Gestalttherapie mit Kindern und Jugendlichen. Группа авторов

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Gestalttherapie mit Kindern und Jugendlichen - Группа авторов страница 30

Gestalttherapie mit Kindern und Jugendlichen - Группа авторов IGW-Publikationen in der EHP

Скачать книгу

Auf diese beiden Fragen gab es keine klaren Antworten. Diese Ambivalenzen der Erwachsenen auszuhalten, war Teil der Therapie. Oftmals blieb ich wie Anatol mit einem Gefühl der Verwirrung, Orientierungslosigkeit und Erschöpfung zurück. Schließlich gab er mir die Rolle des Anwalts, somit brauchte er selbst nicht mehr Anwalt des Vaters und der schwierigen Beziehung seiner Eltern zu sein. Er konnte sich allmählich distanzieren, seine Überforderung und seine Ängste wurden weniger.

      Das Thema Alkoholismus war von Anfang an benannt. »Mein Vater säuft« – mit diesen Worten begann Anatol unsere erste gemeinsame Sitzung. Seiner Mutter kommt in diesem Zusammenhang eine Schlüsselrolle zu. Laut einer Untersuchung von Kösten4 verleugnet meist der nicht-trinkende Elternteil das Alkoholismusproblem des anderen Elternteils, Alkoholismus wird somit zur Krankheit namens Verleugnung. Dabei haben die Kinder von Alkoholikern wesentlich bessere Prognosen, selbst nicht Alkoholiker zu werden, wenn die Krankheit benannt wird und im Idealfall durch erfolgreiche Psychotherapie behandelt wird. Wie schwierig dies allerdings ist, zeigt sich beim Vater von Anatol. Er war anfangs sehr bemüht, konnte jedoch sein Engagement nicht konsequent durchhalten. Er kam im Gegensatz zu seiner Frau nicht regelmäßig zur Elternarbeit. Gründe dafür waren zum einen, dass er es nicht immer wollte, zum anderen, dass seine Frau es nicht wollte und auch, dass ich es als Therapeut nicht immer wollte. Ich muss mich selbst aus heutiger Sicht kritisch fragen, ob ich den Kontakt mit ihm phasenweise vermied, etwa in den Zeiten seiner Rückfälle. Und trotzdem: Es gab innerhalb der Therapie mit Anatol immer wieder Momente, in denen es gelang, den Vater positiv zu besetzen. So war unser Bemühen, ein realistischeres Bild des Vaters zu zeichnen, das neben den problematischen Seiten auch die guten Seiten zulassen konnte, gelungen. In Kindertherapien wirkt das Vaterthema viel unmittelbarer und direkter als später in Erwachsenentherapien. Wenn es nicht gelingt, unmittelbar mit dem Vater zu arbeiten, so ist es doch entlastend, diese Interaktion zwischen Vater und Sohn innerhalb der Therapie zu thematisieren. Dem Therapeuten kommt dabei die Rolle des Übersetzers, oder in Anatols Worten, die Rolle des Anwalts zu. In all den Therapiephasen, in denen der Vater thematisch auftaucht, in den Spielen, in Nebensätzen, in Übungen und Imaginationen, versuche ich den Vater positiv zu konnotieren, ihn dem Kind verständlicher zu machen. So gehen wir den Weg gemeinsam mit dem Kind und sprechen die Sprache, die das Kind versteht. Im Sinne Oaklanders geht es um eine Stärkung des Selbst. Anatol sollte lernen, sich selbst besser zu verstehen, vor allem seine Ängste besser in Sprache zu übersetzen, was ihm auch gut gelang. Er war sehr früh gezwungen, Verantwortung für seine Eltern, vor allem den Vater zu übernehmen, in diesem schwierigen Umweltfeld war er überfordert. Indem er diese Überforderung erkannte und sich davon distanzierte (»Wenn mein Vater das Trinken aufhören will, dann soll er das tun, aber nicht für mich, sondern für sich.«), hatte er wieder die Chance, sich altersadäquat zu entwickeln.

      Nachtrag: Anatols Vater hat ein Jahr nach Beendigung der Kindertherapie seines Sohnes selbst mit einer Psychotherapie bei einem Kollegen begonnen, den ich empfohlen hatte.

      Zusammenfassung

      Kindheit hat sich sicherlich verändert: So, wie wir selbst aufgewachsen sind, wachsen die heutigen Kinder und Jugendlichen nicht auf, anders eben. Die Bedingungen haben sich geändert, Überforderung macht sich bei allen Beteiligten breit. Die Eltern haben wenig Zeit, die Aufrechterhaltung der Alltagsroutine ist sehr aufwendig, berufliche Flexibilität ist gefordert. Dies geht häufig auf Kosten von Zeit, Beziehungszeit mit den Kindern und den Partnern. Die LehrerInnen wollen auch nicht für alles herhalten, der Erwartungsdruck ist enorm, sie sollen die Kinder erziehen, die sich gar nicht erziehen lassen, sich eher entziehen. Hinzu kommen noch außerordentliche Stressfaktoren für das Kind, wenn ein Elternteil psychisch krank ist oder trinkt, wie im Beispiel von Anatol ausgeführt. Wenn die Stressfaktoren beim Kind oder im Umweltfeld noch stärker werden, etwa wenn Kindeswohlgefährdung vorliegt, dann haben Jugendämter alle Hände voll zu tun, die kinderpsychiatrischen Abteilungen und die kinder- und jugendpsychotherapeutischen Wohngemeinschaften nehmen ihre Arbeit auf. Auch zu uns KinderpsychotherapeutInnen kommen dann die Telefonanrufe, wir sollen nun Antwort geben auf schier unlösbare Problemkonstellationen. Es können aber immer nur vorläufige Antworten sein und unrealistische Aufträge nehmen wir lieber erst gar nicht an. Wir müssen uns bescheiden lernen, dürfen uns nicht für alles zuständig erklären und glauben, wir müssen Eltern, Lehrern und Sozialarbeitern immer sagen, was zu tun ist. Aus gestalttherapeutischer Sicht gehen wir davon aus, dass Menschen mit uns in Beziehung treten und wir auf dem Hintergrund unserer Ausbildung, Erfahrung und unseres eigenen Ringens als Menschen hilfreich sein wollen. Wir haben keine Rezepte, aber wir sind gemeinsam auf dem Weg mit den uns anvertrauten Kindern, Jugendlichen und deren Angehörigen. Wir versuchen dabei, verlässliche Bündnispartner zu sein und kontinuierliche Beziehungserfahrungen anzubieten. Uns geht es um Authentizität, um Unmittelbarkeit und wir stellen uns in unserer ehrlichen Begrenztheit zur Verfügung. Kinder und Jugendliche spüren dies sofort, wenn sie es nicht spüren, bleiben sie weg. Wir sind nicht aktionistisch um der Aktion willen, es geht uns um spielerisch geprägte Begegnung. Wir versuchen, Tempo herauszunehmen und Leistungsdruck, bei den Kindern, ihren Angehörigen und auch bei uns selbst. Es geht uns um ganzheitliche Erfahrungen, um das Einbeziehen unseres Körpers, den wir nicht funktionalisieren, sondern mit dem wir Zwiesprache halten. Wir nutzen unsere Sinne, die uns unterstützen und uns lebendigen Austausch mit der Umwelt erst ermöglichen. Wir wollen stützend wirken, gerade so viel Unterstützung wie nötig geben, damit Selbstbestimmung und Selbstverantwortlichkeit bei Kindern, Jugendlichen und ihrer Umgebung aktiviert wird. Dies sind einige wesentliche Haltungen, wie wir sie in der Gestalttherapie mit Kindern einnehmen, diese Haltungen wirken heilsam, führen zu bemerkenswerten psychotherapeutischen Erfolgen.

      Am wichtigsten ist die Authentizität, die Echtheit im Sinne eines Bestrebens, das zu tun, was wir sagen und das zu sagen, was wir tun. Gestalttherapie mit Kindern erfordert umfassende Selbstreflexion über Handlungsschritte und persönliche Motivationen. Gestalttherapie lebt von persönlicher Haltung und Glaubwürdigkeit, das Ringen um diese Haltung hört nie auf.

      Конец ознакомительного фрагмента.

      Текст предоставлен ООО «ЛитРес».

      Прочитайте эту книгу целиком, купив полную легальную версию на ЛитРес.

      Безопасно оплатить книгу можно банковской картой Visa, MasterCard, Maestro, со счета мобильного телефона, с платежного терминала, в салоне МТС или Связной, через PayPal, WebMoney, Яндекс.Деньги, QIWI Кошелек, бонусными картами или другим удобным Вам способом.

/9j/4AAQSkZJRgABAgAAAQABAAD/2wBDAAgGBgcGBQgHBwcJCQgKDBQNDAsLDBkSEw8UHRofHh0a HBwgJC4nICIsIxwcKDcpLDAxNDQ0Hyc5PTgyPC4zNDL/2wBDAQkJCQwLDBgNDRgyIRwhMjIyMjIy MjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjL/wAARCBC7C7gDASIA AhEBAxEB/8QAHwAAAQUBAQEBAQEAAAAAAAAAAAECAwQFBgcICQoL/8QAtRAAAgEDAwIEAwUFBAQA AAF9AQIDAAQRBRIhMUEGE1FhByJxFDKBkaEII0KxwRVS0fAkM2JyggkKFhcYGRolJicoKSo0NTY3 ODk6Q0RFRkdISUpTVFVWV1hZWmNkZWZnaGlqc3R1dnd4eXqDhIWGh4iJipKTlJWWl5iZmqKjpKWm p6ipqrKztLW2t7i5usLDxMXGx8jJytLT1NXW19jZ2uHi4+Tl5ufo6erx8vP09fb3+Pn6/8QAHwEA AwEBAQEBAQEBAQAAAAAAAAECAwQFBgcICQoL/8QAtREAAgECBAQDBAcFBAQAAQJ3AAECAxEEBSEx BhJBUQdhcRMiMoEIFEKRobHBCSMzUvAVYnLRChYkNOEl8RcYGRomJygpKjU2Nzg5OkNERUZHSElK U1RVVldYWVpjZGVmZ2hpanN0dXZ3eHl6goOEhYaHiImKkpOUlZaXmJmaoqOkpaanqKmqsrO0tba3 uLm6wsPExcbHyMnK0tPU1dbX2Nna4uPk5ebn6Onq8vP09fb3+Pn6/9oADAMBAAIRAxEAPwC5RRRX w5xBRRRQAUUUUAFFFFABRRRQAUUUUAFFFFABRRRQAUUUUAFFFFABRRRQAUUUUAFFFFABRRRQAUUU UAFFFFABRRRQAUUUUAFFFFABRRRQAUUUUAFFFFABRRRQAUUUUAFFFFABRRRQAUUUUAFFFFABRRRQ AUUUUAFFFFABRRRQAUUUUAFFFFABRRRQAUUUUAFFFFABRRRQAUUUUAFFFFABRRRQAUUUUAFFFFAB RRRQAj/dNev+Gv8AkXrP/cP8zXkD/dNeveGv+Res/wDdP8zXr5P/ABZen

Скачать книгу