Kirchliches Leben im Wandel der Zeiten. Группа авторов

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Kirchliches Leben im Wandel der Zeiten - Группа авторов Erfurter Theologische Studien

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aus der Defensive heraus stärken und sorgte oft dafür, dass Katholiken im Ghetto blieben. Erst der Ausbruch des Ersten Weltkriegs gegen den „Erzfeind“ Frankreich sorgte dafür, dass die Katholiken im Kaiserreich ankamen und die Zugehörigkeit zur deutschen Nation über die mit dem französischen Gegner gemeinsame Zugehörigkeit zur katholischen Kirche stellten.104 Grundsätzlich stand der deutsche Kulturkampf allerdings in einem internationalen Kontext,105 vergleichbare Auseinandersetzungen gab es auch außerhalb Europas, etwa in Mexiko, wobei sich oft religiöse, soziale, politische, ökonomische und allgemein kulturelle Konflikte überlagerten.106 Zu prüfen wäre insbesondere, ob auch Vertreter anderer Konfessionen mit dem Nationalstaat in Konflikt gerieten und was die Gründe dafür waren.

      Völlig anders sah die Lage bis zum Ersten Weltkrieg in Osteuropa aus: Dort gab es keine Nationalstaaten, sondern multinationale Imperien, die religiös heterogen, aber nicht pluralistisch waren. So gehörte ein Großteil der Bevölkerung im Osmanischen Reich der Ostkirche an, aber der Islam war Staatsreligion. Die Orthodoxie war Staatsreligion im Zarenreich, aber diverse nichtrussische Nationen waren muslimisch, katholisch oder protestantisch. Im Habsburgerreich dominierte der Katholizismus, aber unter den Nicht-Titularnationen (Serben, Ukrainern, Rumänen) herrschten die Orthodoxie und die griechisch-katholische Kirche vor. Wie später beim Zerfall der Sowjetunion und Jugoslawiens kam der Religion schon nach 1918 eine große Bedeutung für die Festigung nationaler Identitäten zu.

      Schon diese wenigen Schlaglichter vermögen die Bedeutung religiöser Eliten im Allgemeinen und katholischer Priester im Besonderen für die Genese der europäischen Nationen und Europas anzudeuten. Die Frage nach den Ursprüngen der europäischen Identität stellt sich angesichts der aktuellen „Eurokrise“ drängender denn je. Um sie zu beantworten, muss aber auch die Geschichtsschreibung ihre nationalen und konfessionellen Fixierungen überwinden.

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