Religiöse Bildung am Bayerischen Untermain. Peter Muller

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Religiöse Bildung am Bayerischen Untermain - Peter  Muller

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muss so früh wie möglich passieren und gehört zu den „Kernaufgaben vorschulischer Bildung“85. Kindertageseinrichtungen können sowohl die primäre wie die sekundäre Prävention bei nahezu allen Kindern gewährleisten. Die Kindertageseinrichtungen „verfügen über einen direkteren und systematischeren Zugang zu einer großen Zahl von Kindern als irgendeine andere Institution. Sie schaffen einen Rahmen, in dem Kinder positive Beziehungen zu anderen Kindern und unterstützende Beziehungen zu Erwachsenen außerhalb der Familie aufbauen können. Für sozial benachteiligte Kinder sind sie ein wichtiger Ort der persönlichen Zuwendung, sozialer Einbindung, Bestätigung eigener Fähig- und Wertigkeiten, für Struktur, Stabilität und vielfältige Anregung.“86 Diese Vernetzung der bestehenden Kindertageseinrichtungen macht sie zu einem sinnvollen Ausgangspunkt für eine Kombination von kind- und familienorientierten Präventionsansätzen. „Sie sind idealer Stützpunkt für niederschwellige Präventionsangebote …, für die direkte Einbettung von Fachdiensten sowie Angeboten der Familienbildung und Elternberatung. Anstrebenswert ist, Kindertageseinrichtungen zu Kompetenzzentren für Kinder und Familien und damit zu „Knotenpunkten“ im kommunalen Jugendhilfesystem zu machen.“87

      Mögliche Handlungsfelder auf der individuellen Ebene88

      Solche Handlungsfelder sind das kooperative Lernen, das Heranführen an gesunde Lebensweisen und effektive Bewältigungsstrategien und der Einsatz von Märchen und Geschichten. Das kooperative Lernen ermöglicht es u. a., den Kindern Sinnzusammenhänge aufzudecken, die sich auf den ersten Blick als schwierig erweisen. Gerade in der Begegnung mit Sterben und Tod und den sich daraus ergebenden Bewältigungsaufgaben stellt sich die Frage nach einem umfassenden Sinnverständnis, das in einem christlich-religiösen Kontext Befreiungspotenzial entfalten kann. Aber auch im Umgang mit Märchen und Geschichten bietet religiöse Bildung und Erziehung einen reichen Fundus an Resilienz fördernden Maßnahmen. Zentrale Punkte sind hierbei die Lösung eines Problems, die Bereitschaft, für sich und andere Verantwortung zu übernehmen, sich von Rückschlägen nicht entmutigen zu lassen und durch den Glauben an die in einem selbst liegenden Fähigkeiten die Anforderungen der Mitwelt bewältigen zu können. Dieser in ihm selbst begründete Selbstwert hilft dem Protagonisten in den Märchen auch, konstruktive soziale Beziehungen aufzubauen. Im Bildungs- und Erziehungsplan wird die religiöse Dimension der Märchen nicht explizit erwähnt. Im Kontext der hier vorgelegten Untersuchung sei aber darauf hingewiesen, dass gerade im Vertrauen auf Gott viele Aufgaben erst durch dieses Vertrauen angegangen und gelöst werden können. So ist Gott bzw. das Jenseitige im Märchen höchst gegenwärtig, weil er auch immer im Erzähler und Zuhörer ganz selbstverständlich gegenwärtig war.89 Auch die „Helden“ der biblischen Erzählungen sind eben einfache Menschen, die durch das Vertrauen in Gott bzw. in den „menschgewordenen“ Gott Jesus Christus mit den Schwierigkeiten des Lebens zurechtkommen, und darin Resilienz aufzeigen.

      – Das Handeln auf der interaktionalen Ebene bezieht sich auf die Bindungs-, Beziehungs- und Interaktionsqualität im pädagogischen Alltag.

      Die zentralen Elemente dieses Ansatzes sind die bedingungslose Wertschätzung als Grundlage für den Aufbau eines Selbstwertgefühls, entsprechende Anforderungen an das Kind stellen und die entsprechenden Problemlösefähigkeiten kommunikativ und authentisch vermitteln und: „dem Kind Zukunftsglauben vermitteln.“90

      – Das Handeln auf kontextueller Ebene

      In diesem Zusammenhang wird die Bedeutung der Kindertageseinrichtung als positiver Entwicklungsrahmen hervorgehoben. Insbeson dere geht es um die Individualisierung und innere Differenzierung des pädagogischen Angebots. So wird für das Lernen und die Entwicklung des Kindes die „große Bedeutung von intensiven Fachkraft-Kind-Interaktionen in Kleingruppen“ betont.91 Auch die „geeignete Lernumgebung“ verweist auf die Notwendigkeit „einer kleinteiligeren räumlichen Gliederung mit spezifischen Erfahrungs- und Lernangeboten“92 hin. Die Größe der Gruppen wird in diesem Zusammenhang auch als relevanter (Belastungs-) Faktor benannt.93

      Neben diesen Faktoren spielt für den Aufbau der Resilienz die Stärkung der Elternkompetenz eine zentrale Rolle. Grundlage hierfür ist der Aufbau einer Bildungs- und Erziehungspartnerschaft. Dies wiederum erscheint nur möglich, wenn es zunehmend mehr gelingt, die Kindertageseinrichtungen zu Kompetenzzentren im kommunalen Jugendhilfesystem auszubauen.94 Aus der Perspektive elementarer religiöser Bildung und Erziehung hätte dies auch erhebliche Vorteile für die zahlreichen Kirchengemeinden als Träger von Kindertageseinrichtungen. Sie könnten Aufgaben der Familien-, Kinder- und Jugendpastoral in besonderer Weise vernetzen.95 Hierzu wäre aber auch aufseiten der Kirchenleitungen eine Aufbruchsstimmung nötig, die diese Perspektiven untersuchen lässt und entsprechende Modellprojekte in der Region mitentwickelt.96

      2.3. Innere Strukturierung des Bayerischen Bildungs- und Erziehungsplans

      Der Bayerische Bildungs- und Erziehungsplan entfaltet vor dem Hintergrund der oben beschriebenen Basiskompetenzen des Kindes in den Kapiteln 6–8 themenübergreifende Bildungs- und Erziehungsperspektiven, themenbezogene Bildungs- und Erziehungsbereiche und Schlüsselprozesse für Bildungs- und Erziehungsqualität. Diese sind nach einem einheitlichen Binnenraster entwickelt. Dieses Grundraster dient dem Anspruch des Plans, die innere Vernetzung der einzelnen Bildungsbereiche deutlich herauszustellen und die vernetzte Anwendung auch für den Nutzer leichter zu machen. Die Kapitel gliedern sich in Leitgedanken, die die Kernelemente im Hinblick auf das Kind und seine Bildungs- und Entwicklungsbedürfnisse in den Vordergrund rücken. Im Folgenden werden die Basiskompetenzen bereichsspezifisch als Bildungs- und Erziehungsziele erläutert. Im Anschluss daran werden Anregungen und Beispiele zur Umsetzung beschrieben. Diese Anregungen differenzieren sich noch einmal in einem einheitlichen Feinraster, das zunächst die Grundlagen erläutert. Diese gehen auf die Bedeutung dieses speziellen Bereichs für den pädagogischen Alltag ein, zeigen Querverbindungen zu anderen Bereichen und erschließen pädagogische Leitlinien bzw. wichtige Lernprozesse. Darüber hinaus erläutert es die geeignete Lernumgebung, die entsprechende Atmosphäre, die Zusammenarbeit mit der Familie und die Gemeinwesensorientierung bzw. Kooperation mit fachkundigen Stellen. In einem zweiten Schritt werden Aktivitäten bzw. Ansätze für den spezifischen Bildungsbereich unterschiedlich entfaltet. In einem letzten Schritt veranschaulichen Praxisbeispiele die Anregungen. Der Bildungsplan versteht jede der dargestellten Bildungsbereiche als eine in sich geschlossene Kurzhandreichung, die die wichtigen Informationen gebündelt darstellt und so auch der sozialpädagogischen Praxis eine alltagsorientierte Hilfe geben will. Diese Struktur ist das Ergebnis der in der Erprobung des Plans klar getroffenen Entscheidung, eine „enge Verknüpfung von Theorie und Praxis herzustellen.“97 Die themenbezogenen Bildungsbereiche enthalten noch eine weitere Besonderheit. Sie enthalten Zwischenüberschriften, die die Kompetenzen der Kinder in den Vordergrund stellen. Damit soll das Signal für den Perspektivenwandel von der defizitorientierten hin zu einer kompetenzorientierten Perspektive gesetzt werden, die im Kapitel Basiskompetenzen des Kindes erläutert wurde.

      2.4. Ausgewählte themenübergreifende Bildungs- und Erziehungsperspektiven

      Im Kapitel sechs des Bildungsplans werden die themenübergreifenden Bildungs- und Erziehungsperspektiven dargestellt. Im Rahmen der hier vorliegenden Untersuchung wurden die beiden Themenbereiche Transition und interkulturelle Erziehung ausgewählt. Die Frage der Anschlussfähigkeit der elementaren religiösen Bildung im Kindergarten an die religiöse Erziehung im Grundschulbereich erschien mir hier von besonderer Bedeutung. Hier zeigt sich auch eine strukturelle Schwäche des Plans.98 Anders als der Hessische Bildungsplan wird im Bayerischen Plan eine systematische Verknüpfung mit der Grundschule nicht vollzogen. Dies erscheint als ein Geburtsfehler, der die Anschlussfähigkeit der Inhalte und die kontinuierliche Förderung von Kompetenzen der Kinder im Kindergarten- und Grundschulbereich eher erschwert.

      Im

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