In Dankbarkeit und Freude. Adalbert Ludwig Balling

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In Dankbarkeit und Freude - Adalbert Ludwig Balling

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genommen waren unsere Mütter durch die Bank dem näher, was Jesus uns im Evangelium nahelegt, als viele gescheite Professoren, die zwar alle Feinheiten der christlichen Lehre zu deuten wussten, aber nicht unbedingt die Frömmeren abgaben, wenn es hieß, ihr Leben nach Gottes Geboten auszurichten. Das haben übrigens auch viele prominente Geistliche so empfunden, wenn sie über ihre Mütter schrieben: Zum Beispiel Kardinal Julius Döpfner, Professor Josef Ratzinger (Papst Benedikt XVI.), die Professoren Hugo und Karl Rahner u.v.a.

      Zur Zeit unserer Eltern spielte das dörfliche Brauchtum immer eine große Rolle. Die Tradition wurde von Generation zur Generation weitergegeben, und das war gut so. Die jeweils Älteren sorgten dafür, dass die Jüngeren in alles eingeführt wurden, was sie wissen sollten, um später einmal ihre Kinder und Kindeskinder auf ähnliche Weise einweihen zu können. In den meisten Fällen waren es keine wörtlichen Unterweisungen, keine dogmatischen Lehren, auch keine ausgefeilten Katechismus-Wahrheiten, sondern, von klein auf, eher ein schlichtes Hineinwachsen in die dörflichen religiös verbrämten Begebenheiten, natürlich zuweilen auch unterschiedlich stark mitbeeinflusst von der Tradition der jeweiligen Großfamilie bzw. des Familienklans.

      Bei uns zu Hause war Mama bestimmend, was das religiöse Leben in der Familie betraf. Nicht durch Worte, sondern eher durch ihr Beispiel. Papa überließ es ihr und stimmte ihr zu. Es war auf dem Land nun mal Sache der Frauen und Mütter, die Kinder ins religiöse Leben einzuführen. Aber die Gottesdienste an den Sonn-und Feiertagen besuchten, wie schon erwähnt, in der Regel alle Einwohner ohne Ausnahme – Männer wie Frauen, Mägde wie Knechte, Junge und Alte.

      Nur die ganz Alten und die Schwerkranken waren davon befreit – und je einer der erwachsenen Männer der Dorfgemeinschaft, der sonntags, während das Gros der Dorfbewohner ins Hochamt ging, sozusagen Wache schob und mit einer mittelalterlich anmutenden Lanze (wir nannten sie Spieß) bewaffnet durchs Dorf schlich, um eventuelle Brandstifter oder Diebe ausfindig zu machen und zu stellen. Dieses Spieß-Tragen war uralte Tradition. Reihum kam jeder der Männer mal dran. Die Lanze wurde wöchentlich weitergereicht. Als Kinder trugen wir sie, wenn Papa gerade wieder mal dran gewesen war, anderntags zum Nachbarn, der dann am folgenden Sonntag an der Reihe war.

      Die Gebete zum Mittagessen und vor dem abendlichen Schlafengehen lehrte uns Mama, zunächst in Versform, damit wir sie schneller auswendig lernten. Später, in der Schule und beim Religionsunterricht, kamen dann weitere Gebete dazu: Das Ave Maria, das Vaterunser, das Credo (Glaubensbekenntnis) – und für uns Ministranten die Messgebete, damals noch in lateinischer Sprache. Wieweit dabei am Ende noch echte lateinische Worte herauskamen, ist eine andere Sache. Mitunter murmelten wir nur phonetisch nach, was wir inhaltlich gar nicht verstehen konnten. Aber daran konnte damals kein Pfarrer etwas ändern; Latein war nun mal die Sprache der Liturgie.

      Mit den Vorbereitungen auf die Erstkommunion lernten wir auch den Beichtspiegel kennen, und viele Sünden, die wir gar nicht kannten. Erst allmählich versuchten wir, unsere Sünden selber zu formulieren. Das war aufregend, vor allem beim ersten Mal. Da durften wir noch Spickzettel mitbringen, die wir dem Pfarrer vorlasen. – Nach dem festlichen Hochamt wurde in der Familie gefeiert, zusammen mit den nächsten Verwandten. Neben dem Kommunionkind saß der Taufpate (die Taufpatin), in der Regel ein Bruder oder eine Schwester unserer Eltern, von denen wir gewöhnlich auch ein paar kleine Kommuniongeschenke bekamen. Natürlich kein Vergleich zu den aufwändigen Gaben, die Kinder heutzutage zu solchen Anlässen erhalten. – Meistens machte an einem der folgenden Tage der Pfarrer (oder der Kaplan) mit den Erstkommunionkindern einen kleinen Ausflug, bei uns etwa aufs Käppele in Würzburg oder zu einem anderen fränkischen Wallfahrtsort.

      Ähnliche Ausflüge veranstalteten auch die Firmpaten/innen am Tag der Firmung. Damals wurden die Kinder nur selten in den Dörfern gefirmt. Wir, meine Klassenkameraden/innen, wurden in der St. Michaelskirche15 in Würzburg gefirmt, von Bischof Matthias Ehrenfried. Da mein Firmpate, Onkel Alfons, Mamas Bruder, schon zu Kriegsbeginn zum Wehrdienst eingezogen worden war, vertrat ihn der ortsansässige Düchsen-Bauer (Josef Düchs) beim Handauflegen; er war Pate meines Schulfreundes Ernst Düchs.

      Ich denke, dies war mein zweiter Besuch in der Frankenmetropole; das erste Mal war im Sommer 1938; da hatte Onkel Hans (Malermeister und Hausmetzger) Papa und mich mit dem Auto gefahren, um Mama und die gerade erst geborene Irene in Kösters Frauenklinik abzuholen. Die riesige Tüte Bonbons, die Onkel Hans mir damals schenkte, ehe wir wieder nach Hause fuhren, war so groß, dass ich sie mein Leben lang nicht vergessen habe.

      Gemeinsames Beten – auch beim Arbeiten im Kuhstall

      Auch das Rosenkranzbeten lernten wir in der Familie, noch bevor wir so recht verstanden, was es damit auf sich hatte. In den langen, düsteren Winterabenden, wenn auf den Feldern keinerlei Arbeiten anstanden und auch im Wald nichts Dringendes zu verrichten war, saßen oft alle Familienmitglieder in der Küche (der einzige Ort, der immer geheizt wurde) und beteten gemeinsam den Rosenkranz, mitunter sogar den Psalter, sprich: drei Rosenkränze hintereinander.

      Auch Papa und die Mägde und Knechte waren dabei. Als wir schon älter waren, beteten wir Kinder vor, sonst tat es Mama oder eine der Mägde. Dabei falteten wir keine Hände; denn es wurde fast immer gleichzeitig auch gearbeitet: Die Frauen strickten oder häkelten; die Männer schnitten dicke Kohlstümpfe in kleine Häppchen, um sie fürs Vieh und für die Schweine fressbar zu machen. Oder, und das war vor allem Papas Sache, da wurde – ja, auch während des Rosenkranzgebets – manchmal ein Hobby-Handwerk betrieben, das geräuschlos ausgeführt werden konnte wie z.B. Strohnäpfe anfertigen oder Weidenkörbe flechten.

      Wenn einem aufgeklärten und fortschrittlich Eingestellten dieses Beten und gleichzeitige Arbeiten nicht so recht passte, antworteten die Theologen meist beschwichtigend mit jesuitischer Logik: Beim Beten zu arbeiten, nein, das gehe wirklich nicht, wohl aber, beim Arbeiten zu beten; das sei allemal angebracht! Denn beten dürfe und solle man immer und überall!

      Freilich gab es auf dem einen oder anderen Hof auch Auswüchse. Von einem älteren Ehepaar erzählte man schmunzelnd: Sie hätten wirklich überall gebetet, laut und vernehmlich, auch beim Melken oder beim Ausmisten im Kuhstall. Das hörte sich dann mitunter so an: Gegrüßt seist du, Mari . . . – dann hörte man ein heftiges Aufklatschen auf dem Stallboden, und der Mann brüllte dazwischen: Du alte Britschen, kannst net wartn, bis i den Eimer weggestellt hob!? Währenddessen betete seine Frau weiter: Und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes . . . – Das klang für fremde Ohren nicht gerade sakral und einer Gebetsatmosphäre würdig. Manche hielten es für ulkig, andere für ein Vergehen gegen Gott und alles Heilige. Die Einheimischen sahen es anders; sie kannten die Beiden und wussten um ihren guten Willen. Und der liebe Gott, so meinten sie, schmunzle auch dazu. – Solche und ähnliche Episoden wurden mündlich weitergegeben, meist in kleiner Runde, wenn man sich gerade der guten alten Zeiten erinnerte.

      Überzogen sorgfältige Erziehung liefere Zwergobst, meinte Lichtenberg

      Man sagte gerne den fränkischen Bauern nach, sie seien nicht immer und schon gar nicht, wenn unter Fremden, besonders redselig. Sie dächten lieber erst lange über etwas nach, ehe sie sprächen. Und vor den flotten Preußen, so meinten sie selber, täten sie sich ohnehin schwer, weil sie sich deren schneller Schnauze nicht gewachsen fühlten. – Lieber, so hieß es weiter, hörten die Franken erst mal den Anderen zu. Schnelle Angeberei war eigentlich nicht ihr Ding. Wie sie überhaupt lieber erst mal Luft holten und tief durchatmeten, ehe sie ihre Meinung zum Besten gaben. Auch aus Angst, sich zu blamieren. Oder weil sie meinten, ihr heimischer, fränkischer Dialekt würde von den Rheinländern, Berlinern oder Sachsen nicht auf Anhieb verstanden. Großkotzete Angeber nannten sie alle, die weniger gehemmt auftraten. Doch das hielt sie, die Franken, ihrerseits nicht davon ab, hartnäckig auf ihrem Standpunkt

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