Führung, Steuerung und Aufsicht von öffentlichen Unternehmen. Roland Muller
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Auf der kommunalen Ebene ist in den vergangenen Jahren erkannt worden, dass die Public Corporate Governance von eigenen Beteiligungen dann eine Herausforderung darstellt, wenn in den Unternehmen Probleme entstehen bzw. entstanden sind. Im Rahmen der Studie von 2014 nahmen Stadtpräsidenten Stellung zu diesen Fragen. Mehrere Personen brachten die Hoffnung zum Ausdruck, dass die öffentlichen Unternehmen so gut geführt würden, dass keine Probleme entstehen (Sonderegger 2014, 12 ff.).
Die Auslagerung von Aufgaben soll nur dann erfolgen, wenn neben einer effektiven Aufgabenerfüllung insbesondere auch eine Effizienzsteigerung erreicht werden kann. Die knappen öffentlichen Mittel sollen so wirtschaftlich wie möglich eingesetzt werden. Eine weitere Heraus forderung ist der Umgang mit dezentralisierter Verantwortung, welche im Rahmen der Sicherstellung der Aufgabenerfüllung an das Unternehmen übertragen wird. Wie kann in den Unternehmen, welche quasi «an der langen Leine» geführt werden, die Aufsicht sichergestellt werden? Mitglieder von Verwaltungsräten haben als Mitglieder der Strategischen Führungsebene erkannt, dass sie Verantwortung tragen und damit auch zur Verantwortung gezogen werden können, wenn die Aufgabenerfüllung nicht vollständig und korrekt erfolgt.
Ein ganz wesentliches Element der Public Corporate Governance ist nach Ansicht der Autoren die Eignerstrategie (bzw. Trägerstrategie), falls es, wie z.B. bei Stiftungen nicht um direkte Eigner, sondern stattdessen öffentliche Institutionen als Träger handelt. Dieses neue Element hat sich in der Literatur weitgehend durchgesetzt und wird nicht nur in Liechtenstein, sondern auch in einer immer grösseren Zahl von Kantonen und Städten/Gemeinden zur Anwendung gebracht. Dennoch bestehen gewisse Vorbehalte, und es liegen Unklarheiten bezüglich Aufwand und Nutzen vor, was dieses Instrument anbelangt. Es lohnt sich jedoch mit Sicherheit, diese Art von Klarstellung von offenen Fragen zwischen öffentlicher Hand und Unternehmen zu prüfen und umzusetzen. Unterstützt wird diese Argumentation durch die neue Fassung der OECD-Richtlinien, indem eine «Owner Policy» für öffentliche Unternehmen gefordert wird (OECD 2015).
Im vorliegenden Handbuch werden diese und weitere Aspekte konkret thematisiert, wie etwa der Einfluss der Politik bei der Wahl des strategischen Gremiums, bei der Leistungserfüllung oder auch bei der Festlegung des Umfangs des Reportings.
1.2 Zielsetzungen
Mit dem vorliegenden Buch sollen folgende Zielsetzungen erreicht werden:
1 Theoretische Grundlagen der Public Corporate Governance aufzeigen.
2 Die Bedeutung der Public Corporate Governance für die öffentliche Hand und für Unternehmen klarstellen.
3 Bei der Entscheidungsfindung, bei der konkreten Umsetzung und der Führung eine Hilfestellung leisten.
4 Antworten auf offene Fragen im Zusammenhang mit der Thematik Public Corporate Governance geben.
5 Grundlagen für eine bessere Führung und Steuerung von öffentlichen Unternehmen einführen.
6 Zu wichtigen Themen mit konkreten Mustern und Checklisten Hinweise für die Umsetzung in der Praxis geben.
Das Buch richtet sich an Praktiker und Studierende, die sich mit der Gestaltung von Steuerungssystemen für öffentliche Unternehmen befassen. Als Handbuch stiftet es einen Nutzen, indem es den Adressaten hilft, die Corporate Governance im öffentlichen Unternehmen besser zu verstehen und zu verbessern. Schliesslich soll damit:
■ Die Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit der öffentlichen Leistungserbringung verbessert werden.
■ Die demokratische Kontrolle über die öffentlichen Unternehmen gestärkt werden.
■ Den Ansprüchen der Rechtsstaatlichkeit Genüge getan werden.
1.3 Methodisches Vorgehen
Das methodische Vorgehen der Autoren lässt sich wie folgt darlegen:
1 Auswertung der vorhandenen Literatur zum Thema Public Corporate Governance;
2 Analyse von Studien und Berichten;
3 Erarbeitung von konkreten Lösungsvorschlägen auf der Grundlage von Praxisproblemen (vgl. konkrete Beispiele im Kapitel 11).
Die unterschiedliche disziplinäre Herkunft der Autoren hat bei der Erarbeitung, Überarbeitung und Weiterführung des Buches immer wieder zu spannenden Diskussionen geführt. Es wurde deutlich, dass das Thema Public Corporate Governance für die Praxis nur dann hilfreich bearbeitet werden kann, wenn bewusst unterschiedliche Perspektiven eingenommen und eingebracht werden.
1.4 Begriffsbestimmungen
Nachstehend werden die wichtigsten Begriffe dieses Buches knapp klargestellt, damit in der Folge keine Unsicherheit besteht, was jeweils darunter zu verstehen ist.
Public Corporate Governance (PCG) ist ein interdisziplinäres Thema der Bereiche Recht, Betriebswirtschaft und Politikwissenschaft. Dabei werden zahlreiche Begrifflichkeiten jeweils unterschiedlich verstanden und interpretiert, weshalb in der Folge die wichtigsten Stichworte mit der verwendeten Definition dargelegt werden (alphabetische Reihenfolge).
Zur Vereinfachung des Textes und zur Verbesserung der Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung der männlichen und der weiblichen Form verzichtet.
1.4.1 Aufsicht
Unter Aufsicht im Bereich der PCG ist die Beobachtung und Kontrolle von öffentlichen Unternehmen zu verstehen. Ziel der Aufsicht ist die Prüfung der Umsetzung der Vorgaben durch die öffentliche Hand an das öffentliche Unternehmen. Ein Nebenzweck der Aufsicht ist die Gewährleistung von Compliance mit bestehender Regulierung und die Vermeidung von Schaden. Die Aufsicht kann hierarchisch unterteilt werden in Oberaufsicht, Aufsicht und unmittelbare Aufsicht.
1.4.2 Ausgliederung
Wird eine Einheit, welche bis heute die Aufgaben als Bestandteil z.B. der Verwaltung erbracht hat, in eine separate Organisation im Besitz des Staates übertragen und in diesem Zusammenhang allenfalls eine neue Rechtsform begründet, wird in der Literatur von einer Ausgliederung gesprochen (siehe Abbildung 1: Auslagerung und Ausgliederung (eigene Darstellung)
1.4.3 Auslagerung
Auslagerung bedeutet, dass Aufgaben, welche bislang durch eine staatliche Stelle erbracht werden, an eine Organisation oder ein Unternehmen übertragen werden, die im Besitz des Staates oder in anderem Besitz sein kann. Ob in diesem Zusammenhang eine Leistung selbst erbracht werden soll oder ob sie von einem Dritten eingekauft wird, wird als Make-or-buy-Entscheidung im Rahmen dieses Buches nicht behandelt.
Abbildung 1: Auslagerung und Ausgliederung (eigene Darstellung)
1.4.4 Autonomie
Mit dem Begriff Autonomie wird das Ausmass der Eigenständigkeit der Organisationseinheit oder des Unternehmens beschrieben, in welchem sich das öffentliche Unternehmen bezüglich Leistungen, Entwicklung, Organisationsstruktur, Finanzierung