Der Spion in meiner Tasche. Helmut Spudich

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Der Spion in meiner Tasche - Helmut Spudich

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und Larry Page, sowie Andy Rubin vorangegangen. Jobs wollte verhindern, dass Google seine iPhone-Konkurrenz auf den Markt brachte, bot für den Verzicht sogar prominenten Platz (und damit Erträge) für Google-Apps auf dem Startschirm des iPhones an.

      Vergeblich. Aus der Freundschaft zur Geburt des iPhones wurde eine epische Feindschaft. Nach und nach übernahm Android so gut wie alle Funktionen des iPhones – Wischen, Mehr-Finger-Touch, Apps in Rasteranordnung, einen App Store namens Play Store (eine Konzession an Apples Urheberrecht). 2010 kam das erste Samsung Galaxy auf den Markt, die Reihe, die zum Hauptkonkurrenten des iPhones werden sollte und diesem zum Verwechseln ähnlich sah. Apple klagte umgehend gegen das Design. Und Apple klagte HTC – und damit Android wegen der Verletzung von 20 Patenten. Es war dies der Startschuss für eine Dekade an Patentprozessen, bei denen jeder jeden in der Industrie klagte und die Streitwerte in Milliarden beziffert wurden. Andy Rubin, der Android zum überragenden Erfolg führte, verließ 2013 Google. Mit 90 Millionen Dollar auf dem Konto, aber nicht freiwillig, wie sich Ende 2018 herausstellte: Glaubhafte Vorwürfe sexuellen Missbrauchs führten zu seinem Abschied.

      Am Erfolg von Android änderten all die Klagen nichts. So wie in den 1980er-Jahren Microsoft mit Windows den Mac kopiert hatte und hunderte Hersteller PCs bauten, für die eine Heerschar von Programmierern Software schrieben, machte sich jetzt Android auf dem Smartphone-Markt breit. Jedoch wiederholte sich die Geschichte nicht: Obwohl der Markt längst von Android zu 75 Prozent dominiert wird, geht der Löwenanteil der aus Smartphones erzielten Gewinne an Apple. Fast 90 Prozent des Nettoertrags landet in Apples Kassen, rechnen Marktbeobachter wie IDC. Bis zum Börsengang der saudischen Ölfirma Saudi Aramco Ende 2020 matchte sich Apple mit Microsoft um den Titel des wertvollsten Unternehmens der Welt mit einem Aktienwert von mehr als einer Milliarde Dollar.

      G’schamster Diener

      Das Smartphone öffnete eine Welt der Apps für alles und jedes. Webbrowser, Mail, Maps und das Wetter waren dabei nur der Anfang. Wir haben Apps, um Musik zu hören, und Apps, um Musik zu erkennen. Apps, um Pokémons zu jagen, und um zu schauen, wo das Flugzeug über uns herkommt. Apps, um den Partner fürs Leben oder einen One-Night-Stand zu finden. Apps, um den Menstruationszyklus zu kontrollieren. Apps für die optimale Bratzeit des Steaks. Apps für die Kundenkarte im Supermarkt und Apps für Online-Banking. Wir fotografieren unsere Speisen und posten, wir fotografieren uns selbst und posten, wir laufen und kaufen – und wir posten.

      Durch verfeindete Schöpfer getrennt, in gemeinsamer Mission vereint: iPhone und Android bescherten der Liebe zu unserem Handy einen zweiten Frühling. Das Handy schmeichelte sich in die Rolle des unentbehrlichen und intimen Lebensgefährten ein. Hey Siri, ok Google: Unser Smartphone spricht jetzt sogar mit uns! Im Ton stets devot, auf gut österreichisch ein »g’schamster Diener«, der gehorsamste Diener. Dass dieser Diener insgeheim noch anderen Herrschaften dient, davon handeln die folgenden Kapitel. Waren es in der Anfangszeit des Handys »nur« der Standort und unsere Verbindungen, die das Handy verraten konnte, weiß das Smartphone über unser Leben in all seinen Facetten bestens Bescheid. »Always on« ist der Modus unserer Smartphones, die auch im Schlaf über uns wachen.

      Die Namenswahl von Android gibt einen verräterischen Hinweis, welche Bedeutung seine Schöpfer dem Smartphone zugemessen haben: ein humanoider Roboter, der eines Tages nicht mehr vom Menschen zu unterscheiden ist. Die, der, das Androide begegnet uns bereits in Filmen und Fernsehserien in vielfacher Gestalt: Im Raumschiff Enterprise der Serie »Star Trek« als Sympathieträger namens Data; als Alptraum in Form des unerbittlichen Terminators; im Ringen um menschliches Empfinden in der düsteren Zukunftsvision von »Blade Runner«. Wie jeder gute Androide will auch das Smartphone unser Alter Ego sein, ein unzertrennlicher Teil unseres Selbst, dem wir uns jederzeit anvertrauen. Früher hieß das »Liebes Tagebuch« und wurde in verschlossenen Laden aufbewahrt. Das Smartphone ist hingegen ein offenes Buch in einer Lade, für die viele einen Schlüssel haben.

      Das menschliche »Screenome«

      Wie verwachsen wir inzwischen mit unseren Smartphones sind, zeigt das Projekt »Human Screenome«, das die Stanford University Anfang 2020 startete. Es bezieht seinen Namen aus dem »Human Genome«-Projekt, mit dem das menschliche Genom entschlüsselt wurde, um daraus Therapien gegen Krankheiten und ein besseres Verständnis des menschlichen Verhaltens ableiten zu können. Mit der von Genom abgeleiteten Begriffsschöpfung »Screenome« meinen die Forscher, dass unser Smartphone unser gesamtes digitales Leben spiegelt und eine genaue Kenntnis unseres Verhaltens wie mancher Krankheiten bringt. Damit sollen schädliche Auswirkungen unseres ständigen Handy-Gebrauchs vermieden oder zumindest verringert werden, positive gestärkt.

      Alle fünf Sekunden macht im Rahmen der »Screenome«-Erforschung eine speziell entwickelte Software einen Screenshot – ein Bild des Displays – des Smartphones. Daraus entstehen täglich tausende Aufnahmen, und die Auswertung dieser Aufnahmen nach den unterschiedlichen Aktivitäten und verwendeten Medien soll die perfekte digitale »DNA« des Benutzers liefern. Selbst die Darstellung des »Screenome« gleicht dem Bild einer DNA-Analyse, mit kleinen Balken und Strichen im täglichen Zeitverlauf mit den unterschiedlichen Aktivitäten. Farbcodierungen geben einen raschen Eindruck: Je gelb-oranger das Bild, desto mehr bewegt sich der Benutzer im Bereich von Social Media, je blau-grauer das »Screenome«, desto mehr Aktivitäten widmen sich »seriöserem« Gebrauch wie Lernen, Werkzeugen für die Arbeit, Musik, Mail.

      Damit solle es vor allem bei Kindern und Jugendlichen möglich sein, Entwicklungen zu verfolgen und allenfalls korrigierend zu intervenieren, so hofft Byron Reeves, einer der Studieninitiatoren. Die Beobachtung von »Screentime« alleine, die Zeit, die wir im Blick auf das Handy-Display verbringen, sei ein überholtes Konzept, denn die Zeitdauer alleine gebe keinen Einblick, wie sie genutzt wird. Das »Screenome« könne hingegen zwischen förderlichen und schädlichen Einflüssen unterscheiden. Und aus dem Verhalten könnten Hinweise auf Erkrankungen abgeleitet werden.

      Die Kehrseite der guten Intention ist die völlige Überwachung von Menschen mit Hilfe ihres Handys – denn unser digitales Leben ist heute ein weitgehend vollständiges Abbild unseres realen Lebens. Im Laufe eines Tages wird im Zeitraffer alles erfasst, von persönlichen Chats, vertraulicher Mail, Bankverkehr, sämtliche Schauplätze des täglichen Lebens vom Büro bis zum Supermarkt und dem Wohnort, Fotos und Videos, Medienkonsum, bis hin zu ungesetzlichen Aktivitäten. Ganz nebenbei liefert das Forschungsprojekt Software, die diese vollständige Überwachung ermöglicht: Eine gefährliche Waffe in den Händen unbefugter Benutzer.

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      Digitale Hygiene

      Mit ihren Kameras, vielfältigen Sensoren und Millionen Apps sind Smartphones zu universellen Datensammlern aus allen Lebensbereichen geworden. Wer glaubt, das Ziel persönlicher Ausforschungen zu sein oder zur Paranoia neigt, kann eigentlich nur durch den Verzicht auf das Handy möglichen Datenmissbrauch vermeiden (es bleiben die Daten, die beim Mobilfunker anfallen). Wer hingegen nicht auf sein Smartphone verzichten will, dem empfiehlt sich ein Mindestmaß digitaler Hygiene.

      Die beginnt mit der Entscheidung für das eine oder das andere Betriebssystem, Apple (iOS) oder Google (Android). Sicherheitsexperten wie Kaspersky Labs geben Apples geschlossenem iOS eindeutig bessere Noten beim Schutz vor Schadsoftware als der Google Open-Source-Software Android. Auch würde Android einem Hacker, dem es gelingt einzubrechen, mehr Möglichkeiten zum Datendiebstahl geben.

      Die Grundregel für beide Systeme heißt, das Betriebssystem (iOS bzw. Android) immer aktuell zu halten und angebotene Updates zu installieren. Dasselbe gilt für Apps, deren mögliche Schwachstellen für Angriffe genutzt werden können. Regelmäßiges und promptes Aktualisieren aller Apps sollte darum eine selbstverständliche Routine sein.

      Schließlich empfiehlt sich – wie am Computer – die Installation von Sicherheitssoftware

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