Das Phönix-Prinzip. Patrick Freudiger
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Walter und ich haben uns vor mehr als 30 Jahren an der Universität Bern kennengelernt. Ich junger Student der Informatik. Walter junger Assistent am Institut für Informatik. Nach dem Studium haben wir uns für ein paar Jahre aus den Augen verloren. Ich startete meine berufliche Karriere als Assistent an der Universität. Walter heuerte bei einem großen Bankinstitut an. Walter wurde später mein Klient und ein guter Freund. Ich blickte immer zu ihm auf. Er war mein Mentor – ein Vorbild in Sachen Mut, Demut und Selbstdisziplin. Mit diesen Tugenden brachte es Walter an die Spitze eines großen, internationalen Konzerns, was mich offen gesagt sehr beeindruckte.
Ich freute mich sehr auf das Geburtstagsfest. Unter den rund 150 Gästen waren viele berufliche Weggefährten. Menschen zwischen 45 Jahren – also solche, die noch mit Leib und Seele ihre Karriere vorantreiben – und 70 Jahren –, Menschen, die bereits die Früchte ihres erfolgreichen beruflichen Wirkens im Ruhestand genießen. Es war eine gelungene Stimmung zwischen feierlich und feucht-fröhlich.
Ein zentrales Gesprächsthema, das uns neben Laudationen und Musik-Einlagen den ganzen Abend über begleitete: Unlust am Führen im Job. »Eigentlich will ich nicht mehr, finanziell muss ich aber noch, denn ich habe mich ja gerade erst vor zwei Jahren scheiden lassen.« »Es ist so mühsam mit den jungen Menschen. Ich weiß nicht, wie ich die Generation Z packen kann.« »Mein Chef ist ein totaler Trottel. Ich möchte nichts lieber als meinen Job hinschmeißen. Aber als 57-Jähriger werde ich wohl nichts Gleichwertiges mehr finden.« Es gab viele solcher Aussagen – oft von Menschen, die es weit, aber nicht auf die CEO-Position geschafft haben.
Spannend zu beobachten waren auch die Reaktionen meiner Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner, als ich ihnen erzählte, dass ich nach ein paar Jahren als CIO in einem größeren Konzern mit knapp 55 zurück in die berufliche Selbstständigkeit wechsle. Angetrieben von der Lust, etwas selbst zu gestalten und eine Aufgabe wählen zu können, die mich ganz erfüllt. »Du tust dir das echt nochmal an?«, »mir wäre das zu mühsam«, »Respekt«, »machst du nicht große finanzielle Einbußen bei diesem Schritt?«
In den Tagen nach dem Fest ließen mich die Aussagen, die Stimmung und die unterschiedlichen Gespräche nicht los. Viele der Führungskräfte, mit denen ich gesprochen habe, und welche wie ich Mitte fünfzig sind, haben anscheinend den Spaß an ihrem Job verloren. Ist dies Ausdruck einer verspäteten Midlifecrisis, oder ist das Führen in der VUCA-Welt wirklich anspruchsvoller geworden?
Diese Fragen haben mich beschäftigt und ich habe die Reflexion darüber zum Anlass genommen, das vorliegende Buch zu schreiben. Das Buch fokussiert darauf, aus dem unangenehmen Zustand der Unzufriedenheit herauszukommen, und liefert ein Führungsmodell, das Phönix-Prinzip zur Erlangung von Exzellenz in Leadership. Durch die Auseinandersetzung mit dem eigenen Führungsverhalten und dem Streben nach Exzellenz in Leadership kommt der Spaß an Führung zurück. Das Phönix-Prinzip leitet Sie Schritt für Schritt an, in ein freudvolles Führungsdasein zurückzufinden.
Sollten Sie, liebe Leserin, lieber Leser, entsprechende Gefühle hegen, halten Sie genau das richtige Buch in Ihren Händen. Ich bin überzeugt, dass Sie bei konsequenter Anwendung der dargelegten Handlungsempfehlungen nicht nur den Spaß an der Führungsaufgabe zurückgewinnen, sondern diese mehr denn je genießen werden.
Nun mögen Sie einwenden, dass Sie nach wie vor Spaß an Führung haben. Auch dann halten Sie das richtige Buch in Ihren Händen. Denn dann sind Sie jemand, für den persönliche Weiterentwicklung eine Selbstverständlichkeit ist. Für Sie ist Führung ein Wachstumsziel, eine unaufhörliche spannende Reise, die Sie wach und beweglich bleiben lässt und auf der Sie immer wieder etwas Neues zu entdecken bereit sind.
Ihr
Patrick Freudiger
Neerach, 5. April 2021
1 Einleitung
Warum ich ein Buch über Führung geschrieben habe
Die Richtung zu bestimmen, Menschen zu steuern und in Bewegung zu setzen: Führen ist etwas Selbstverständliches, etwas Alltägliches. Führung als praktische Fähigkeit ist Teil unseres Menschseins. Auch Menschen, die über sich sagen, dass sie keine Führungspersönlichkeiten sind, geraten immer wieder in Situationen, in denen sie führen. Zum Beispiel als Eltern oder als Teil einer Sportmannschaft. Jeder von uns hat im Laufe seines Lebens viele Erfahrungen mit Führung gemacht – als Führender und als Geführter. Gerade die Erfahrung, geführt zu werden, ist oft ein sehr prägendes Erlebnis. Und nicht zuletzt haben wir tagtäglich mit der schwierigsten Führungsaufgabe überhaupt zu tun: Uns selbst führen. Die Allgegenwärtigkeit von Führung und die ihr innewohnende Komplexität machen das Thema zu einem schier unerschöpflichen Gegenstand, mit dem sich zu beschäftigen ungemein attraktiv und faszinierend ist. Das zeigt sich auch in den 75 000 Suchergebnissen, welche zum Begriff Führung auf Amazon angezeigt werden. Eine der rund 1600 Veröffentlichungen, die zum Thema Führung im Jahr 2021 erscheinen, halten Sie in Ihren Händen. Dafür danke ich Ihnen!
Warum schreibe ich ein Buch über Führung, wenn es doch schon eine Flut an Publikationen dazu gibt? Die Antwort ist simpel: Führung beschäftigt mich bereits den Großteil meines Lebens – schon vor Beginn meiner eigentlichen beruflichen Karriere. Meine ersten konkreten Erfahrungen mit Führung waren militärischer Art. Nach dem Absolvieren der Rekrutenschule 1985 wurde mir nahegelegt »weiterzumachen«, das heißt, als Korporal im Schweizer Militär die ersten Erfahrungen als Führungskraft zu sammeln. Im Sommer 1986 auf dem Waffenplatz Thun tat ich genau dies als Kommandant eines Kampfpanzers. Beim Ausbilden der Soldaten wurde mir damals bewusst: Führung ist nichts Einfaches und wohl nichts, was mir natürlich in die Wiege gelegt worden war. Ein zentrales Führungsprinzip habe ich aus dieser Zeit mitgenommen: Führen durch Vorleben oder neudeutsch »Leading by Example«. Ein Führungsgrundsatz, plausibel und einfach klingend – aber unerhört schwierig in der praktischen Umsetzung1. Zum Beispiel dann, wenn man als Informatikstudent gelernten Mechanikern das Dieselaggregat eines Kampfpanzers erklären soll. Ein zweiter Aspekt, der mich im Laufe meiner Karriere noch lange beschäftigen sollte: »Leadership is simple, but not easy«.2 Führungsprinzipien sind meist leicht zu verstehen, aber äußerst anspruchsvoll im Alltag umzusetzen. Der dritte Aspekt, der mich bewogen hat, ein Buch über Führung zu schreiben, ist, dass ich Menschen mag und ich mich für Menschen interessiere.
In meinem ersten Job als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Marketing und strategische Unternehmungsführung der Universität Bern lernte ich das Thema Führung aus einem anderen Blinkwinkel kennen. Ich befasste mich dort fünf Jahre mit dem Thema Führung aus theoretischer Perspektive.
In dieser Zeit setzte ich mich vor allem mit dem damaligen Trendthema der Erfolgsfaktorenforschung auseinander, welches eine große Faszination auf mich ausübte. Was macht einige Menschen und Organisationen so viel erfolgreicher als andere? Welche Eigenschaften zeichnen solche »Super Achiever« aus?
Der Erfolgsfaktorenforschung liegt die simple Annahme zugrunde, dass nicht alle Dinge gleich wichtig für den Erfolg einer Sache sind:
»Kritische Erfolgsfaktoren sind die wenigen Schlüsselbereiche, in denen positive Ergebnisse zwingend notwendig sind, damit eine bestimmte Führungskraft ihre Ziele erreichen kann.«3
Die wissenschaftliche Suche nach den »Naturgesetzen des Erfolgs« von Branchen, Unternehmen, Führungskräften und Menschen ist mittlerweile 60 Jahre alt, hat aber nichts von ihrer magischen Anziehungskraft verloren.