Religiöse Bildung am Bayerischen Untermain. Peter Muller

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Religiöse Bildung am Bayerischen Untermain - Peter  Muller

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mit der Plastizität des Gehirns, seiner Veränderbarkeit und Formbarkeit; es wird der Grundstein für lebenslanges Lernen gelegt. Je solider und breiter die Basis an Wissen und Können aus jener Zeit ist, desto leichter und erfolgreicher lernt das Kind danach.“25 Drei Leitziele sollen diesem hohen Stellenwert der frühen Bildung zur Umsetzung verhelfen.

      – Stärkung kindlicher Autonomie und sozialer Mitverantwortung. So sind jedem Kind „größtmögliche Freiräume für seine Entwicklung zu bieten“. Gleichzeitig gilt es, in diesen Freiräumen Gelegenheiten zu schaffen, in denen das Kind lernt, in sozialer Verantwortung zu handeln. Dazu sind konkrete Mitsprache- und Wahlmöglichkeiten notwendig. In der kindgemäßen Reflexion des eigenen Verhaltens lernt es die Konsequenzen seines Handelns für sich und für andere.26

      – Stärkung lernmethodischer Kompetenz. Lernen lernen ist nicht erst eine Aufgabe der Schule. Durch gezielte, d. h. an bestimmten Situationen und Inhalten orientierte Moderation der Lernprozesse, erwerben Kinder die Fähigkeit, über das eigene Denken nachzudenken (Meta-Kognition). Sie lernen erste Strategien, um ihr Lernen selbst zu steuern.

      – Stärkung des kompetenten Umgangs mit Veränderungen und Belastungen. Vor dem Hintergrund der Annahme, dass Resilienz nicht angeboren, sondern von zwei Faktoren geprägt ist (das Vorhandensein bzw. Fehlen spezifischer menschlicher Stärken, z. B. positives Denken, Kreativität, Vertrauen, Selbstreflexion, soziale Kompetenzen und förderliche Umweltbedingungen z. B. soziale Beziehungen), wird der Qualität der Beziehungen, die Kinder in der Familie und in den anderen Bildungsorten erfahren, zentrale Bedeutung für den Erwerb von Resilienz zugemessen. Daher fordert der Plan insbesondere jene Kompetenzen zu stärken, die das Kind befähigen, mit Veränderungen und Belastungen konstruktiv umzugehen. Auch hier wird das eigene Lernen des Kindes herausgestellt. Es soll lernen, in Belastungssituationen auch die Herausforderung zu sehen und seine Kräfte sowie seine sozialen Ressourcen zu nutzen. Von besonderer Bedeutung für die Begleitung der Kinder sind in diesem Zusammenhang die Übergänge zwischen verschiedenen Bildungsorten, weil die Kinder sich in diesen Situationen auf viele neue Situationen einstellen müssen.

      Bildung und Erziehung lassen sich vor diesem Hintergrund kaum mehr abgrenzen. Wird Bildung als sozialer Prozess verstanden, so sind die klassischen Aufgaben der Erziehung wie z. B. die Entwicklung von Werthaltungen, Gestaltung von Beziehungen und Umgang mit Gefühlen auch Gegenstand von Bildung. „Mut zur Erziehung, d. h. Kindern in einer wertschätzenden Weise Orientierung geben, indem erwachsene Bezugspersonen ihnen gegenüber klare Standpunkte beziehen und Grenzen setzen – dies ist ein Anliegen, das Eltern und pädagogische Fachkräfte in Kindertageseinrichtungen in ihrer gemeinsamen Verantwortung für das Kind gleichermaßen betrifft.“27

      2.1.4 Das Verhältnis von Spielen und Lernen im Bayerischen Bildungs- und Erziehungsplan

      Der bayerische Bildungs- und Erziehungsplan baut auf dem in Schweden entwickelten „ko-konstruktiven Lernansatz“ auf. Er betont, wie im Bildungsverständnis bereits erwähnt, die meta-kognitive Ebene. Er zielt darauf ab, dass Kinder ein Verständnis für die Phänomene der Umwelt entwickeln und zugleich bewusst lernen. „Lernprozesse werden nicht mehr als bloße Wissensaneignung verstanden, sondern als aktive und kooperative Formen der Wissenskonstruktion und des Kompetenzerwerbs. Soziale und individuelle Formen des Lernens gehen Hand in Hand. Die Unterstützung der Kinder bei ihren Lernprozessen erfordert sozialen Austausch auch dann, wenn Lernbegleiter wie Medien und Bücher Einsatz finden.“28 Entscheidend für den Lernfortschritt ist die Qualität des geforderten Interaktionsgeschehens. Verantwortlich für deren Moderation ist die jeweilige Fachkraft. Der Plan betont wie wichtig es ist, das Interesse mit den Kindern zu teilen, herauszufinden, wie sie Dinge erleben und verstehen, mit ihnen gemeinsame Aktivitäten durchzuführen, sich mit ihnen im steten Dialog zu befinden und das Lerngeschehen immer wieder für Kinder zu visualisieren, z. B. durch Fotos und Aufzeichnungen. Kinder und Erwachsene werden zu einer „lernenden Gemeinschaft“, in die sich jeder mit seinen Stärken und seinem Wissen einbringen kann. Die Grenzen zwischen Lehren und Lernen verwischen. Auch hier werden Kinder zu Mitgestaltern Ihrer Lernprozesse und zu aktiven Ko-Konstrukteuren ihres Wissens und Verstehens.29

      Der Plan strebt eine Überwindung des Gegensatzes von spiel- und instruktionsorientierten Lernansätzen an. Er hebt deutlich hervor: Bis zur Einschulung herrschen informelle und non-formale spielerische Lernformen vor. Grundlagen elementarer Bildungsprozesse bleiben sinnliche Wahrnehmung, Bewegung, Spiel und kommunikativer Austausch. Spielen und Lernen stellen keine Gegensätze dar. Auf beiden Seiten der gleichen Medaille wird eine Beziehung zur Umwelt hergestellt bzw. Umwelt verarbeitet. Spiel- und Lebenswelt sind eng miteinander verknüpft. Das Spiel ist „die elementare Form des Lernens. Und es ist Auslöser und integraler Bestandteil geplanter und moderierter Lernaktivitäten mit Kindern“.30

      Aber zugleich will kein Kind nur spielen, es will auch mit realem Leben und ernsthaftem Tun befasst sein. Die Höhergewichtung des elementaren Bildungsauftrags hat zur Konsequenz, „dass sich das beiläufige Lernen der Kinder bei ihrem Spiel zum spielerischen Lernen entwickelt, dem mehr systematische Begleitung und didaktische Aufbereitung zuteil wird, und das durch weitere Bildungsansätze wie Projekte und Workshops ergänzt wird. Freispiel ist wichtig, sollte jedoch unterstützt werden und muss in einem angemessenen Verhältnis zu Lernaktivitäten stehen, die die Erwachsenen planen und initiieren.“31 Solche strukturierten Lernangebote müssen täglich erlebt werden und bilden somit ein Lernmodell. Eine wesentliche Voraussetzung hierfür ist, mit allen Kindern über eine längere Zeit hinweg ungestört pädagogisch arbeiten zu können.32

      Für dieses Verständnis von spielerischem Lernen werden einige Faktoren benannt, die zum Gelingen beitragen:

      – Bedingung ist ein Umfeld, in dem sie sich sicher und geborgen fühlen, in dem sie täglich ausreichende Möglichkeiten zur Bewegung haben und mit allen Sinnen beteiligt sind. Lernprozesse müssen an den kindlichen Gegebenheiten wie Neugier und Experimentieren ansetzen. Gleichzeitig brauchen Kinder individuelle Lernwege, die den unterschiedlichen Lernbedürfnissen der Kinder gerecht werden.

      – Unter den Stichworten Interesse, Atmosphäre und Lernumgebung wird der Zusammenhang zwischen dem Kontext des Kindes und seiner Lernfreude hervorgehoben. Kinder interessieren sich nicht in erster Linie für reine Fakten. Ihr Interesse bezieht sich auf den Zusammenhang, z. B. im Rahmen einer Geschichte, in dem ein Lernprozess organisiert wird. Entscheidend sind die Emotionen, die Lernaktivitäten begleiten bzw. aus Lernaktivitäten hervorgehen. Diese Gefühle werden mitgelernt und prägen das weitere Lernverhalten. „Wenn sie in vorschulischen Lernprozessen spielerisch mit z. B. mathematischen oder naturwissenschaftlichen Inhalten experimentieren können, dann ermöglicht ihnen dies später einen kreativen Umgang mit diesem Wissen.“33 Neben den Emotionen in den Lernprozessen spielt die Bedeutung des Raumes eine große Rolle in den vorschulischen Bildungsprozessen. „Lernumgebungen, die liebevoll und anregend gestaltet und an deren Gestaltung die Kinder beteiligt worden sind, steigern Wohlbefinden, Lernmotivation und Effizienz von Lernprozessen.“34

      – Ein weiterer Faktor für das spielerische Lernen ist die Möglichkeit zum kooperativen Lernen und das Lernen am Modell, die Bedeutung von Vorbildern. Kinder konstruieren ihr Weltverständnis in erster Linie durch den Austausch über die Dinge der Welt und welche Bedeutung diese haben. Eine gemeinsame Aufgaben- und Problemlösung mit anderen Kindern und Erwachsenen und der entsprechende kommunikative Austausch darüber stellt ein „ideales Lernumfeld“ dar. Die Vorbildwirkung der Erwachsenen ist in diesem Zusammenhang, wenn mit den Kindern in ernsthaften Situationen kooperiert wird und sie hier die Erfahrung machen, ernst genommen zu werden.

      – Vor diesem Hintergrund wird die Bedeutung des eigenaktiven und selbsttätigen Lernens deutlich. Als Grundsatz wird hier formuliert: „Zeige mir und

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