Gunter Sachs und die Akte Astrologie. Bernt Hunze
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So ist kaum anzunehmen, dass die statistischen Auffälligkeiten bei den isolierten Auswertungen der Sonnenstellungen allesamt astrologische Ursachen haben. Denn das widerspricht den angenommenen multiplen Wechselwirkungen zwischen den astrologischen Komponenten. Korrelationen zwischen Sonnenstellung und Verhaltensmerkmalen sind daher ohne Berücksichtigung anderer Faktoren eigentlich kaum zu erwarten. Daher sind Sachs' Ergebnisse insgesamt sehr erstaunlich.
Psychologie und Astrologie
Mit dem gleichen Komplexitätsproblem infolge multipler Wechselwirkungen hat auch die Psychologie zu kämpfen. Hier wirkt es sich als Unmöglichkeit aus, eindeutige, allgemeingültige Kausalzusammenhänge zwischen Lebensereignissen und späterem Verhalten, zwischen Ursache und Wirkung, herzustellen. Denn alle Anteile der Persönlichkeit sind untereinander verbunden und beeinflussen sich gegenseitig. Es gibt keine Monokausalität.
• In der Psychologie gilt: Ein bestimmtes Ereignis kann unterschiedliche Folgen haben, und ein bestimmtes Symptom verschiedene Ursachen.
• In der Astrologie gilt: Ein bestimmter Teil der Konstellation kann unterschiedliche Auswirkungen haben, und ein bestimmtes Persönlichkeitsmerkmal kann durch verschiedene Konstellationsmerkmale, Ursachen, gefördert werden.
Wie in der Psychologie gibt es auch in der Astrologie nichts, was eine zwangsläufige Entwicklung bestimmter Verhaltensmerkmale bedingen kann.
Grundlage meiner astrologischen Prüfung ist die Revidierte Astrologie Thomas Rings, dargestellt in seinem Lehrwerk Astrologische Menschenkunde12, die die psychologische Bedeutung astrologischer Effekte bereits ausreichend berücksichtigt. Rückgriffe auf Werke der Psychologischen Astrologie oder Astrologischen Psychologie waren nicht nötig. Abweichend von Ring fasse ich unterschiedliche Manifestationsweisen eines Tierkreiszeichens, die von ihm „Ausdrucksprinzipien“ oder „Stilformen“ genannt werden, mit den Begriffen „Thema“ bzw. „Thematisierung“ zusammen, da sie das Prinzip astrologischer Wirkungen treffender beschreiben bzw. leichter verständlich sind.
Diese Wirkungen bestehen nicht aus der Förderung bestimmter Merkmale, sondern bedingen eine Förderung bestimmter Ausrichtungen der Wahrnehmungs- und Reaktionsbereitschaft. Diese wiederum haben eine bevorzugte Beschäftigung mit bestimmten Lebensthemen und -inhalten zur Folge, die dann sekundär die Entwicklung bestimmter, mit diesen Themen korrelierender Merkmale begünstigt. Daraus ergibt sich, dass diese thematischen Schwerpunkte auch in einander gegensätzlichen Merkmalen zum Ausdruck kommen können.
Beispielsweise kann eine Thematisierung von Sicherheit, Vorsicht und Zurückhaltung durch das Zeichen Steinbock zwar eine Hemmung oder sogar Blockade aktiven Handelns fördern, andererseits durch die astrologisch provozierte intensive Auseinandersetzung mit diesem Themenkreis aber auch eine sehr konsequente Überwindung dieser Zurückhaltung, bis hin zu ihrem Umschlagen ins Gegenteil.
Eine Manifestation dieses Gegenteils ist ein starker Wille zur persönlichen Durchsetzung, der astrologisch eigentlich dem Einfluss des Zeichens Widder zugeordnet wird. Eine Unterscheidung ist aber möglich. Die widderhafte – primäre – Handlungsdynamik erscheint sehr direkt, offen, spontan, und kann bei unerwarteten Widerständen schnell erlahmen. Die sekundäre Dynamik des „entwickelten Steinbocks“ erscheint demgegenüber wie geplant, von Vorsicht begleitet, die Aktivität tendenziell perseveriert, so dass ein Ziel fast zwanghaft sogar dann noch mit hohem Einsatz verfolgt werden kann, wenn es sich eigentlich schon als unerreichbar erwiesen hat.
So ist es nicht nur überflüssig, sondern sogar unsinnig und irreführend, Listen möglicher Persönlichkeits- und Verhaltensmerkmale für einzelne astrologische Komponenten zu erstellen. Dafür ist der Sachverhalt zu komplex und vielschichtig. Die Merkmale sind stets im Einzelfall zu betrachten und zu den individuellen astrologischen Einflüssen in Beziehung zu setzen. Sogar aus einander gegensätzlichen Merkmalen und Reaktionsweisen bei verschiedenen Personen lässt sich gegebenenfalls eine zugrunde liegende identische Thematik abstrahieren und definieren.
Verhaltensmerkmale entstehen auf der Grundlage persönlichkeitsstruktureller Merkmale. Diese können von der Astrologie dargestellt werden. Somit ist Astrologie eine Grundlage der Psychologie, die sich mit den konkreten individuellen Auswirkungen der astrologisch definierten Persönlichkeitsstrukturen auseinandersetzt.
Zur Methodik von Gunter Sachs
Sachs berücksichtigte die für seine Analyse relevanten Sachverhalte, so insbesondere die saisonale Ungleichverteilung der Geburtsdaten. Sie wurden bei der Berechnung der statistischen Erwartungswerte sorgfältig beachtet. Die unterschiedliche zeitliche Ausdehnung der Tierkreiszeichen infolge der schwankenden Erdumlaufgeschwindigkeit um die Sonne – von Schütze und Steinbock mit 29,4 bis Zwillinge und Krebs mit 31,4 Tagen – musste nicht gesondert berücksichtigt werden, da sie bereits in die Verteilung der Geburtshäufigkeiten eingeht.
Alle Erwartungswerte beruhen also auf den Zeichenverteilungen bestimmter Geburtsjahrgänge, deren Auswahl auf den Inhalt des jeweiligen Untersuchungsgegenstands abgestimmt wurde. Darüber, ob die getroffene Auswahl in allen Fällen optimal war, lässt sich zwar streiten. Da aber die Verteilungen in verschiedenen Jahrzehnten bis etwa 1985 nicht stark differierten, kann eine etwas unglückliche Wahl einer Vergleichspopulation nur bei sehr großen Gruppen eine relevante Verfälschung der sich auf sie beziehenden Ergebnisse zur Folge haben. Sie würde dann aber an den Resultaten als systematischer Fehler erkennbar, da bei Verwendung der gleichen Jahrgangsstatistik für verschiedene Auswertungen gleichgerichtete Abweichungen bei den betroffenen Tierkreiszeichen aufträten. In Grenzfällen können allerdings geringfügige Abweichungen von den Erwartungswerten mit der Folge entsprechender Veränderungen der Signifikanzniveaus entstehen. Einseitige und dennoch unauffällige relevante Abweichungen sind aber nicht möglich, sogar nicht im Falle einer vorsätzlichen, manipulativ falschen Wahl der Bezugspopulationen – der Fehler fiele auf.
Nicht beachtet wurde von Sachs lediglich, dass die Sonne bei einer Stellung an einer Grenze zwischen zwei Zeichen nur bei bekannter Geburtszeit sicher einem dieser Zeichen zugeordnet werden kann: Die Sonne wechselt nicht um Mitternacht, sondern irgendwann im Tagesverlauf ins Nachbarzeichen. Da die Geburtszeiten in keinem Fall bekannt waren, sind von dieser Ungenauigkeit auch über 3 % des Datenmaterials betroffen. Bei durchschnittlich der Hälfte dieser Stellungen kommt es zu irrtümlichen Zuordnungen zu einem Nachbarzeichen, was sich bei kleineren Testgruppen nicht sicher durch konträre falsche Zuordnungen ausgleicht. In einzelnen Grenzfällen kann dadurch das Signifikanzniveau verändert werden. Dieser Sachverhalt kann aber weitestgehend vernachlässigt werden, da dadurch die große Anzahl der signifikanten Ergebnisse allenfalls sehr geringfügig vermindert oder erhöht wird und hoch oder mäßig signifikante Abweichungen bei großen Gruppen davon fast gar nicht berührt sein können.
Basler13 monierte „handwerkliche“ mathematische Fehler und stellte ausführlich dar, weshalb ein großer Teil der von Sachs gefundenen Signifikanzen lediglich als Tendenzen interpretiert werden dürfen. Unabhängig von möglichen formalstatistischen Fehlern erscheinen aber schwache Signifikanzen, besonders bei kleineren Kollektiven, auch inhaltlich generell fragwürdig. So wurden von 687.850 verstorbenen Personen 128 statt zu erwartender 111 mit der Geburtssonne in Wassermann Opfer von angeborenen Missbildungen. Dieser Befund, obwohl schwach signifikant, lässt ganz sicher keinen Rückschluss darauf zu, dass dieses Zeichen tatsächlich die Sterbewahrscheinlichkeit infolge vorliegender Missbildungen