Planungsinstrumente für Wandern und Mountainbiking in Berggebieten. Reto Rupf
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Jürg Schmid, Direktor von Schweiz Tourismus, nimmt Trends hin zu Aktiv-Ferien und Outdoor-Aktivitäten wahr. Insbesondere hebt er ein langfristiges Wachstumspotenzial im Sommertourismus für die Schweiz hervor (Schweizer Radio und Fernsehen, 2013) und streicht Chancen zur Inwertsetzung der schweizerischen Naturlandschaft insbesondere in Bergregionen hervor. Bei fortschreitendem Klimawandel bilden Bergregionen im heissen Sommer Rückzugsgebiete für Menschen aus Tallagen und Städten. Wenn Bergregionen infolge ansteigender Schneegrenze zunehmend Probleme mit dem Wintertourismus bekommen, so empfiehlt Schmid ihnen pro-aktiv auf den Sommertourismus zu setzen, Angebote zu kreieren und auf den Markt zu bringen (Schweizer Radio und Fernsehen, 2013).
Die Touristiker der Schweizer Bergregionen arbeiten intensiv darauf hin, mehr Sommergäste für Aktiv- und Outdoor-Erlebnisse in ihre Regionen zu holen. Wandern, Velo fahren und Mountainbiking sind wichtige Aktivitäten für ihre Gäste. Deshalb ist mit einer Zunahme von Sportlern in der Natur zu rechnen. Als direkte Folge davon werden die Infrastrukturen wie Wege, Gaststätten, Zugänge usw. der erwarteten Gästezahl angepasst oder neue erstellt wie z.B. Flowtrails. So wurde im Jahr 2010 vom Kanton Graubünden ein grosses Projekt „Graubünden Bike“ lanciert, um den Mountainbike-Sport im ganzen Kanton zu fördern (Fachstelle Langsamverkehr, 2010).
Um den Gästen wertvolle Erlebnisse zu bieten und dabei die Beeinträchtigungen der Natur möglichst gering zu halten, aber auch um für die sich verändernden Rahmenbedingungen vorzubereiten (Job et al., 2011), bedürfen diese Regionen einer sorgfältigen Planung unter Einsatz verschiedener Szenarien. Dabei stellt sich die Frage, wie diese Planung angegangen werden soll. Bislang wurden Planungen in Regionen oft von externen Experten durchgeführt und anschliessend je nach rechtlicher Umsetzung von den Stimmbürgern der Region gutgeheissen oder abgelehnt. Die Akzeptanz solcher Planungen war aufgrund der ungenügenden Partizipation der betroffenen Bevölkerung von unterschiedlicher Qualität (Müller und Kollmair, 2004).
Beim Management von Ökosystemen, Schutzgebieten und Regionen erlangt die partizipative Planung immer grössere Bedeutung, da sie zu besseren Ergebnissen führt (Brody, 2003). Insbesondere ist dies bei der Planung und im Management von Grossschutzgebieten der Fall, in welchen der Naturschutz und die touristische Nutzung integriert werden müssen (Schmitz-Veltin, 2005). Diese Notwendigkeit wurde erkannt und die Beteiligung der Bevölkerung ist deshalb Bestandteil von verschiedenen, neueren Richtlinien zur Schutzgebietsentwicklung, beispielsweise auf internationaler Ebene von der IUCN (Thomas und Middleton, 2003) oder in der Schweiz bei der Planung von Pärken von nationaler Bedeutung (Bundesamt für Umwelt - BAFU, 2008a). Als Untersuchungsregion für die vorliegende Studie wurde deshalb ein Schutzgebiet von nationaler Bedeutung in der Schweiz ausgewählt, die Biosfera Val Müstair.
1.3 Planungsansätze im Bereich Outdoorsport
Spezielle Planungs- und Managementansätze für den Bereich Outdoorsport sind vor allem im Zusammenhang mit Schutzgebieten bekannt. Insbesondere in Europa dominieren dabei Naturschutz- und Managementkonzepte für Arten und Lebensräume, jedoch weniger Managementkonzepte für Besucher (Alexander, 2008). Dazu bilden erholungsbezogene Schutzgebiete wie Naturpärke oder touristisch genutzte Landschaften eine Ausnahme (Pröbstl, 2010).
Anders präsentiert sich die Situation in den USA, Kanada und Australien, wo verschiedene Managementkonzepte für Besucher entwickelt worden sind. Im Fokus dieser Konzepte steht die Ermöglichung von Naturerlebnissen durch Outdooraktivitäten. Als wichtigste Basiskonzepte sind das „Recreation Opportunities Spectrum – ROS“ (Clark und Stankey, 1979) und das „Limits of Acceptable Change – LAC“ (Stankey et al., 1985) zu nennen. Darauf aufbauend entstanden einige Weiterentwicklungen mit Kombinationen verschiedener Elemente, so beispielsweise das „Visitor Activities Management Planning – VAMP“ (Graham et al., 1988), das „Visitor Impact Management – VIM“ (Graefe et al., 1990) oder das „Visitor Experience and Resource Protection – VERP“ (Eagles et al., 2002).
Diese oben genannten Managementkonzepte eignen sich vor allem für Gebiete mit einem hohen Schutzstatus. Sie sind oft sehr allgemein gehalten und schwierig auf den europäischen oder schweizerischen Kontext übertragbar. Trotzdem lassen sich einige Ideen, beispielsweise die Zielorientierung für lokal angepasste Konzepte, aufnehmen (Nilsen und Taylor, 1997). Den Schutzstatus von Regionen auf internationaler Ebene regelt die Welt-Naturschutzorganisation IUCN (International Union for the Conservation of Nature and Natural Resources). Sie entwickelte sechs verschiedene Schutzkategorien vom „Strengen Naturschutzgebiet / Wildnisgebiet – Ia und Ib“ bis hin zu „Geschützte Landschaft / Geschützte Meeresregion - V“ und „Schutzgebiet mit nachhaltiger Nutzung Natürlicher Ressourcen – IV“ (IUCN, 1994, EUROPARC, 2010). Verbunden mit diesen Schutzkategorien sind Leitlinien für den Aufbau und das Management der entsprechenden Schutzgebiete aufgestellt (Eagles et al., 2002, Phillips, 2002, Thomas und Middleton, 2003), welche auch die Nutzungsmöglichkeiten definieren.
In Europa stellen die Natura 2000-Schutzgebiete eine wichtige Initiative zur Erhaltung der biologischen Vielfalt dar (European Commission, 2014); insbesondere deshalb, weil es sich dabei nicht nur um einzelne Schutzgebiete handelt, sondern vielmehr um einen Verbund derselben, also einem System auf der Grundlage der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (Garbe et al., 2005). Diese naturnahen Landschaften bilden allerdings auch Anziehungspunkte für die Ausübung von Outdoorsport-Aktivitäten (Pröbstl und Prutsch, 2009), was wieder zu Problemen zwischen Sport und Naturschutz führen kann und deshalb planerisch gelöst werden muss.
Die Planung für den Outdoorsport darf sich jedoch nicht nur auf Schutzgebiete beschränken, sondern muss aufgrund der auftretenden Konflikte auch in anderen Räumen durchgeführt werden, um eine nachhaltige Entwicklung zu fördern. In der Schweiz erfolgt diese Planung für den Outdoorsport gemäss Raumplanungsgesetz hauptsächlich mit kantonalen Richtplänen und kommunalen Nutzungsplänen (Schweizerische Eidgenossenschaft, 1979). Seit Mitte der 1990er-Jahre wurde in der Schweiz ein neues Planungsinstrument, das Landschaftsentwicklungskonzept LEK, erarbeitet. Es ist als ein Instrument für die Entwicklung von Planungen für Gemeinden oder Regionen zu betrachten und kann als Grundlage für die rechtlich verbindliche Nutzungs- und Richtplanung eingesetzt werden. Im Gegensatz zu den anderen Planungen wird im LEK dem Einbezug der Bevölkerung eine grosse Bedeutung zugemessen (Winter, 2000).
Die IUCN empfiehlt ebenso diverse Beteiligte in den Planungsprozess auf verschiedenen Ebenen einzubeziehen (Phillips, 2002). Allerdings werden die eigentlichen Nutzer geschützter Landschaften, die Besucher oder Outdoorsportler, nicht genannt. Der Einbezug dieser Personen und deren Bedürfnisse in die Planung ist für ein gelungenes Management unabdingbar (Cole, 2004). Ebenfalls von entscheidender Bedeutung für das Management von Gebieten im Zusammenhang mit der Freizeitnutzung ist die Kenntnis von Bedürfnissen und Verhaltensweisen der verschiedenen Besucher, die mitunter sehr unterschiedlich sein können (Thapa et al., 2002).
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die meisten Planungskonzepte expertenbasiert von aussen erarbeitet und dabei der direkte Einbezug der Nutzerinteressen bis auf einzelne Ausnahmen wenig berücksichtigt worden sind. Bei allen Konzepten ist zudem die Wirkungsevaluation der geplanten Massnahmen in der Planungsphase nicht formuliert. Diese erfolgt erst nach der Realisierung (Thomas und Middleton, 2003, Hockings et al., 2006) – pointiert ausgedrückt, werden die Massnahmen nach dem „Trial and Error“-Prinzip geplant und realisiert.
1.4 Herausforderungen und allgemeine Zielsetzung
Die beschriebene grosse Bedeutung des Outdoorsports mit den besonders häufig ausgeführten Aktivitäten Wandern und Mountainbiking verlangt eine nähere Betrachtung dieser Aktivitäten. Bisherige Studien beschäftigten sich praktisch ausschliesslich mit einer der beiden Sportarten: für das Wandern u.a. Brämer (2000, 2008a, 2013b), Dichter (2003) oder Lamprecht et al. (2009) und für das Mountainbiking u.a. Wöhrstein (1998), Gilomen (2005) oder Kornexl