Verbena II. Ruth Anne Byrne

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Verbena II - Ruth Anne Byrne Verbena

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würde die Hunde nicht lange aufhalten, aber wenigstens mussten sie auf und ab laufen, bis sie die Fährte wieder aufgenommen hatten. An der Böschung war der Wald dicht. Leise bog ich Äste beiseite, bedacht, keine umzuknicken. Finns Adleraugen würde so etwas sofort auffallen und den anderen Jägern und Hütern wahrscheinlich auch.

      Wir zwängten uns zwischen Büschen hindurch, kämpften uns durch das Geäst. Im Inneren des Waldes war das Unterholz weniger dicht und wir kamen schneller voran. In großem Bogen umrundete ich die Heilerei.

      Fria legte ihre Hand auf meine Schulter. »Verbena, was bitte willst du noch hier? Es ist viel zu gefährlich!«

      »Auf die Burg, zum Baron. Und dir noch schnell für Ida eine Brechwurz geben.«

      »Haben dich alle guten Geister verlassen? Ist der letzte Funke deiner Vernunft in der Heilerei verbrannt?«

      »Wenn es einen Ort gibt, an dem Korvinus mich nicht suchen wird, dann in der Burg! Ich muss den Baron um Alraunes Leben bitten. Er ist der Einzige, der noch helfen kann. Ein letztes Mal.«

      »Du bist verrückt. Noch dazu, …«, sie deutete auf meinen Kopf, »… mit deinen Heilerhaaren erkennt man dich doch zehn Meilen gegen den Wind!«

      Ich langte nach einer der vielen verfilzten Strähnen, drehte sie zwischen den Fingern. Das stimmte wohl.

      Kurzerhand zog ich Malve von der Schulter und steckte ihn in sein Fach in meiner Tasche. Dann holte ich die Schatulle heraus, öffnete sie und reichte Fria die Schere. »Mach es kurz und schmerzlos!«

      Eine nach der anderen fielen mir die langen Strähnen in den Schoß. Ich sammelte sie, strich darüber. Ausgerechnet am Tag meiner Volljährigkeit, an dem Tag, an dem Alraune mich aus ihrer Ausbildung entließ, verlor ich meine Heilerhaare. Seit ich denken konnte, hatte Alraune sie mir gefilzt. Alraune, die mich aufgenommen hatte, mir wie eine Mutter gewesen war.

      Wellen von Trauer und Hilflosigkeit schüttelten mich. Fria umarmte mich von hinten, hielt mich fest, während ich immer heftiger weinte.

      In meiner Tasche grummelte es.

      Sofort ließ Fria mich wieder los. Sie erinnerte sich offenbar noch gut an den Vorfall letztes Jahr, als Malve sie beinahe angefallen hätte.

      Ich wischte mir die Tränen aus dem Gesicht. »Beruhige dich!«, sagte ich zu ihm und steckte die Hand durch die Klappe in sein Fach. Ich kraulte ihn am Kopf, ließ ihn spüren, was ich für Fria empfand – meine älteste, beste und inzwischen einzige Freundin. Sie hatte mich gerettet, obwohl ich sie weggestoßen hatte.

      »Danke«, sagte ich zu ihr, »ich habe dir Unrecht getan. Es tut mir so leid! Ich hätte dir schon längst alles erzählen sollen.«

      Sie schlang noch einmal ihre Arme um mich. »Alles Gute zum Geburtstag. Ich wünschte, ich hätte dir einfach Honigkuchen aus der Küche klauen können, so wie jedes Jahr«, flüsterte sie mir ins Ohr.

      Dann stutzte sie und warf einen Blick hinunter auf meine Tasche. »Sag, ist es bei dir auch so, wie bei der alten Seggenseerin?«

      Die alte Seggenseerin? »Wie kommst du denn darauf?«

      »Na ja, wegen der Verbindung zu einem Tier … nur kein Ziegenbock, sondern ein Marder.«

      Ich sah sie verdutzt an. »Woher weißt du überhaupt von der und ihrem Ziegenbock?«

      »Diese Geschichte erzählen sich doch alle im Dorf.« Sie zuckte mit den Schultern und machte sich wieder ans Haareschneiden.

      Taten sie das? Wie töricht von mir anzunehmen, dass Alraune mir das streng vertraulich zugesteckt hatte.

      »Weiß nicht, vielleicht«, murmelte ich. Eine Begabte war sie gewesen, die alte Seggenseerin, aber mit ihr wollte ich beim besten Willen nicht verglichen werden – nach all den Schauermärchen, die Alraune mir über sie erzählt hatte. Was für ein entsetzliches Weib!

      »Schon arg, dass Korvinus’ Großmutter eine Begabte war und er führt sich jetzt auf, als wäre er der Oberhüter … pffff«, plapperte Fria.

      Ich wandte mich zu ihr um. Plötzlich ergab alles Sinn. Warum hatte ich diesen Schluss nie gezogen? »Vielleicht ja gerade deswegen. Die alte Seggenseerin soll seine Mutter ins Grab gebracht haben.«

      Fria ließ die Schere sinken. »Wirklich? Ich dachte, sie sei an einer seltenen Krankheit verstorben.«

      Gab es tatsächlich etwas, was Fria nicht wusste? Unglaublich … und umso besser! Sollten sich die Leute im Dorf doch das Maul darüber zerreißen, wie es in der Burg wirklich zuging. »Alraune hat gesagt, dass die Seggenseerin ihrem Sohn nie zugebilligt hatte, eine Nicht-Begabte zu ehelichen. Die Alte soll Roderiks Frau nach Strich und Faden fertig gemacht haben, so lange, bis sie aus Gram verstorben ist. Korvinus ist der Älteste der drei Seggensee-Kinder. Er war vermutlich alt genug, all das mitzuerleben.«

      In einiger Entfernung bellten Hunde. Es war so weit.

      Schnell legte ich die Hand auf Frias Arm, nur um sicherzugehen, dass sie stillhielt. Ich prüfte den Wind. Er kam von dort, wo ich das Bellen hörte – Mavanja sei Dank!

      »Mach fertig, schnell!«, flüsterte ich und deutete auf meinen Kopf. Schon fielen die letzten Strähnen zu Boden. Ich fuhr mir durch die kurzen Haare. Wie seltsam leicht sich mein Kopf anfühlte.

      »Die brauchen wir noch!« Fria sammelte die Strähnen auf.

      Das Bellen wurde lauter.

      Ich schlich durch das Gebüsch auf den Moosbach zu und lugte durch die Äste.

      Bei Mavanja! Dort drüben am anderen Ufer liefen sie entlang. Die Hunde, die Hüter und halb Seggensee … mit Mistgabeln und Dreschflegeln!

      Sie zogen Richtung Heilerei – dorthin, wo sie meine Fährte finden würden.

      Höchste Zeit, die Brechwurz für Ida zu suchen. Ich drehte und wendete mich, hörte, wie die Hunde den Lauf des Baches aufwärts zogen. Diese Pflanzen wuchsen hier überall. Sollten sie jedenfalls.

      Ich lief ein Stück weiter, sah wenige Schritte vor mir die richtigen Blätter. Schnell hockte ich mich hin, das Bellen der Hunde im Ohr. Mit dem Messer hob ich die Wurzel aus. Ich wischte die Erde ab und streckte sie Fria entgegen. »Hier!«, flüsterte ich. »Schneide eine hauchdünne Scheibe davon ab und gib sie Ida zum Kauen. Escha sei mit ihr!«

      Fria steckte sie ein, hatte meine Strähnen in der Hand. Auf unserem Weg zur Uferböschung schlug sie damit wie mit einer Rute gegen die Stämme der Bäume. Da wurde mir erst klar, was sie tat.

      »Wirf die in den Moosbach … wenn sie dich damit erwischen!«

      Doch sie zwinkerte mir zu. »Lass das nur meine Sorge sein«, flüsterte sie. »Wohin wirst du gehen? Nach der Burg, meine ich.«

      Hellenfels. Valerian suchen.

      Egal, wie er sich benommen hatte, er war der Einzige, der mir helfen konnte.

      »Es ist besser, wenn du das nicht weißt.«

      Ihre Augen wurden glasig. »Ist er das, der Abschied?«

      Ich konnte nichts erwidern, einen Kloß in der Kehle. Ich fiel ihr um den

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