Im Moor und auf der Heide. Bruno P. Kremer
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Oftmals durchdringen sich Wasser und festländisches Lockermaterial gegenseitig und bilden dann Mischphasen, für die man im Alltag gerne die Bezeichnungen «Matsch», «Modder» oder «Morast» verwendet. Die fachwissenschaftliche Sicht der Bodenkundler, Geologen und Ökologen sieht es distanzierter: Sie weisen darauf hin, dass sich – zumal über wasserundurchlässigem Untergrund – Staunässe entwickelt. Zufließendes oder über die Niederschläge eintreffendes Wasser bleibt dadurch an Ort und Stelle. Es könnte allenfalls durch direkte Verdunstung seinen Weg zurück in die Atmosphäre antreten, aus der alles Oberflächen- und Grundwasser der Festländer letztlich stammt. Solche wassergesättigten Böden sind die wichtigste Voraussetzung für die Entstehung der Feuchtgebiete vom Typ der Sümpfe und Moore, die weder richtige Gewässer noch eindeutige Festlandlebensräume darstellen, sondern irgendwo dazwischen einzuordnen sind.
Sibirische Schwertlilie (Iris sibirica)
Sumpf und Moor – ein «grund»legender Unterschied
Was aber unterscheidet einen Sumpf von einem Moor? Das wichtigste Unterscheidungsmerkmal betrifft das Schicksal der in einem solchen Lebensraum anfallenden abgestorbenen Pflanzensubstanz. In jedem Ökosystem fällt während und vor allem gegen Ende der Vegetationsperiode eine Menge organisches Material an. Besonders augenfällig ist dies im Laubwald: Kaum sind die Blätter im Frühjahr den schützenden Winterknospen entwachsen, rieseln kilogrammweise Knospenschuppen und wenig später die entbehrlichen Blüten(teile) auf den Waldboden. Geradezu dramatisch wächst das Abfalldepot am Waldboden im Herbst, wenn nach furiosem farblichem Finale der Laubfall einsetzt.
Im Unterschied zur menschlichen Wirtschaft kennt die Natur allerdings keinen dauerhaften Abfall. Normalerweise macht sich ein Heer von Zersetzern über die anfallende organische Totsubstanz her und führt die darin enthaltenen Bestandteile in den allgemeinen Stoffkreislauf zurück. Perfekter könnte ein vorbildliches Materialrecycling gar nicht beschaffen sein!
In einem Sumpf schwanken die Wasserstände im Jahresgang, und eventuell trocknet der Boden auch einmal ganz aus. Dann hat der Luftsauerstoff überall freien Zutritt zum abgelagerten organischen Material. In der Folge gelingt es den kleinen Bodenorganismen, die anfallende pflanzliche Totsubstanz in relativ kurzer Zeit – wie übrigens auch auf dem Laubwaldboden – vollständig abbauen. Sie häufen am oder im Sumpfboden daher nur eine dünne Humusschicht an, die aus (zunächst) nicht weiter abbaubaren Resten besteht.
In Sümpfen findet anders als in Mooren keine Torfbildung statt.
Anders verhält es sich im Moor: Hier ist die die Wassersättigung des Bodens im Gegesatz zum Sumpf lage- und/oder klimaabhängig ziemlich konstant. Wegen des dadurch bedingten mehr oder weniger dauerhaften Sauerstoffmangels kann kein vollständiger Abbau der anfallenden organischen Totsubstanz stattfinden – es kommt also allenfalls zur Vermoderung bzw. zur Vertorfung (vgl. S. 40 ff.). Torf und Torfanhäufung sind somit die wichtigsten Kennzeichen eines Moores und unterscheiden es grundlegend vom Sumpf.
Beobachtungstipp – Moorleichen en miniature
Im Torf bleiben die angehäuften Pflanzenreste unter Sauerstoffausschluss unter Umständen viele Jahrtausende lang erhalten. Ein kleines Torfpaket – gegebenenfalls sogar aus der Bodenfüllung eines Blumentopfes – kann daher ein überraschend ergiebiges Untersuchungsgut für die (Stereo-)Lupe oder das Mikroskop sein. Neben pflanzlichen Makroresten (Blattepidermen, Leitbündelbestandteile) lassen sich in den Proben häufig auch Pollen oder Sporen finden (vgl. S. 128 ff.).
Fragen
› | Was ist Torf? |
› | Was passiert mit dem Pflanzenmaterial in einem Moor? |
Wasserhaushalt der Moore: 1 Niederschlag, 2 Verdunstung, 3 seitlicher Zufluss, 4 seitliche Durchströmung, 5 Durchströmung von unten, 6 etwaiger Abfluss, 7 Abfluss in den Randsumpf
Vielfältig und verschieden
Genauso wie man von Wald oder Wiese spricht und dabei klar vor Augen hat, dass es grundverschiedene Wald- bzw. Wiesentypen gibt, verbirgt sich auch hinter dem Begriff Moor eine erstaunliche Bandbreite verschiedener Erscheinungsformen. Diese Vielfalt zeigt sich bereits in den entsprechenden Fachbegriffen wie Hoch- und Niedermoor, Hangmoor, Heidemoor, Kesselmoor, Durchströmungsmoor und vielen anderen. Aber auch die Regionalsprache kennt mancherlei Unterschiede: Filz und Moos (Bayern) oder Moos und Ried (Baden-Württemberg) sind gewiss nicht dasselbe. In Schweden unterscheidet man säuberlich mosse und kärr, im angelsächsischen Raum bog und fen, in Frankreich marais und tourbière. In den Niederlanden existiert allerdings nur der eine Begriff veen. Im relativ moorarmen Italien spricht man ebenfalls einheitlich nur von palude. Eine solche Vielfalt der Bezeichnungen erfordert eine klare Ordnung.
Die traditionelle Sicht
Eine einfache und für die Praxis überaus brauchbare Einteilung unterscheidet zwischen Nieder- und Hochmoor. Zugegebenermaßen wäre es verführerisch, die betreffenden Begriffsinhalte mit Niederungs- bzw. Höhenmoor zu umschreiben. Den entscheidenden Unterschied macht jedoch nicht die topografische Höhenlage im Tiefland bzw. im Gebirge aus, sondern die Art der Wasserzufuhr bzw. die Herkunft des Wasserüberschusses, weswegen man auch von einer hydrologischen Einteilung der Moortypen spricht.
Ein Nieder-