und Busreise haben wir unser Ziel Kampala erreicht. Allerdings geht’s erst mal nicht ins Hotelzimmer – also keine Dusche, kein Bett, obwohl es jetzt genau das wäre, was ich unbedingt bräuchte. Auf dem Programm steht aber zunächst eine Jubiläumsparty in der Naomi-Froese-Schule, um die es bei unserem Einsatz hier hauptsächlich gehen wird. Die Schule ist gerade zehn Jahre alt geworden, und wir sind natürlich die Ehrengäste, wie fast überall, wo wir ab jetzt hinkommen. Was mir zuerst auff ällt: Sobald wir aus den alten Bussen steigen, sind wir von Kindern umringt. Ein paar ganz Mutige sind anscheinend von den anderen „bestochen“ worden und trauen sich, unsere weiße Haut anzufassen.
Irgendwann sitzen wir auf weißen Plastikstühlen – wie sooft in der nächsten Zeit –, um das Jubiläumsprogramm zu genießen. Wir werden in den nächsten Wochen ständig bei irgendwelchen Programmen dabei sein und meistens den Anfang und das Ende verpassen, weil noch andere Termine hinzukommen. Die Afrikaner haben einfach ein ganz anderes Zeitgefühl, und nie scheint jemand noch andere Termine zu haben oder nach Hause zu müssen, um sich auszuruhen. Jetzt sitzen wir also hier und genießen unsere ersten Eindrücke. Es werden viele Lieder gespielt, und die Gerüchte stimmen: Hier kann absolut jeder tanzen. Mir fällt auf, dass fast alle Kids die Mikrofone wie amerikanische Rapper halten. Die westliche Welt hat hier natürlich auch schon Einzug gehalten.
Das Essen ist auch eine spannende Angelegenheit: Erst werden uns mit Wasser in großen Kanistern die Hände gewaschen, dann werden wir von lächelnden, vor uns knienden Damen abgetrocknet. Das ist schon ein komisches Gefühl! Es folgen gekochte Bananen, Obst (das angeblich gefährlich ist, weil es andere Keime hat als die zu Hause), Hühnchen (ich passe, weil meine Schwester Sonja mich gewarnt hat), Reis und immer so weiter. Wir bekommen Gabeln, alle anderen essen mit der Hand. Das Händewaschen hatte also nicht nur metaphysisch-symbolische Bedeutung.
Nach dem Essen kommen ganz viele Reden. Die Afrikaner sind dankbar für die Naomi-Froese-Schule. Bildung ist hier absolut nichts Selbstverständliches. Ich erinnere mich an den Abend, als ich meine Tochter Jubilee mal ins Kino eingeladen habe, um zusammen „Die Päpstin“ zu sehen. Natürlich mit dem Hintergedanken, dass sie bestaunt, wie sehr Mädchen damals kämpfen mussten, um eine Schule besuchen zu dürfen. Ich weiß nicht, ob der Film meine Tochter tatsächlich dankbarer für ihre Hausaufgaben gemacht hat, aber ich weiß, dass sie zumindest von den negativen Umständen, den wenigen Bildungsangeboten, die es im Mittelalter für Frauen gab, beeindruckt war.
Hier in Afrika ist es auch nur für Kinder mit verhältnismäßig